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Coronavirus könnte die Chip-Industrie hart treffen!

Coronavirus Symbolbild

Was das Coronavirus mit der Chip-Industrie zu tun hat? Die Hersteller von Computer-Chips übertrumpften sich in der jüngeren Vergangenheit gegenseitig mit Investitionszusagen in neue Fertigungsanlagen. 104 Milliarden Euro hier, 20 Milliarden US-Dollar dort… Die Aktienkurse von Herstellern der Fertigungsanlagen wie Applied Materials schossen natürlich nach oben. Doch das Corona-Virus könnte den Investitionsplänen der Chiphersteller ein jähes Ende bereiten. Vorsicht ist daher vor allem bei Aktien der Zulieferindustrie geboten, wie eben bei Applied Materials.

So schnell die Innovationszyklen der IT-Industrie auch sind, so langfristig angelegt sind die Investitionsplanungen der Hersteller. Zwar kommen ständig, in der Regel im Jahresrhythmus, neue und schnellere Produktgenerationen auf den Markt. Doch Planung, Bau und Betrieb einer neuen Fertigungsanlage werden eher in Jahrzehnten bemessen. So investierte Intel im Jahr 2007 1,5 Milliarden US-Dollar in die Fab 11X in New Mexico, um sie auf die damals neue 45nm-Technologie umzurüsten. Diese Technik läuft dort bis heute und stellt Chips her, die nicht die neuste Fertigungstechnologie benötigen.

Bei einer so langen Betriebszeit liegt es auf der Hand, dass Investitionsplanungen nicht aufgrund einer kurzfristigen Nachfrageschwäche komplett umgekrempelt werden. Und doch gibt es ein Problem, das die Investitionsplanungen jetzt über den Haufen werfen könnte: das Coronavirus!

50% der Investitionen plante die Chip-Industrie in China – Coronavirus wird zum Problem

In den vergangenen Jahren übertrafen sich die Hersteller mit Investitionszusagen. Tsinghua: 70 Milliarden US-Dollar in drei Fabriken, davon eine in Wuhan, TSMC: 20 Milliarden US-Dollar in eine neue Fabrik, Samsung: 104 Milliarden Euro verteilt über zwölf Jahre, Intel: 20% des Umsatzes, also 20 bis 30 Milliarden US-Dollar pro Jahr und noch viele andere mehr. Die für 2020 geplanten Investitionen betragen 50 Milliarden US-Dollar.

Das Problem dabei: 50% der für dieses Jahr geplanten Investitionen entfallen auf China. Die Tatsache, dass dort derzeit nur wenig gearbeitet wird, macht die Investitionsplanungen bereits zur Makulatur. Schlimmer aber noch sind die potenziellen weltwirtschaftlichen Folgen des Coronavirus. Kommt es zu einem globalen Wirtschaftsabschwung, werden zahllose Unternehmen und Privatpersonen ihre Investitions- und Konsumentscheidungen überdenken. Muss es wirklich ein neuer Computer sein, ein neues Handy, ein neuer Fernseher, wenn es der alte eigentlich auch noch tut?

Dazu kommt, dass die Chiphersteller in den Vorjahren Unsummen in die Erweiterung ihrer Fabriken steckten. Die Fabriken für die Herstellung von z.B. Flashspeicher-Chips konnten nicht groß genug sein. Die Erwartung einer weitgehenden Verdrängung der klassischen Festplatte durch SSD-Laufwerke auf Basis von Flashspeicher versprach üppige Umsätze. Die stehen jedoch auf der Kippe, wenn weniger Computer gekauft werden. Die Folge wäre ein Rückfall in den Schweinezyklus der Speicherindustrie: Hohe Preise führen zu umfangreichen Investitionen in neue Fabriken (bereits gebaut), die Überkapazitäten schaffen (die drohen), die die Preise in den Keller und Unternehmen aus den Markt drücken, auf dass die Preise wieder steigen. Gehofft hatten die Hersteller in diesem Jahr auf steigende Preise durch wachsende Nachfrage.

Kommt der nächste Schweinezyklus der Chip-Industrie?

Nun steigen die Preise für Speicher zwar. Doch vor allem deshalb, weil aus Asien weniger Nachschub kommt. Doch an hohen Preisen bei kleinem Volumen verdienen die Hersteller nichts, während die Kosten der stillstehenden Fabriken weiter laufen werden. Es gibt also guten Grund anzunehmen, dass die Investitionspläne der Chiphersteller nicht in vollem Umfange ausgeführt werden. Der Aktienkurs von Applied Materials reflektiert diese Möglichkeit noch nicht. Analysten erwarten einen Gewinn von 4,17 US-Dollar pro Aktie in diesem Geschäftsjahr, deutlich mehr als im vorherigen Jahr.

Auf Basis dieses erwarteten Gewinns ist die Unternehmensbewertung sogar für US-Verhältnisse konservativ mit einem KGV von nur 15,4. Sollte der Gewinn jedoch nur auf Vorjahresniveau liegen, wären wir schon bei einem KGV von mehr als 21. Beim Beginn eines neuen Schweinezyklus‘ in der Industrie dürfte sich die aktuelle Bewertung von Applied Materials als zu hoch erweisen. Übrigens: Der Börsengang des deutschen Ausstatters von Chipfabriken, Exyte, wurde schon 2018 abgesagt, weil das Marktumfeld nicht positiv genug war für eine Platzierung an der Börse.



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