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USA wollen EU Vorgehen bei Unternehmenssteuern diktieren!

Einfach ein unglaublicher Vorgang, sogar festgehalten schwarz auf Weiß. Die USA wollen der EU-Kommission doch tatsächlich vorschreiben, wie sie in Sachen Steuernachforderungen gegenüber internationalen Großkonzernen...

FMW-Redaktion

Einfach ein unglaublicher Vorgang, sogar festgehalten schwarz auf Weiß. Die USA wollen der EU-Kommission doch tatsächlich vorschreiben, wie sie in Sachen Steuernachforderungen gegenüber internationalen Großkonzernen zu verfahren hat. Aber gehen wir erstmal ein paar Schritte zurück. Worum geht es?

USA EU Jack Lew
US-Finanzminister Jack Lew. Foto: US-Finanzministerium

Die EU-Kommission „ermittelt“ schon seit Längerem, ob einzelne EU-Staaten (Luxemburg, Irland usw) mit steuerlichen Sonder-Vergünstigungen große Konzerne in ihr Land gelockt haben. Das wäre gemäß EU-Regularien eine Verzerrung gegenüber anderen EU-Mitgliedsstaaten. Deswegen wurden einzelne Mitglieder wie zum Beispiel die Niederlande bereits dazu verdonnert unter anderem dem US-Konzern Starbucks Steuern in Millionenhöhe nachträglich in Rechnung zu stellen, um diese Ungerechtigkeit auszugleichen. Eigentlich absurd, dass sich die niederländische Regierung sogar noch dagegen wehrte diesen Mehrertrag an Steuern in Rechnung zu stellen!

Die EU macht mit ihren Ermittlungen aber weiter. In Kürz geht es auch um Apple und seine möglichen Vorteile in Irland, wo die Firma wohl dreistellige Milliardenbeträge geparkt hat. Daher könnte es bei einer demnächst anstehenden Entscheidung der EU zu Apple nicht um läppische Millionen, sondern eventuell Milliardenbeträge gehen, die Apple an den irländischen Fiskus nachzahlen könnte. Das US-Finanzminsterium hat gestern in einer schriftlichen Stellungnahme (Kurzversion unten im Original abgedruckt) die EU-Kommission scharf angegriffen. Die Kommission agiere als „supranationale Steuerbehörde“, und würde internationale Vereinbarungen zur Bekämpfung von Steuerflucht gefährden. Häääh? Ist nicht eher das Gegenteil der Fall?

US-Finanzminister Jack Lew droht der EU-Kommission mit Gegenmaßnahmen, die er aber nicht näher beschrieben hat. Die in der EU zu leistenden Nachzahlungen durch US-Konzerne könnten die Steuerlast dieser Unternehmen in den USA senken, so Lew. Halte die EU an ihrem jetzigen Kurs fest, prüfe man eventuelle Antworten. Nochmal: Ein unglaublicher Vorgang. Man könnte fast meinen die EU-Kommission handele willkürlich um dem amerikanischen Fiskus eins auszuwischen, wenn man Lew´s Äußerungen folgt? Außerdem stellt dieses Vorpreschen der USA fast schon einen Angriff auf die Souveränität der EU als Staatengemeinschaft dar, die intern ihre Steuerangelegenheiten so regelt, wie sie es für richtig hält. Oder sehen wir das falsch? Wie soll das erst werden, wenn das Freihandelsabkommen TTIP in Kraft tritt? Darf die EU-Kommission sich dann mit einem privaten Anwalt (der als Schiedsrichter an einem priavten Schiedsgericht auftritt), über Steuergesetze streiten? Hier der Originaltext der zusammengefassten Erklärung des US-Finanzministeriums von gestern Abend:


Tax avoidance by multinational corporations is a serious concern for the United States and governments around the world. President Obama has proposed a robust tax reform plan that would address this issue and has repeatedly urged Congress to enact it into law. Moreover, we have made important progress by working with our international counterparts on a number of initiatives—most notably the G-20/OECD Base Erosion and Profit Shifting (BEPS) project—to curtail the erosion of our respective corporate tax bases. We are concerned that the European Commission’s State aid investigations threaten to undermine progress in this area and could create an unfortunate international tax policy precedent.

Over the last several months, Treasury Secretary Jacob J. Lew and his staff have engaged extensively with the Commission to express our concerns related to its State aid investigations. Secretary Lew wrote to Commission President Jean-Claude Juncker in February urging the Commission to reconsider these new actions while reaffirming our commitment to continued collaboration through the BEPS project.

These investigations have major implications for the United States. In particular, recoveries imposed by the Commission would have an outsized impact on U.S. companies. Furthermore, it is possible that the settlement payments ultimately could be determined to give rise to creditable foreign taxes. If so, U.S. taxpayers could wind up eventually footing the bill for these State aid recoveries in the form of foreign tax credits that would offset the U.S. tax bills of these companies. The investigations have global implications as well for the international tax system and the G20’s agenda to combat BEPS while improving tax certainty to fuel growth and investment.

Given these significant implications, today the Treasury Department is releasing a white paper outlining the Department’s concerns with the Commission’s approach.

First, we highlight that the Commission’s approach is new and was unforeseeable by the relevant companies and EU Member States. Second, we emphasize that the Commission should not seek to impose recoveries under this new approach in a retroactive manner because it sets a bad precedent for tax policymakers around the world. Finally, we explain that the Commission’s approach undermines U.S. tax treaties and international transfer pricing guidelines already accepted broadly in the global tax community, and undermines the work done as part of the BEPS project.

A strongly preferred and mutually beneficial outcome would be a return to the system of international tax cooperation that has long fostered cross-border investment between the United States and EU Member States. The U.S. Treasury Department remains ready and willing to look for a path forward that achieves the shared objective of preventing the continued erosion of the corporate tax base while ensuring our international tax system is fair for all.

Wer es sich genauer durchlesen will: Hier die 26 Seiten Detailerklärung des US-Finanzministeriums.

Quelle: US-Finanzministerium



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4 Kommentare

  1. So ist das nunmal unter „Freunden“: Beim Geld hört die „Freundschaft“ halt eben auf!

    Ich bin mir sicher, dass ich davon weder aus der Politik noch den Mainstream-Medien irgendetwas hören werde… Und schon gar keinen Protest!

    Aber wir Dummerle sollen schön brav immer Steuern zahlen. Genau all das und sowas wird den extremen Parteien immer und immer und immer mehr Leute in die Arme treiben, denn irgendwann wird selbst der sedierteste Bürger mal aus seinem Mutti-Schlaf hochschrecken – spätestens wenn der € platzt…

    Einfach nur traurig!!

    DANKE an FMW für solche Infos!

  2. Ich spiele mal bewusst den Agent Provocateur:

    Wenn ich mich als US-Unternehmen in Irland niederlasse, weil Irland mir attraktive Bedingungen dafür anbietet, dann gehe ich nicht davon aus, dass Irland als souveräner Staat diese Bedingungen auch einhält und nicht ***rückwirkend*** höhere Steuern geltend gemacht werden, weil sich Irland nicht ausreichend mit Brüssel abgesprochen hat. Und wenn, dass ist es Irlands Problem, nicht eines, des US-Unternehmens.
    Natürlich ist Jack Lew interessiert, dass die US-Unternehmen möglichst hohe Gewinne einfahren und dementsprechend Steuern abführen. Genauso wie wir von der Bundesregierung erwarten würden, dass sie sich für Siemens einsetzte, wenn das Unternehmen aus irgendwelche Gründen plötzlich Milliardenbeträge in Brasilien nachzahlen sollte, weil dort irgendjemandem einfällt, dass es sonst unfair gegenüber Argentinien wäre.

    1. Sorry, im Zug per iPhone verfasst. Autokorrektur und begrenztes Eingabefenster haben da einige Klinken verursacht. Ich hoffe, der Gedanke kommt trotzdem rüber.

    2. Du meinst, so wie sich die Regierung für VW eingesetzt hat im Dieselgate? ;-)

      Ich finde den Betrug von VW nicht gut, aber den „Steuerbetrug“ auch nicht…

      Die USA hätten Mutti sicher ausgelacht, wenn die versucht hätte VW in Schutz zu nehmen.

      Mir macht beides gesellschaftlich gesehen Sorgen – nicht falsch verstehen!

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