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Saudi-Arabien: So schlecht steht es um das Land wirklich

Saudi-Arabien, das eigentlich unermesslich reiche Land mit gigantischen Öl-Reserven im Boden, startet morgen mit einer Roadshow um bei internationalen Investoren Geld für eine...

FMW-Redaktion

Saudi-Arabien, das eigentlich unermesslich reiche Land mit gigantischen Öl-Reserven im Boden, startet morgen mit einer Roadshow um bei internationalen Investoren Geld für eine Anleihe-Emission einzuwerben. In Kürze will man so 10 Milliarden US-Dollar einnehmen. Dieses Geld wird momentan dringend benötigt um das aktuelle Haushaltsdefizit zu stopfen. Man hat zwar immer noch enorm hohe Öl-Einnahmen – die aber gehen komplett drauf und den gigantischen Staatshaushalt zu finanzieren, mit dem auch die Gehälter eines großen Teils der Bevölkerung finanziert werden, die bisher gut alimentiert im Staatsdienst „untergebracht“ sind.

Aus einem Verkaufsprospekt, der für die Anleihe-Emission benötigt wird, ist zu entnehmen, dass Saudi-Arabien plant nach 15% in 2015 für das Haushaltsjahr 2016 sein Haushaltsdefizit in Relation zum Bruttoinlandsprodukt auf 13,5% zu reduzieren, was 326 Milliarden saudischen Riyals entspricht (78 Milliarden Euro). Also selbst wenn man 10 Milliarden über diese Anleihe einnimmt, ist die verbleibende Lücke immer noch immens groß. 13,5% Defizit – dagegen sind die Defizite in westlichen Industriegesellschaften eine Lachnummer. Das ist der Haken an der Sache, wenn man als Staat seinen Haushalt nur auf Rohstoffexporten aufbaut.

Bleiben noch Einsparungen bei den Ausgaben, und der Verkauf von Vermögenswerten, mit denen man die Lücke im Haushalt weiter schließen könnte. Während man gerade dabei ist den 5%-Verkauf der staatlichen Ölgesellschaft Saudi-Aramco vorzubreiten (würde mehr als 200 Milliarden Dollar in die Kassen spülen), geht aus dem Anleihe-Prospekt auch hervor, dass Saudi-Arabien die staatlichen Investitionen massiv zurückfahren will. Ob in dieser Summe von „Investitionen“ in Wirklichkeit auch Kürzungen bei „normalen Staatsausgaben“ wie zum Beispiel Gehältern inkludiert sind, ist nicht bekannt. Nach 370 in 2014 und 263 in 2015 soll für 2016 die staatliche „Investitionssumme“ auf nur noch 75 Milliarden Riyals (18,5 Milliarden Euro) sinken – alleine von 2015 auf 2016 ein Rückgang von -71%.

Wenn man davon ausgeht, dass es sich beim Eindampfen der Investitionen zu guten Teilen um die Streichung von Investitionen in neue Öl-Felder handelt, ist es besser verständlich, warum die Saudis in den letzten Tagen plötzlich so kompromissfreudig waren und selbst dem Iran anboten, man könne sogar die saudische Fördermenge reduzieren – Hauptsache man bekommt endlich ein Agreement hin, durch das die Ölpreise steigen? Aus den saudischen Verkaufsunterlagen für die Anleihe geht auch hervor, dass das Land gemäß eigenen Angaben derzeit noch „geprüfte“ Öl-Reserven von 266,5 Milliarden Barrels Ende 2015 im Boden hatte. Man könne für die nächsten 70 Jahre noch pro Jahr im Schnitt 10,2 Millionen Barrels Öl fördern.

Der für nächstes Jahr anstehende Verkauf von den (ersten?) 5% Anteil an Saudi-Aramco (DAS Tafelsilber des Königs), die jetzt bevorstehende Anleihe, die massiven Investitionseinschnitte von -71% innerhalb eines Jahres, und die Rückgänge bei den Strom- und Benzin-Subventionen für die eigenen Bürger sind zusammen mit dem dramatischen Abschmelzen der Staatsvermögens alles Zeichen, dass man entweder in wenigen Jahren vor dem Nichts steht, oder jetzt mal so richtig für explodierende Ölpreise beten muss. Dann aber bitte auch gleichzeitig dafür beten, dass die Fracker in den USA ihre Förderanlagen bei Ölpreisen von 50, 55 oder 60 Dollar nicht wieder massiv hochfahren (dafür braucht man allerdings ein richtig gutes Gebet).



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7 Kommentare

  1. „….auf 13,5% zu reduzieren, was 326 Milliarden saudischen Riyals entspricht (78 Milliarden Euro). Also selbst wenn man 10 Milliarden über diese Anleihe einnimmt, ist die verbleibende Lücke immer noch immens groß.“

    Also zum einen, das ist schon wirklich gewaltig.

    Aber ich habe eine Verständnisfrage b.z.w Anmerkung.
    „…selbst wenn man 10Mrd ..einnimmt…“
    Die 13,5% bleiben doch 13,5%, egal ob über die Anleihe 10Mrd
    reinkommen oder nicht. Bzw. sogar im Gegenteil. Würde das Anleihegeld nicht einfließen, müssten doch an und für sich die Ausgaben zusammengestrichen gestrichen werden – und die 13,5% würden sinken.

    Analog, wenn Frau Merkel jetzt bei ihrem Besuch halb Afrika einladen würde, doch bitte nach Deutschland umzusiedeln, würde Herr Scheuble wahrscheinlich das Volumen der Bundesanleihen erhöhen müssen. Aber dadurch verringert sich nicht unser Haushaltsdefizit sondern es würde steigen.

  2. Hallo Gerd,

    es geht ja um die Frage, wie ein Haushaltsdefizit gedeckt wird. Wenn man annimmt, dass man im laufenden Haushaltsjahr x % mehr ausgibt als einnimmt, muss man sich jetzt schon mal umgucken, woher man das Geld nimmt (neue Schulden, Vermögen verkaufen etc). Tut man es nicht, hat man auf einmal im laufenden Haushaltsjahr kein Cash mehr in der Kasse, und die Ausgaben laufen weiter. Siehe USA, dort kam es ja mehrmals zu Ausgaben-Einfrierungen, weil keine neuen Schulden genehmigt wurden. Wie hat man das Problem dort gelöst? Man hat einfach die Schuldenobergrenze abgeschafft. Und seitdem macht an richtig schön exzessiv neue Schulden!

  3. Ich hatte halt verstanden, dass es so wäre, Saudi Arabiens Haushaltsdefizit würde sich von 326Mrd auf 316Mrd verringern – durch den Anleiheerlös. Und da hätte ich meine Zweifel, weil ich denke, dass sich dass nur über reguläre Einnahmeerhöhungen verringern ließe. Sprich aus Öl, Steuern udgl. Oder Vermögensverkauf. Oder Ausgabenkürzungen.
    Aber ihr hattet das wohl auch anders gemeint, als ich es verstanden hatte.

    1. Hallo Gerd,

      ich geb dir einen guten rat: Lass die Finger von der Börse.

      1. Ja du hast es falsch verstanden, eine Anleihe dient zur finanzierung des Haushaltsdefizits, aber an der Tatsache des Defizits ändert sich nichts.
      (genau so verhält es sich übrigens auch im privaten Bereich, wenn ich Schulden mache habe ich auch kein höheres Einkommen, ich hab zwar mehr Geld, aber irgendwann muss ich das auch zurückzahlen – oder Insolvenz anmelden)
      2. 10 Mrd $ sind etwas mehr als 10 Mrd Riyals

  4. Vielleicht kann Riad ja mal Manfred Krug anhauen für eine professionelle Verkaufs-PR von Saudi Aramco. Die Papiere gehen bestimmt weg wie geschnitten Brot. So wie damals bei der Telekom…

  5. .das große Problem mit unseren Schuldgeld/Geldsystem:…… wenn Wachstum ständig auf Verschuldung (weltweit gesehen) beruht, dann kommt später der Effekt des Kaputtsparens. Die breite Masse wird mangelds Geld nicht mehr in der Lage sein, den Konsum zu tätigen, der für das zwangsweise Wachsen notwendig ist. Das System vernichtet sich selbst, weil die Menschen nichts dazu lernen. Wir widerholen ständig die bittere Geschichte, – mit modernen Mitteln.

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