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Warum gilt der Yen als „sicherer Hafen“?

Von Markus Fugmann

Warum nur gilt der Yen als sicherer Hafen? Sieht man sich etwa die Verschuldung Japans an, die mit 246% weltweit mit Abstand die höchste ist in der Welt, macht das nicht wirklich Sinn (Griechenland liegt mit weitem Abstand mit 177% an zweiter Stelle). Ebenso wenig Vertrauen-erweckend für den Yen ist die Tatsache, dass die Bank of Japan seit Ende Oktober 2014 ein QE von monatlich 80 Billionen Yen betreibt – und damit die Geldmenge stark erhöht. Damit ist die Bank of Japan absoluter „QE-Weltmeister“ – mit weitem Vorsprung vor der EZB.

Um zu verstehen, warum der Yen dennoch als „sicherer Hafen“ an den Märkten gespielt wird, lohnt ein Blick auf den Chart des Dollar-Yen:

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Seit klar war, dass der derzeitige Ministerpräsident Abe an die Macht kommen wird, kam der Yen unter massiven Druck. Abe hatte angekündigt, die jahrelange Deflation im Land durch eine ultralaxe Geldpolitik bekämpfen zu wollen. Und so kam es denn auch. Nun muß man sich in die Lage eines japanischen Managers etwa eines Pensionsfonds oder Aktienfonds versetzen: was tut ein solcher Manager, wenn er erwartet, dass der Yen an Wert verlieren wird? Er versucht möglichst schnell, mit seinen Yen Assets im Ausland zu kaufen, in der Erwartung, dass – selbst wenn sich diese Assets an den Märkten kaum bewegen würden – er Gewinne verbucht, wenn er die Position wieder verkauft und in Yen tauscht (da er dafür mehr von den inzwischen abgewerteten Yen bekommt). Genau das ist, wie der Chart zeigt, in zwei Schüben passiert: japanische Investoren verkauften Yen und kauften damit etwa US-Staatsanleihen oder Aktien aus Europa und den USA.

Wenn an den Märkten jedoch Angst herrscht, passiert das Gegenteil: Japans Investoren kaufen keine ausländischen Assets, sondern verkaufen die bestehenden Positionen im Ausland – und tauschen damit Dollar oder Euro wieder in Yen um. Im folgenden Chartvergleich zwischem dem S&P 500 und dem Dollar-Yen sieht man den praktischen Gleichlauf zwischen dem wichtigsten Aktienindex in den USA, dem S&P 500, und dem Dollar-Yen:

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(Dollar-Yen orange, S&P 500 blau).

Dieser parelle Kursentwicklung ist frappant. Sie blieb natürlich auch nicht unbemerkt von den Banken, die ihre Algos programmierten. Die Logik lautet: fällt Dollar-Yen, verkaufen wir den Aktienmarkt – und umgekehrt. Daher ist der Yen praktisch der sichere Hafen, weil bei Schwäche der Aktienmärkte die Algos der Banken den Yen kaufen. Ebenso wie japanische Investoren, die dann Positionen wieder „heimholen“ und in Yen tauschen (was zu Kursanstiegen des Yen führt).

Das alles macht fundamental überhaupt keinen Sinn – aber es ist eben der Fall. Es ist eines der wichtigsten Beispiele dafür, dass sich die Finanzmärkte weitgehend von der ökonomischen Realität abgekoppelt haben..



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2 Kommentare

  1. Bedeutet das in Konsequenz dann, dass eine Erhöhung des QE in Japan zu einer weltweiten Rally führen wird?

    1. @V, ganz genau so ist es!

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