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Schuldendesaster: Puerto Rico & Griechenland mit gleichem Ziel

Von Claudio Kummerfeld

Puerto Rico ist das Griechenland der USA, heißt es dieser Tage. Aber kann man beide vergleichen? Beide haben dasselbe Ziel, aber der eine steht erst am Anfang der „Reise“, der andere ist auf dem Weg zum Ziel schon fast verdurstet.

Puerto Rico Garcia Padilla Gouverneur
Garcia Padilla ist Gouverneur (Regierungschef) von Puerto Rico.
Foto: United Satates Department of Labor / Wikipedia (CC BY 2.0)

Puerto Rico

Puerto Rico ist ein Außengebiet der USA, die Menschen sind US-Staatsbürger, aber da sie sich bisher weigern ein Bundesstaat zu werden, verharren sie in einem merkwürdigen „Dazwischen“-Status. Kein eigenes Land, aber irgendwie auch nicht richtig Teil der USA. Die Bürger können in den USA nicht wählen, zahlen dafür aber auch keine Steuern in den USA, sondern vor Ort auf ihrer Insel (3,6 Mio Einwohner). Trotzdem ist man zoll -und grenztechnisch Teil des US-Staatsgebiets.

Die Regierung von Puerto Rico hat öffentlich verkündet ihre Schulden in Höhe von 72 Milliarden US-Dollar nicht mehr zurückzahlen zu können. Das ist eine Gemeinsamkeit zu Griechenland. Denn auch die aktuelle griechische Regierung kommuniziert diesen Fakt ganz offen. Puerto Rico ist derzeit dabei mit Hilfe von US-Präsident Obama eine Gesetzesänderung durch den US-Kongress zu drücken, damit Puerto Rico Zugang zum Konkurssystem der USA erhält. Denn bisher dürfen z.B. Städte (wie Detroit es getan hat) Konkurs anmelden und haben damit offiziell die Möglichkeit einen Schuldenschnitt einzuleiten, begleitet durch einen Konkursrichter.

Zugang zum Konkursrecht

Im Fall von Detroit mussten deshalb die Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Im Gegenzug verloren z.B. Staatsbedienstete im Rentenalter einen Teil ihrer Bezüge uvm. Das heißt das US-Konkursrecht wendet eine Art „Merkel-Doktrin“ an, die da heißt: Geld (bzw. in dem Fall Schuldenschnitt) nur gegen eigene Sparmaßnahmen. Natürlich kann man das nicht 1:1 vergleichen, da Angela Merkel den aktuell gewünschten Schuldenschnitt für Griechenland ablehnt. Aber das Prinzip ist ähnlich. Puerto Rico hat als sogenanntes „Territorium“ (also kein Bundesstaat) bisher keinen Zugang zu diesem Konkursverfahren und müsste Stand heute in die komplette Staatspleite übergehen, mit allen Folgen wie z.B. dem Ausbleiben von Gehältern für Polizisten, Feuerwehrleute und und und. Es wäre schlicht und einfach kein Geld mehr da. Jetzt versucht man wie gesagt in Windeseile doch unter dem Schutzmantel des Konkursrechts zu kommen. Man würde von einem großen Teil der Schulden befreit, müsste dafür aber harte Sparmaßnahmen umsetzen, also die Gehälter der Staatsbediensteten und Sozialleistungen kürzen uvm. Die Regierung von Puerto Rico scheint dazu bereit zu sein.

Denn im Gegenzug zu Griechenland gab es hier noch keine Sparpakete – die Sozialleistungen liegen so hoch, dass die Minstestlohnverdiener deutlich weniger verdienen als die Sozialhilfeempfänger. Hier wird aller Wahrscheinlichkeit nach zuerst angesetzt werden.

Der entscheidende Unterschied

Der entscheidende Unterschied zwischen Puerto Rico und Griechenland ist: Puerto Rico steht ganz am Anfang der Reise auf dem Weg zum Schuldenschnitt, bekommt aber von US-Kongress und Präsident Obama den Weg „direkt über Los“ zugesprochen – ohne langwierige Sparpakete (wie in Griechenland) würde es in Puerto Rico direkt in den Schuldenschnitt gehen – parallel dazu die sofortige Umsetzung von Sparmaßnahmen. Präsident Obama wird mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Sonderregelung für das Außengebiet im US-Kongress durchdrücken. Denn ihm ist bewusst: Puerto Rico ist eine winzige vom Rest der USA isolierte Ökonomie, alleine gar nicht in der Lage zu überleben.

Griechenland hat schon jahrelang unter Spardiktaten gelitten und wartet immer noch auf den großen entlastenden Schuldenschnitt. Anders als Puerto Rico sind aber Regierung und Bevölkerung strikt gegen Sparmaßnahmen (Abstimmung letzter Sonntag). Natürlich muss man berücksichtigen, dass es hier schon diverse Sparrunden gab und quasi nichts mehr geht.

Vermutlich werden die Eurogruppe und Alexis Tsipras beide erkennen, dass man sich in der Mitte treffen muss: ein Teil-Schuldenschnitt, den Tsipras in Athen als „richtigen großen Schuldenschnitt“ verkaufen kann, und den die Eurogruppen-Länder nur als Teil-Schuldenschnitt bei sich zuhause verkaufen können. Parallel dazu wird Tsipras wohl zähneknirschend weitere Sparmaßnahmen akzeptieren, die man dann versucht nett zu verpacken, damit es nicht als Sparmaßnahme auffällt.

Der Hauptunterschied zwischen Puerto Rico und Griechenland? Den Bewohnern des US-Territoriums wird wohl eine jahrelange Abwärtsspirale aus ständig neuen Kürzungsrunden erspart bleiben. Dort wird es mit einem großen Knall deftige Einbußen geben. Und jeder weiß schlagartig, woran er ist – der Staat (Puerto Rico) ist dann so weit entschuldet, dass er wieder atmen kann, und alle haben Planungssicherheit.



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3 Kommentare

  1. In der überwiegenden mehrzahl gefallen mir ihre Berichte,Herr Kummerfeld.Das loblied auf die amerikanische,immer überlegene, Vorgehensweise kann ich aber nicht akzeptieren.Schulden mit noch mehr Schulden decken,kann keine endgültige Lösung sein.Irgendwann wird der Begriff der Schuldenobergrenze wieder salonfähig&dann?!8,x Billionen Schulden&ein chronisches,monatliches Haushaltsdefizit von um die 40 Milliarden,seriöse,lobenswerte Haushaltspolitik sieht meiner Meinung nach anders aus.

    1. dann formen wir es eben mal etwas um: im Fall von Puerto Rico ist man immerhin beidseitig bereit lösungsorientiert die Sachlage anzugehen

  2. Hallo Chris, danke für Deinen Kommentar. Der Artikel soll ja auch gar kein Loblieb für die amerikanische Schuldenmacherei sein. Hierzu habe ich ja vor wenigen Tagen diesen Artikel verfasst.

    http://finanzmarktwelt.de/usa-doppelt-so-hoch-verschuldet-wie-die-eu-fakten-luegen-nicht-14313/

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