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Warum der IWF Griechenland keine Extrawurst gibt

Von Claudio Kummerfeld

Alle sind sie da, zur Frühjahrestagung des IWF in Washington, auch Wolfgang Schäuble und Griechenlands Finanzminister Varoufakis. Wohl in Hoffnung auf Zahlungsaufschub sprach er mit IWF-Chefin Lagarde. Warum der IWF Griechenland keine Extrawurst gibt…

IWF Chefin Christine Lagarde
IWF-Chefin Christine Lagarde
Foto: Marie-Lan Nguyen / Wikipedia (CC BY 3.0)

IWF-Frühjahrestagung

Derzeit sind für eine mehrtägige Frühjahrestagung unzählige „wichtige“ Menschen nach Washington gereist. Anwesend sind neben zahlreichen Notenbankchefs u.a. auch Wolfgang Schäuble und der griechische Finanzminister Varoufakis. Der sprach gestern mit IWF-Chefin Christin Lagarde, um einen Zahlungsaufschub für die 2,5 Milliarden Euro Rückzahlung zu erreichen, die bis Juni scheibchenweise zurückzuzahlen sind. Wolfgang Schäuble erwähnte in seinem schriftlichen Vorwort zur Frühjahrstagung nichts zu Griechenland – wohl aber ging er in einer Rede vor der „Brookings Institution“ (Thinktank um die Ecke in Washington D.C.) auf Griechenland ein und wiederholte den Standpunkt, dass Griechenland sich um Reformen kümmern müsse und nicht zum Zahlungsaufschübe (so unsere Zusammenfassung).

Blanchard zum GREXIT

IWF Chefvolkswirt Olivier Blanchard
IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard
Foto: IWF

Die Meinungen gehen weit auseinander. Was passiert beim GREXIT, also dem Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone + Staatspleite? IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard hat da eine eindeutige Meinung, erst diese Woche aufgefrischt vor Pressevertretern. Der Grexit wäre extrem schmerzhaft und teuer für Griechenland selbst, aber die restliche Eurozone könnte ihn „aber wohl verkraften“. Er spielt wohl darauf an, dass die deutschen sowie französischen Banken in den letzten Jahren ihre griechischen Staatsanleihen-Portfolios abgebaut haben und daher vom Grexit nicht mehr betroffen wären. Ebenfalls bezieht er sich auf die inzwischen installierten europäischen Sicherungssysteme wie den ESM.

Lagarde kann nicht nachgeben

Interessant, dass die beiden wichtigsten Posten beim IWF, nämlich Direktor und Chefvolkswirt, von Franzosen besetzt sind, die doch generell in finanziellen Angelegenheiten eher linkslastig sind. Aber wie man sieht: Die beiden lassen sich von Varoufakis nicht „bequatschen“ und bleiben bei ihrem Kurs. Zahlungsaufschübe sind im IWF-Vokabular nicht vorgesehen, so Lagarde. Seit 30 Jahren habe es so etwas nicht mehr gegeben. Es gab damals Zahlungsaufschübe für Entwicklungsländer, aber ohne produktive Folgen. Eine Stundung von Zahlungen könne man derzeit nicht empfehlen. Die bedeutet: Entweder Griechenland zahlt pünktlich wie vereinbart seine Raten an den IWF zurück, oder man zahlt nicht – dann handelt es sich um einen Zahlungsausfall. Der IWF gilt weltweit als DER „Primärgläubiger“. Das bedeutet: Die Welt schaut auf den IWF: wer hier seine Raten nicht pünktlich und vollumfänglich zahlt, wird von weltweit sämtlichen potenziellen Geldgebern als Pleitestaat angesehen, dem man kein Geld mehr anvertrauen sollte. Es ist verständlich, dass der IWF gegenüber dem EU-Mitglied Griechenland hart bleibt – was sollte man sonst nämlich alle den dutzen von Entwicklungsländern sagen, wenn die mit ähnlichen Forderungen kommen. Da er um den „Primärgläubiger“-Status des IWF weiß, ist die Bemühung von Janis Varoufakis besonders groß, beim IWF keinen „Zahlungsausfall“ entstehen zu lassen, der auch bei verspäteter oder verminderter Zahlung der Fall wäre. Lagarde hatte zuvor grundsätzlich erklärt, dass der IWF kein Staat sei, sondern eine Institution, die feste Regeln hat, an die man sich halten müsse, wenn man Geld vom IWF entgegennehme.

Varoufakis und die Opferrolle

Der griechische Finanzminister Varoufakis begibt sich während seines Aufenthalts in Washington in die Opferrolle, wie so oft dieser Tage. Er sprach wie Wolfgang Schäuble auch bei einer Diskussion der „Brookings Institution“ und erwähnte u.a., dass 91% der griechischen Arbeitslosen gar kein Arbeitslosengeld bekommen, und dass man der „Champion“ der Konsolidierung sei. Zitat „We are the champions of fiscal consolidation.“ Die Botschaft hinter diesen Aussagen ist eindeutig: „Wir tun schon alles, was wir können, wir sind am Ende, also verzichtet doch endlich auf eure Forderungen.“ Dass 91% der Arbeitslosen keine Arbeitslosenunterstützung vom Staat erhalten, ist eine menschliche Tragödie – nur ändert das nichts an den Vereinbarungen, die Varoufakis vor allem mit seinen europäischen Partnern getroffen hat – nämlich nächste Woche endlich einen brauchbaren Sanierungsplan vorzulegen. Vielleicht sollte er weniger Zeit mit Interviews und Rundreisen verbringen, und dafür mehr Zeit in seinem Ministerium mit seinen Beamten verbringen, um das zusammenzustellen, was er am präsentieren will – so wie vereinbart!

Interessant könnte am heutigen Abend noch werden, ob Janis Varoufakis noch einen ominösen Termin wahrnimmt.



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1 Kommentar

  1. Es liegt bei Griechenland die Eurozone zu verlassen. Die Qualitätsmedien verbreiten die Nachricht, dass das Land noch ein paar Milliarden hätte. Es hat bereits die Rentenkassen geplündert und trickst mit den ELA-Krediten rum. Es ist total bankrott. Die Verluste incl. der EZB-Schweinereien und target2-Salden dürften für Deutschland, Frankreich und Italien bei maximal 80 Mrd. € liegen, falls die Neudrachme 50% der €-Kaufkraft hätte. Das ist entschieden tragbarer, als dass sich die Eurozone jede Woche am Nasenring von irgendwelchen Griechen durch die Manege führen lässt.

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