FMW-Redaktion
In der heutigen Presselandschaft klingt es fast wie ein Jubelaufschrei. Ja, endlich kommt die Geldpolitik der EZB auch sichtbar bei den Unternehmen an, so liest es sich heute ganz aktuell auf diversen Portalen. Aber was steckt dahinter? Der Vergleich ist natürlich schön. Der Zuwachs bei der Kreditvergabe in der Eurozone an Unternehmen außerhalb des Finanzsektors lag im April mit einem Plus von 2,4% so hoch wie seit acht Jahren nicht mehr. Also seit 2009, seit dem Ende der Finanzkrise. Das hört sich doch erstmal toll an. Das Tal scheint durchschritten, wie man hier gut erkennen kann.
Pressure on ECB rises as credit growth accelerates: EZ loans growth to firms accelerates to 2.4% in Apr, loans to household steady at 2.4%. pic.twitter.com/upPJphG8AD
— Holger Zschaepitz (@Schuldensuehner) May 29, 2017
In so mancher Pressemeldung liest man heute, dass dies der EZB-Geldpolitik zu verdanken sei. Die hat nämlich seit März 2015 massiv Geld gedruckt (virtuell gedruckt) und damit für inzwischen mehr als 1,5 Billionen Euro Staatsanleihen aus der Eurozone gekauft. Bis Ende 2017, wo das Programm angeblich enden soll, werden es mehr als 2 Billionen Euro sein. Damit wurden Banken quasi aus diesem Markt „verdrängt“. Sie sollten stattdessen das Geld lieber dafür ausgeben Kredite an ihre heimischen Industrien und Mittelständler zu vergeben.
Wir hatten das Thema schon oft besprochen. Bisher waren es winzige Zuwachsraten bei den Krediten an Unternehmen. Bei einer so gigantischen Verdrängungssumme hätte der Effekt wirklich viel früher und viel umfangreicher sichtbar sein müssen, wenn der Plan der EZB aufgegangen wäre. Aber viele Banken parken ihr Cash trotz Negativzinsen immer noch bei der EZB, oder machen sonst was damit. Aber heute die +2,4% abzufeiern, als wäre das ein Erfolg… da kann man nur mit dem Kopf schütteln.
Die folgende Grafik zeigt den prozentualen Verlauf der Kreditvergabe in der Eurozone seit 2012. Der rote Pfeil markiert den Start des Staatsanleihen-Aufkaufprogramms der EZB im März 2015. Als es startete, war die Kreditvergabe bereits voll dabei sich zu erholen, ganz ohne Hilfe der EZB. Wie gesagt. Setzt man mal die eingesetzte Summe in Relation zur prozentualen Steigerung der Kredite, dann könnte man vielleicht mit viel Wohlwollen sagen, dass ein klein wenig Druck bei den Banken ankam, und die Kreditvergabe ein wenig gepusht wurde. Aber bei 2,4% darüber nachzudenken, dass es eine erfolgreiche Politik war, das klingt eher nach verkrampftem Festhalten an der eigenen Meinung.
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…dass es eine erfolgreiche Politik war, das klingt eher nach verkrampftem Festhalten an der eigenen Meinung.
Das sagt alles, das trifft den Nagel auf den Kopf, mehr gibt es nicht hinzuzufügen…
Gäbe es einen weltweiten Fake-News-Wettbewerb, wären die EZB bzw. Mario Draghi unter den Top-Favoriten.