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Was Sigmar Gabriel falsch macht, wird in den USA richtig gehandhabt

FMW-Redaktion

Wir erinnern uns. Sigmar Gabriel als unser aller Bundeswirtschaftsminister hatte im Januar die Erlaubnis erteilt, dass Edeka Kaiser´s Tengelmann übernehmen darf. Obwohl Kartellamt und Monopolkommission eindeutig dagegen waren, wies Gabriel auf die Wichtigkeit des Erhalts der Arbeitsplätze hin – daher müsse Edeka die Übernahme erlaubt werden. Aber das Argument greift viel zu kurz. Die Amerikaner machen es besser und haben erkannt, dass ab einer bestimmten Größe das „Monopol“ viel schlimmer ist…

Sigmar Gabriel
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Foto: Olaf Kosinsky / Wikipedia (CC BY-SA 3.0 de)

Es sei wichtig die Arbeitsplätze bei Kaiser´s Tengelmann zu erhalten – daher sei es notwendig Edeka zu erlauben diesen Konkurrenten zu übernehmen. So lautet die vordergründig vernünftige Entscheidung von Sigmar Gabriel, der mit seiner „Ministererlaubnis“ Bundeskartellamt und Monopolkommission bei Seite schieben kann. So tat er es in diesem Fall auch. Wenn Kaiser´s pleite geht, wären die Arbeitsplätze weg. Aber die Firma hätte wohl auch weiter existieren oder mit anderen Konkurrenten zusammengehen können. Und jetzt? Die Altmärkte bekommen eine gewisse zeitlich befristete Bestandsgarantie. Auch für die Arbeitsplätze gibt es nur eine zeitlich befristete Bestandsgarantie. Und was wird Edeka hindern danach die Arbeitsplätze abzubauen, erst recht an Orten wo sich Märkte beider Ketten zu nahe liegen? Die Frage kann man sich selbst beantworten.

Die Kartell- und Monopolwächter wiesen auf die massive Wettbewerbsverzerrung hin. Edeka ist in einigen Bereichen anscheinend schon so marktbeherrschend, dass sie diese Übernahme für nicht mehr erträglich hielten. Was passiert ab einem gewissen Erreichen einer monopolartigen Stellung mit den Lieferanten? Der Supermarktkonzern kann ihre Preise immer und immer weiter drücken. Dass hier viele landwirtschaftliche Betriebe kaputt gehen und Steuern wegbrechen, ist wohl nicht in der volkswirtschaftlichen Rechnung des Sigmar G. berücksichtigt worden.

Man darf annehmen, dass Sigmar Gabriel in anderen Wirtschaftsbereichen ähnlich „urteilen“ würde – es müssen nur genügend Arbeitsplätze betroffen sein, schon kann er sich als Retter profilieren. Dass es anders geht, zeigen die USA. Ab einem gewissen Punkt lässt man dort das weitere Wachstum von Konzernen nicht mehr zu – so ganz aktuell geschehen bei den Öl-Dienstleistern Halliburton und Baker Hughes. Schon 2014 wurde verkündet die Nummer 2 der Branche werde die Nummer 3 Baker für 34,6 Milliarden Dollar kaufen. Jetzt haben beide diese Transaktion abgesagt, weil das US-Justizministerium vor Kurzem Klage eingereicht hatte – mit der Begründung dieser Zusammenschluss würde den Wettbewerb in der Branche unterdrücken und letztlich dem Verbraucher schaden. Es hätte dann nur noch diesen Konzern und Schlumberger als Konkurrenten gegeben in der Branche. Halliburton zahlt wg. der gescheiterten Fusion eine Vertragsstrafe in Höhe von 3,5 Milliarden Dollar an Baker Hughes. Auch in Sachen Steuern ist die Obama-Regierung hinterher. Man brachte erst kürzlich die Mega-Fusion zwischen dem weltgrößten Pharmahersteller Pfizer und Allergan zum Platzen mit verschärften Steuergesetzen, weil Pfizer de facto über die Fusion in das Billigsteuerland Irland fliehen wollte.

Sigmar Gabriel als Wirtschaftsminister fährt, wohl ohne es wirklich zu merken, mit dem Edeka-Deal eine verbraucherfeindliche und Konzern-freundliche Politik. Ob seine Ministererlaubnis unterm Strich volkswirtschaftlich gesehen überhaupt Arbeitsplätze rettet, ist mehr als fraglich. Auch steht in Kürze die Fusion zwischen Deutscher Börse und Londoner Börse an. Obwohl angeblich eine Fusion unter Gleichen, wird der Börsenplatz Frankfurt danach relativ bedeutungslos werden, weil der neue Holdingsitz London sein wird – man darf davon ausgehen, dass alle Entscheidungen zukünftig von London aus getroffen werden. Auch hier hörte man seitens der Bundesregierung bisher keinen Einspruch. Eigentlich müsste ein doch eher linker Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel gegen die Entstehung von Giganten-Konzernen sein, aber hier spielt wohl der verdeckte „Wunsch nach Größe“ eine Rolle.

Man muss wohl als Europäer unbedingt „Global Player“ den Amerikanern gegenüberstellen. Was mal klein begann, kann darin enden, dass es demnächst in Europa nur noch zwei bedeutende Börsenbetreiber gibt. Frankfurt/London und dazu die Euronext in Paris. Sieht so Vielfalt oder Wettbewerb aus? Auch zum reinen Thema Kartellrecht oder Monopolstellung in der EU hörte man bzgl. dieser Fusion noch nichts von Sigmar Gabriel. In diesem Fall ist ebenso der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir, seines Zeichens ein Grüner, der direkt Verantwortliche für diese Fusion, der einfach nur NEIN sagen müsste. Denn als Aufsichtsbehörde steht das hessische Wirtschaftsministerium direkt über der privatwirtschaftlich organisierten Deutschen Börse in Frankfurt.

Der Trend in den USA zumindest unter der Obama-Regierung und der taffen Justizministerin Lorette Lynch geht eindeutig in Richtung „die Konzerne sind groß genug“. Auch wenn die zehn größten Banken in den USA jede für sich genommen ziemlich groß sind im Vergleich zu europäischen Banken, so gibt es doch eine Bankenvielfalt in den USA. In Deutschland hat sich eine Art Oligopol entwickelt, gesteuert von SPD und CDU gleichermaßen. Viele Nachfrager (die nervigen Bankkunden) haben nur noch die Auswahl zur Deutschen oder zur Commerzbank zu gehen. Ansonsten bleibt der Gang zu Volksbanken oder Sparkassen. Wer zu einer großen Geschäftsbank will, hat eigentlich nur noch die zwei großen Anbieter zur Auswahl. Die Dresdner wurde nach einer netten Bitte des deutschen Staates der Commerzbank zugeschlagen. Die Postbank ist irgendwo als Teil der Deutschen Bank unterwegs.

Durch die Niedrigzinspolitik der EZB werden viele kleine Sparkassen und Volksbanken durch Fusionen verschwinden. Es wird also in Deutschland in vielen Bereichen eine weitere Konzentration geben, weniger Wettbewerb, mehr große Player. Gerade bei den Banken wollte doch eigentlich auch die Bundesregierung „die bösen Banken“ mal so richtig kräftig regulieren. Als Fazit bleibt zurück: Heute verkörpern die beiden Großen das Wort Systemrelevanz zu 100%. Fallen sie, muss Mutti stützen, so oder so. Aber warum hat man nicht vorher eine Zerschlagung angeordnet, ein Trennbankensystem, wie es mal in den USA problemlos existierte? Dazu gab es ja schon Aussagen aus Regierungskreisen: Deutschland brauche schlagkräftige international agierende Universalbanken. Aber wie hat die deutsche Industrie denn vor 30 Jahren weltweit Geschäfte gemacht ohne das Investmentbanking von Deutsche Bank und Co?



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7 Kommentare

  1. Es geht Menschen wie Herrn Gabriel doch in Wirklichkeit schon lange nicht mehr umdie Belange der kleinen Leute respektive der Verbraucher. Er möhte später so ein lukratives Pöstchen bekommen wie Herr Schröder oder zuletzt Herr Pofalla.

    Und: „Wenn Kaiser´s pleite geht, wären die Arbeitsplätze weg.“ Nein, wahrscheinlich nicht mal weg, die wären bloß woanders.
    Z.B. bei REWE?

  2. Das sollte man sich auf der Zunge zergehen lassen:Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands rätselt,bzw.versteht nicht,warum Sie umme20% herumdümpelt!Ohne (weitere)Worte.

    1. Na ja.Der Siechmar kann sich ja demnächst wieder mal mit einem Schild fotografieren lassen ,auf dem steht:Wir helfen!Berufsspezifisch,sollte er aber der SPD helfen,nicht der Bild-Zeitung oder Edeka!Siechmar,go home oder werde endlich Sozialdemokrat!Wenn sich, immer schon parteilose,l15 Demokraten überlegen AFD zu wählen,liegt sehr viel im Argen.

  3. Früher waren Dick und Doof wenigstens noch zwei, so rationalisiert sich alles!, auch die SPD!

  4. Just heute war im Lokalradio (zentrale Tengelmann ) zu hören wie das erste Gerüchte aufgetaucht ist .Man wolle die Zentrale in Mülheim und eine Logistikzentrum im benachbarten Moers schliessen.
    Überraschung !

    zur Wahl in 2017 dürften dann einige ihren job verloren haben

    1. Dennoch sollte man sich auch nach dem Unterschied beider möglich gewesenen Wege fragen: neben der Übernahme, hätte man beide auch separat lassen können. Dann wäre Kaiser’s/Tengelmann aber ohnehin verdrängt worden, folglich pleite gegangen. Was wäre also der Unterschied zur jetzt erwarteten Situation?

      Ich will hier wahrlich niemanden in Schutz nehmen, denn der dicke Siggi könnte definitiv nicht mein Freund werden, sondern nur eine neutrale Gedankenrichtung anstreben.

  5. Man muss in Deutschland nur mit Arbeitsplatzabbau drohen, dann hat man als Konzernboss die Politiker in der Hand und bekommt alles was man will.

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