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Zeitenwende perfekt: Schuldenschnitt + Entschuldung wird für Staaten werden deutlich schwieriger

FMW-Redaktion

Der klassische Schuldenschnitt, durch den Staaten einen Teil oder Großteil ihrer Schulden loswerden können, wir ab sofort deutlich schwieriger. Denn gestern hat das argentinische Parlament endgültig einen Präzedenzfall geschaffen, wie es ihn in der Geschichte von notleidenden Staatsschulden so eindeutig noch nie gegeben hat.

Schuldenschnitt Argentinien Macri
Mauricio Macri, seit 10. Dezember 2015 Präsident von Argentinien. Foto: Casa Rosada / Wikipedia (CC BY 2.5 ar)

Das argentinische Parlament hat gestern den Deal des neuen Präsidenten Mauricio Macri bestätigt, den er mit US-Hedgefonds geschlossen hat. Über diesen Fall berichteten wir bereits am 10. März, jetzt ist er aber endgültig rechtskräftig, nachdem auch das Parlament zustimmte. Argentinien willigt damit ein US-Hedgefonds einen Großteil ihrer Forderungen zu bezahlen, auf die sie einen Anspruch hatten. Denn sie hatten eigentlich wertlose argentinische Staatsanleihen in den Jahren nach der Staatspleite 2001 aufgekauft, für Cent-Beträge. Nach Berechnungen der NYT macht bei diesem Deal z.B. der Hauptgläubiger NML Capital einen Gewinn von sagenhaften 1.180%. Die Auszahlung an NML über 2,3 Milliarden Dollar macht die Hälfte des aktuellen Deals mit den Restgläubigern aus.

Das Problem dabei ist nicht, dass diese Gläubiger de facto zu ihrem Recht kommen, nämlich die Rückzahlung der von Ihnen erworbenen Anleihen. Zum Problem wird, dass es nach der Staatspleite einen Schuldenschnitt gab, dem 93% der ausstehenden argentinischen Staatsanleihen zustimmten. Die Gläubiger verzichteten auf gut 2/3 ihrer Forderungen. Und diese Gläubiger, die mit ihrem Schuldenschnitt das Wiederaufstehen Argentiniens überhaupt erst ermöglichten, sind jetzt die Dummen, weil sie de facto deutlich schlechter abschnitten als diejenigen Gläubiger, die keinem Schuldenschnitt zustimmten, sondern bis zuletzt auf ihr Recht beharrten.

Die Einstellung von in erster Linie privaten Gläubigern wird sich nun grundlegend ändern. Denn dieser öffentlich ausgetragene Streit zwischen dem Staat Argentinien und US-Hedgefonds, der nun ein Ende nimmt zugunsten der Hedgefonds, wurde weltweit viel beachtet und gilt als der Präzedenzfall in Sachen Schuldenschnitt. Was in Griechenland passierte, zählt nicht wirklich, da es hier ja fast mehr um europäische Politik ging als um einen klassischen Schuldenschnitt. Warum sollen „normale“ Fonds, Versicherungen, Banken und sonstige Privatgläubiger in Zukunft noch Staaten wie Argentinien, oder z.B. Venezuela oder der Ukraine einen großzügigen Schuldenschnitt gewähren? Sie hätten keine Lust erneut wie im Fall Argentinien als Idiot dazustehen. Man muss zukünftig wie die Hedgefonds in diesem Fall nur genug Geduld mitbringen, hartnäckig sein, warten und nerven – im besten Fall noch den betroffenen Staat blockieren, wie es im Fall Argentinien geschah, als die Hedgefonds über einen New Yorker Richter Argentinien regelrecht lahmlegten.

Der Wind am internatinalen Schuldenmarkt wird jetzt für überschuldete Staaten eiskalt wehen. Wer nicht zahlen kann und in eine Staatspleite rutscht, verharrt mit zunehmender Wahrscheinlichkeit mit einem langen Zustand der finanziellen Lethargie, bis er irgendwie seine Gläubiger wieder bedienen kann. Mal einfach so einen Schuldenschnitt machen, darauf „fällt so schnell niemand mehr rein“. Es gibt UN-Bemühungen für ein internationales Regularium für Schuldenschnitte bei Staaten, aber wichtige Nationen haben hierbei nicht zugestimmt. Für Staaten dürfte ab jetzt mehr denn je gelten: Augen auf, wen man sich als Gläubiger ins Boot holt. Emittiert man auf den offenen Kapitalmarkt, holt man sich schnell problematische Gläubiger ins Boot. Argentinien kann ein Lied davon singen.

Auch in diesem Video des „Peterson Institute for International Economics“ wird diese Thematik besprochen.



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2 Kommentare

  1. „Unerwartete Nebeneffekte“, ja das ist zu erwarten, wenn die Akzeptanz der wirtschaftlichen Machtverhältnisse so geprüft wird.
    Einigen, leider zu vielen Großen, scheint das egal, sie setzen auf Durchmarsch. Das ist ein Trend seit den neunziger Jahren.

  2. Macri hat die Wahl mit den Versprechen eines Investitionsprogrammes gewonnen. Um das zu finanzieren will der sehr bald sehr viele Argentinische Anleihen ausgeben lassen. Daher hat der auch so dringend diesen Deal gebraucht. Die Frage wird werden, ob Argentinien genügend Abnehmer für akzeptable Zinsen findet. Argentinien hat auch Probleme mit den Rohstoffpreise und dass die Nachbarn auch alle Wirtschaftliche Probleme haben.

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