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Was kommt zuerst – Abstufungen oder Absturz? Das Beispiel Australien..

Was kommt zuerst - der Absturz oder die Abstufungen? In der Finanzkrise kam erst der Absturz, dann die Abstufungen. Nun versuchen die Ratingagenturen einen Mittelweg: sie stufen vorsichtig ab, um hinterher sagen zu können: wir hatten doch gewarnt!

FMW-Redaktion

Was kommt zuerst – der Absturz oder die Abstufungen? In der Finanzkrise kam erst der Absturz, dann die Abstufungen. Legendär ist die Abstufung einer Ratingagentur von Lehman Brothers, als die Bank bereits pleite war – und vielleicht haben die Ratingagenturen ja aus der Tatsache gelernt, dass sie damals keine sehr glückliche Figur abgaben, von den AAA-Ratings für Subprime-Anleihen gar nicht zu reden.

Sieht man sich in der Welt einmal um, fällt auf, dass es derzeit kaum so viele Abstufungen hagelt wie bei australischen Banken. Im letzten Monat war es S&P, das 23 Banken in down under abstufte, aber die großen vier, also Commonwealth Bank, Westpac, National Australia Bank und ANZ Banking Group, noch verschonte – wenngleich mit eher fragwürdigen Argumenten (man erwartet Staatshilfen im Fall der Fälle durch den Staat).

Nun aber erledigt das die Ratingagentur Moody´s, das heute insgesamt 12 Banken in Australien abstufte, inklusive der großen vier, daneben die kleineren Banken Bendigo and Adelaide Bank, Heritage Bank, ME Bank, Newcastle Permanent, QT Mutual, Teachers Mutual, Victoria Teachers Mutual und Credit Union Australia. Alle Banken wurden um jeweils eine Stufe abgestuft.

Die Begründung bei Moody´s ist die Gleiche wie letzten Monat bei S&P: die Gefahr eines massiven Preisverfalls am australischen Immobilienmarkt, der die Banken schwer treffen würde.

Die Argumente von Moody´s fallen dabei ins Reich der Seltsamkeiten der Rating-Branche! So meint Moody´s zwar, dass ein massiver Preisverfall zwar nicht das Basis-Szenario sei, aber aufgrund der immensen Immobilien-Verschuldung der Australier alles andere als unwahrscheinlich sei. Aha. Nicht Basisszenario, aber dann doch irgendwie recht wahrscheinlich. Moody´s zählt jede Menge Faktoren auf, die fast unausweichlich das Ende der Blase einläuten. Man möchte den Herrschaften bei Moody´s daher gerne ein Studium fundamentaler Logik empfehlen!

Obwohl Moody´s das Platzen der Blase als unwahrscheinlich wahrscheinlich beschreibt, sagt man dann gleich hinterher: schaden kann es nicht, wenn man schon einmal prophylaktisch abstuft, denn die Einstufungen der australischen Banken sei doch sehr hoch – indirekt gibt man damit klar zu verstehen: viel zu hoch, daher werden weitere Abstufungen kommen, aber so direkt sagen möchte man das auch wieder nicht, damit man nicht sofort einen Absturz herbei führt. Eine Blase ernährt eben viele, daher will keiner der Auslöser für deren Platzen sein. Schuld sind nämlich immer die Anderen, als hält man besser den Mund, damit man nicht „die Anderen“ ist.

Australien aber ist hochgradig abhängig von China – und wenn China konjunkturell hustet, dann bekommt Australiens Wirtschaft eine heftige Lungenentzündung, und die australische Immobilien-Blase, die sich seit Jahrzehnten hält und sogar die Finanzkrise überdauert hat (wegen den Chinesen, die sich dort einkauften), ist schneller geplatzt als man kucken kann. Die Australier sind inzwischen bis Oberkante Unterlippe verschuldet (189% des verfügbaren Einkommens), das es nur noch einen kleinen Auslöser braucht, bis die Dominosteine fallen.

Die Ratingagenturen aber scheinen sich zu sagen: lasst uns vorsichtig abstufen, sehr dosiert – dann sind wir nicht gleich schuld, wenn´s kracht – aber wenn´s kracht, können wir hinterher sagen: seht her, wir hatten doch gewarnt und abgestuft..


Das Opernhaus in Sydney
Foto: Rosino – https://www.flickr.com/photos/rosino/4778079675/, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=39213259



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2 Kommentare

  1. Ein Genuss, diesen Artikel zu lesen. Ja, genauso funktioniert das Spiel. Wie gut, dass es die finanzmarktwelt gibt!

  2. »[…] dann sind wir nicht gleich schuld, wenn´s kracht […]«

    Exakt getroffen, meiner Meinung nach: rechtliche Gründe werden sie dazu zwingen diesen formalistischen Winkelzug vollziehen zu müssen. Andernfalls werden die als „Verursacher“ noch dafür verwurstet – der Bote der Nachricht verdrischt sich bekanntlich immer ganz gut.

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