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Spaniens Notenbankchef droht Katalonien bei Unabhängkeit Euro-Rausschmiß

FMW-Redaktion

Notenbanker sind ja gemeinhin begabte Diplomaten: sie wissen, welche Auswirkungen ihre Aussagen haben und formulieren daher meist sehr indirekt. Aber in Spanien liegen derzeit die Nerven blank vor der Regional-Wahl in Katalonien am kommenden Sonntag. Neueste Umfrage zeigen nämlich, dass die für eine Unabhängigkeit eintretenden Parteien ein hervorragendes Ergebnis erzielen dürften. Der derzeitige katalonische Präsident Arturo Mas sieht die Wahl als eine Abstimmung über die Unabhängkeit Kataloniens von Spanien – und je höher die Zustimmungsraten am Sonntag sein werden, umso akuter dürfte die Frage werde.

Spaniens Diplomatie setzt derzeit alles in Bewegung, um das zu verhindern. So äusserten sich – vermutlich auf Bitten Madrids – zuletzt US-Präsident Obama und auch Kanzlerin Merkel, dass Spanien als Einheit gewahrt bleiben müsse. Man will keine neue Baustelle in Europa, nachdem die Griechenland-Turbulenzen erst einmal beruhigt sind und die Regierenden in Europa genug zu tun haben mit den Flüchtlingsströmen.

Heute dann hat sich der spanische Notenbankchef und EZB-Mitglied Luis Maria Linde geäußert – und ziemlich heftige Geschütze aufgefahren. Sollte sich Katalonien von Spanien trennen, werde die EZB sofort die Liquiditätsversorgung der katalonischen Banken einstellen. Die Folge sei dann, so Linde weiter, dass in Katalonien wie in Griechenland Kapitalverkehrskontrollen eingeführt werden müssten. Katalonien, so Linde, wäre dann auch nicht mehr Bestandteil der Eurozone.

Linde gilt als Vertrauer des spanischen Regierungschefs Rajoy – und ist von diesem ins Amt gebracht worden. In Madrid ist man sich bewußt, dass Spanien ohne Katalonien kaum überlebensfähig wäre – die mit Abstand stärkste Wirtschaftsregion trägt 20% zum BIP Spaniens bei, hat aber nur 1% der Bevölkerung des Gesamtstaats. Dennoch ist die Wirtschaft Kataloniens größer als die Portugals – eine Loslösung Kataloniens, das in einem ersten Schritt die Überweisung von Steuern nach Madrid einstellen könnte, würde daher ein politisches Erdbeben in Europa auslösen und anderen Unabhängigkeitsbewegungen in Europa zusätzlich Auftrieb verleihen.



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4 Kommentare

  1. Wenn Drohungen (fast) zu Geschenken werden: da merkt man doch wieder, wie unsagbar dünn die EU zusammengenäht wurde und immer noch ist – bei jeder Aktion droht ein sofortiges zerreißen der Gesamtheit. Ich träume schon mal…

  2. Katalonien 1% der spanischen Bevölkerung? Hm …
    Katalonien hat laut Wikipedia ca. 7,5 Millionen Einwohner, Spanien 46,5 Millionen, das macht 16,1 %

    1. @Matti, das war ein (inzwischen korrigierter) Schreibfehler, richtig ist 15%..

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