FMW-Redaktion
Die Preissteigerung in der Türkei nimmt rasant zu. Wie aktuelle Daten zeigen, liegt die Inflation auf Jahresbasis von April 2016 auf April 2017 bei inzwischen 11,87%. Das ist der höchste Stand seit 2008. Noch im März lag sie bei 11,29% nach 9,58% im Januar. Der Chart illustriert gut, dass die Preissteigerungen letztes Jahr im Vergleich zu 2015 immer grob gesagt um die 7% herum lagen – aber seit November 2016 geht es steil bergauf. Und nein, die Daten stammen nicht von einem Türkei-feindlichen Think Tank, sondern von der offiziellen türkischen Statistikbehörde.
Der Wind weht auch von den Industrie-Erzeugrpreisen, die ebenfalls gestern aktuell veröffentlicht wurden (zweite Grafik). Sie sind vorlaufende Preise für die Inflation, weil sie letztlich an die Endverbraucher weitergegeben werden über die „Preiskette“. Sie steigen aktuell auf 16,37% von April 2016 auf April 2017 nach +13,69% im Januar. Die Erzeugerpreise begannen ihren kräftigen Anstieg einen Monat früher als die Verbraucherpreise, nämlich im Oktober 2016 bei gerade mal 2,84%. Eine so kräftige Steigerung von Oktober bis April von 2,84% auf 16,37%, das ist dramatisch!
Wie man gestern beim Treffen vom Putin und Erdogan eindeutig sah: Die beiden haben ihre Differenzen beigelegt, und sind nun beste Freunde. Die ausbleibenden europäischen Reisegäste an den türkischen Stränden sollen durch russische Gäste ersetzt werden, was aber wohl kaum zu schaffen sein wird, denn seien wir mal ehrlich. Wie viele Russen machen jedes Jahr im Ausland Strandurlaub, und wie viele Europäer? Das kann Russland niemals ausgleichen.
Nicht nur die Inflation ist ein Problem für die Türkei. Jüngst stieg die offizielle Arbeitslosenquote auf 13%, den höchsten Stand seit dem Jahr 2010. Der sogenannte künstlich erzeugte „Elends-Index“, bei dem Inflation und Arbeitslosigkeit addiert werden, liegt für die Türkei bei fast 25%, was der höchste Stand seit 12 Jahren ist. Auch bei den Neuwagenverkäufen in der Türkei sieht es aktuell düster aus. Im April wurden nur noch 57.998 Autos verkauft, ein Einbruch von 11,6% gegenüber dem Vorjahr:
This chart shows why Erdogan needs success in meeting w/ Putin. #Turkey Misery index (inflation+unemployment rate) has jumped to almost 25%. pic.twitter.com/AEQNbOMjOk
— Holger Zschaepitz (@Schuldensuehner) May 3, 2017
Ein Problem, welches wir schon öfters angesprochen hatten: Nicht nur in der Türkei, aber eben auch dort haben sich viele Konsumenten und Unternehmen jahrelang schön angenehm in US-Dollar verschuldet. Durch den drastisch teurer gewordenen Dollar steigen somit auch die Kreditkosten, und es bleibt weniger Geld übrig für den Konsum oder Investitionen. Das ist ein Problem! Dazu noch die hohe Inflation, die Präsident Erdogan nicht durch steigende Zinsen bekämpfen will. Denn hohen Zinsen hat er ja bekanntlich den Krieg erklärt.
Quelle: Turkstat
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Recep Tayyib Erdogan wird es nun wieder bestimmt besser wissen als jeder Finanzprofi und auf eine Senkung der Zinsen beharren – weil die Welt nun einmal eine Scheibe ist und ansonsten im Zweifel Paragraph 1 greift: „Der Chef hat immer Recht“…