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Sind Negativzinsen auf Spareinlagen rechtswidrig? Verbraucherzentrale erzielt Erfolg, Volksbank streicht sie aus Preisverzeichnis

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg aber hat sich die Volksbank Reutlingen vorgenommen. Wahrscheinlich hat man sich gerade diese Bank herausgepickt, weil sie mit Negativzinsen von sogar -0,5% vorgeprescht...

FMW-Redaktion

Es ist ein merkwürdiger Fall. Grundsätzlich ist doch eigentlich eine Bank frei in der Gestaltung ihrer Konditionen, richtig? Änderungen von Preisen oder Zinsen muss eine Bank in ihrem Preisverzeichnis bekannt geben, und dann gelten diese neuen Preise. So dachten wir es bis jetzt zumindest. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg aber hat sich die Volksbank Reutlingen vorgenommen. Wahrscheinlich hat man sich gerade diese Bank herausgepickt, weil sie mit Negativzinsen von sogar -0,5% vorgeprescht war.

Damit stellte man den Kunden einen höheren Negativzins in Rechnung, als die Banken ihn bei der EZB zahlen müssen (-0,4%). Erst Anfang des Monats hatte die Volksbank Reutlingen diese -0,5% in ihrem Preisverzeichnis verkündet als sogenanntes „Verwahrentgelt“ auf Girokonto-Einlagen ab dem ersten Euro und für Tagesgelder ab 10.000 Euro Einlage. Dann am 13. Juni folgte die Abmahnung durch die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Dort verkündete man, dass man diese Negativzinsen für rechtswidrig halte. Zitat:

Einer rechtlichen Prüfung durch die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hielt die Einführung dieser Negativzinsen jedoch nicht Stand. „Nach unserer Auffassung ist ein Negativzins für derartige Vertragsmodelle für Privatkunden rechtswidrig“, erklärt Cornelia Tausch, Vorstand der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Wir haben daher rechtliche Schritte eingeleitet“. Die Verbraucherzentrale hat eine Abmahnung an die Volksbank geschickt und fordert sie damit auf, das rechtswidrige Verhalten einzustellen, künftig keine Negativzinsen für die betroffenen Tages- und Festgeldkonten mehr zu erheben und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Ob die Negativzinsen tatsächlich erhoben oder nur bekannt gegeben werden ist für die Bewertung und als Grundlage der Prüfung unerheblich.

Diese Woche dann folgt ein Offener Brief der Volksbank Reutlingen. Darin stellt man klar, dass man bisher keinem Kunden die negativen Zinsen berechnet habe. Also sollten diese -0,5% wohl eher abschreckend auf neue Kunden wirken, die mit hohen Einlagen winken? Dazu sagte die Verbraucherzentrale ja bereits, dass es auch ihrer Sicht egal sei, ob sie umgesetzt würden – sie stünden ja schon offiziell im Preisverzeichnis, und das sei entscheidend.

Mit keinem Wort geht die Volksbank auf die Abmahnung der Verbraucherzentrale und ihrer rechtlichen Auffassung ein, aber der zeitliche Zusammenhang ist ja leicht erkennbar. Man schreibt lediglich, dass es das Vorgehen der Bank ist und bleibe lediglich mit Großkunden ab einer halben Million Euro individuelle Vereinbarungen für Negativzinsen zu treffen. Der Preisaushang habe bei einigen Beobachtern einen anderen Eindruck hervorgerufen. Dies bedauere man, und habe daher mit einer Überarbeitung reagiert. Das Preisverzeichnis sehe nun keinerlei negative Zinsen mehr vor. Auch habe man aktuell keinerlei Pläne „Normalsparern“ Negativzinsen zu berechnen. Dies könne man aber leider nicht kategorisch ausschließen, da man eines Tages auf ein verändertes Zinsniveau und dadurch weiter steigende Kosten für die Verwahrung der Kundeneinlagen reagieren müsse.

Also was jetzt, möchten wir fragen? Bedeutet das, dass die Verbraucherzentrale recht hat, und das Negativzinsen für Sparer rechtswidrig sind? Auf Anfrage der „FAZ“ sagt die Verbraucherzentrale, dass die Abmahnung gegen die Volksbank Reutlingen im Rahmen der bisher veröffentlichten Rechtsauffassung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gelegen habe. Denn in den laufenden Geschäftsbeziehungen könnten durch eine Änderung der AGB keine Negativzinsen eingeführt werden, weil dies dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung zum Darlehensrecht widerspreche. Aber individuelle Vereinbarungen mit einzelnen Kunden seien dagegen unproblematisch, womit die von der Volksbank erwähnten Großkunden gemeint sein dürften.

Das mag in den nächsten Wochen und Monaten noch ein spannendes Thema werden. Wenn sich die Verbraucherzentrale so sicher ist, dann müssten ja eigentlich Abmahnungen gegen weitere Banken anstehen, die ebenfalls schon Negativzinsen berechnen. War die Volksbank Reutlingen eine Art Präzedenzfall, weil sie mit ihren -0,5% außerordentlich hervorstach? Natürlich ist es aus Verbrauchersicht gut, dass so vorgesprescht wird, und Druck gegen Negativzinsen aufgebaut wird. Aber generell, so meinen wir, müsste doch die Gesatltung der Konditionen in der Vertragsfreiheit einer jeden Bank liegen!



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5 Kommentare

  1. Der Oberste Gerichtshof hat nach einer Verbandsklage der Arbeiterkammer Tirol gegen die Hypo Tirol entschieden, die Kreditnehmer von Negativzinsen profitieren zu lassen. Ein aktuelles Urteil mit Signalwirkung für alle österreichischen Banken!
    Banken müssen ab sofort die zu viel bezahlten Zinsen automatisch und rückwirkend ab 2015 an die betroffenen Kreditnehmer zurückzahlen. Österreich mal als Vorreiter….im europäischen Dauer-Wahlkampf-Geplänkel?

  2. Ich kann nicht ganz verstehen, warum man einer Bank Geld leiht, dafür das Risiko eingeht, dass diese es einem nicht zurück zahlt und dafür auch noch Geld zahlen soll ? Wer das macht, also Negativzinsen in Kauf nimmt, müsste doch ärztlich untersucht werden, oder?

    1. Soviel Aerzte stehen leider nicht zur verfuegung,denn der dumme Mensch glaubt immer noch daran,dass sein Geld bei seiner Hausbank in sicheren Haenden sei!

    2. Ganz recht, was die Negativzinsen angeht.

      Und weil das fast jeder hier im Forum weiß, sind wir hier auch alle schon seit langem in Aktien investiert, statt das Geld der Bank zu leihen.
      Na, gut, nicht alle. Aber wer hier doch nicht long ist, der weiß dann aber zumindest, dass die meisten Zeitgenossen in der Republik es im Nachhinein gut fänden, wenn sie ebenfalls bereits seit langem long in Aktien sein würden. Zum einen dass sie nicht Gefahr laufen, ärztlich untersucht zu werden, weil sie Negativzinsen in Kauf nehmen und zum anderen weil sie dann auch noch Gewinne aus Dividenden und Kursgewinnen einstecken hätten können.

      Ich persönlich hoffe ja, dass es weiterhin vieler diesbezüglicher ärztlicher Untersuchungen bedarf (ich müsste auch dringend hin) – sonst kriege ich meine vielen Puts ja nie los.
      (Wobei ich heute Vormittag ja einen mit fast 1000DAX-Punkten Verlust losgeschlagen habe)

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