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So geht Marktwirtschaft in Frankreich: Industrie-Fertigung in Gefahr? Der Staat erteilt sinnfreien Großauftrag

In Deutschland gibt es auch an diversen Stellen mehr als kritikwürdige Desaster in Sachen Staatswirtschaft, Staatsaufträgen oder Marktverzerrung. Aber das hält sich volkswirtschaftlich gesehen...

FMW-Redaktion

In Deutschland gibt es auch an diversen Stellen mehr als kritikwürdige Desaster in Sachen Staatswirtschaft, Staatsaufträgen oder Marktverzerrung. Aber das hält sich volkswirtschaftlich gesehen alles noch in Grenzen. Die Bundesregierung zeigt sogar oft zu viel Zurückhaltung, und vertraut basierend auf einer großen Exportindustrie und einem breit aufgestellten Mittelstand darauf, dass nicht mehr konkurrenzfähige und nicht mehr benötigte Arbeitsplätze zügig durch neue Arbeitsplätze ersetzt werden. So soll durch die „heilenden Kräfte“ des freien Marktes der Arbeitnehmer stets ein gutes Einkommen und zukunftsträchtige Arbeitsplätze vorfinden. Noch läuft dieses Modell in Deutschland erstaunlich gut. Der Vorteil an diesem Modell ist: Die Wirtschaft kann sich nicht auf Staatshilfen ausruhen (siehe Russland etc), was zu Stillstand führt, zu nicht vorhandenen Innovationen, und zu nicht vorhandener Konkurrenzfähigkeit. Langfristig führt das zu einem Niedergang der Industrie, die durch den Staat künstlich am Leben gehalten werden muss. Ganz am Ende dieses Prozesses stehen stark steigende Staatsschulden und sinkende Löhne.

Wie man in diese Schieflage rutscht, zeigt ein ganz frisches Beispiel aus Frankreich. Dort ist schon seit Jahrhunderten das Modell der durch den Staat stark beeinflussten Marktwirtschaft ganz normal. Aber bei einem offenen Europa und immer offenerem Welthandel wird es zunehmend zum Problem für den Staat, wenn die bisher staatlich geschützten Unternehmen eigentlich auf dem Weltmarkt nicht konkurrenzfähig sind. Gut, bei der Zugproduktion ist Frankreich von der Qualität her und vom Streckennetz her weltweit gut oder sehr gut aufgestellt. Aber dieses aktuelle Beispiel zeigt, wie staatliches Eingreifen eigentlich langfristig keine Probleme löst, sondern eben nur kurzfristig. Noch schlimmer: Hersteller, Staat und Volkswirtschaft werden vom Druck befreit sich auf neue oder bessere Produkte zu konzentrieren.

So hatte der Zughersteller Alstom bisher geplant sein Werk im französischen Belfort mit 400 Mitarbeitern zu schließen. Das Werk gibt es schon mehr als 100 Jahre. Es gehört sozusagen zur französischen Industrie-Geschichte. Präsident Hollande hatte öffentlichkeitswirksam versprochen, alles tun zu wollen um die Jobs zu retten. Gestern nun sagte Premier Valls über Twitter man habe das Werk mit einem Auftrag im Wert von 450 Millionen Euro gerettet. Damit sollen die Jobs in Belfort angeblich für die nächsten vier Jahre gesichert sein. Und wie? Die Regierung hat einfach als Eigentümer den staatlichen Bahnbetreiber SNCF angewiesen 15 TGV-Züge zu kaufen. Der aber hatte schon vorher mitgeteilt man habe gar keinen Bedarf für zusätzliche Züge. Die Regierung betont daher dieser Auftrag sei ein Vorgriff auf zukünftige Aufträge.

Diese „Investition“ der staatlichen Eisenbahn, die dort gar nicht benötigt wird, war im Staatshaushalt bisher nicht eingeplant, und erhöht dort nur die Schuldenlast. Also, nach Herstellung erstmal ab in eine leere Abstellhalle der Bahngesellschaft zum Staub ansetzen? Am Markt vorbei auf Halde produzieren, um künstlich Arbeitsplätze zu erhalten. Das kennt man eigentlich nur aus anderen Wirtschaftssystemen! So kritisiert die Opposition in Frankreich diesen Eingriff auch scharf. Von Wahltaktik ist die Rede. Die Regierung solle sich lieber darum kümmern die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu erhöhen.

Na gut, auch Deutschland sitzt ja irgendwie im Glashaus. Bei der nächsten großen Krise, Deutsche Bank-Pleite, VW-Pleite etc wären Gabriel, Merkel und Co wohl auch zur Stelle um zu retten. Aber dieser Fall zeigt: Es geht nicht um eine strukturelle langfristige Weiterentwicklung einer Industrie, oder um eine Rettung während einer schwerwiegenden Ausnahmesituation. Im Fall Belfort geht es Hollande darum ganz kurzfristig etwas künstlich am Leben zu halten, das langfristig nur künstlich durch Steuergelder gerettet werden könnte. Aber die müssen ja erstmal durch alle anderen Franzosen erwirtschaftet werden.

Wie auch immer: Alstom wollte Belfort eigentlich 2018 dicht machen. Jetzt hat man wohl bis 2020 Luft zum Atmen. Und dann? Hoffen auf weitere Aufträge? Vermutlich wurde die Pleite nur aufgeschoben. Das blockiert Innovation und die Anpassung an neue wirtschaftliche Gegebenheiten. Auch wenn es natürlich für den Wahlkampf schön aussieht, dass der gute Francois Hollande Jobs von 400 Menschen für vier Jahre gerettet hat.



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2 Kommentare

  1. Jetzt mal ehrlich, die 450 Mio € sind erstens Peanuts bei den schon vorhandenen Staatsschulden und zweitens besser angelegt als die 1700 Mio € die Deutschland dafür ausgibt das der Oberbürgermeister von Kabul noch etwas an der Macht bleibt. Die Subvention mag ja für die Zukunft kontraproduktiv sein, aber das ist halt Zukunft.

    1. Na, ist der Herr „Tom“ gar ein Deutschbanker ?
      450 Mio. können ja wohl keine Peanuts sein ! Wenn wir den Betrag auf 4 Jahre und 400 Mitarbeiter umlegen, kostet jeder Arbeitsplatz 31250 € / Mon.
      Also, mein lieber Hollande….bei der monatlichen Zuweisung wäre ich bereit einige der Mitarbeiter bei mir zu beschäftigen. Inkl. Unterkunft !

      Also bitte, wann wollen wir also anfangen zu sparen ? Wenn ich viele Schulden habe, ist es egal wenn noch einige wenige dazukommen?
      Wenn man das heute so sieht, bekomme ich echt Zukunftsangst.

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