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Venezuela: Inflation steigt in 2016 auf 720%

FMW-Redaktion

Was für eine Zahl. Die Inflation in Venezuela soll im laufenden Jahr auf 720% steigen – das verkündete vor wenigen Minuten der zuständige IWF-Direktor Alejandro Werner. Wo die Inflation bisher liegt, ist eine Frage für Philosophen.

Die venezuelanische Notenbank (wenig vertrauenswürdig die letzten Jahre?) vermeldete im Dezember 2014 eine Inflationsrate von 68,5%, und jetzt am 15. Januar 2016 soll sie offiziell bei 141,5% gelegen haben (2012 offiziell noch bei 20%). Beobachter schätzten bisher grob, dass Venezuela in 2015 eine reale Inflationsrate von irgendwo über 200% hatte (der IWF schätzte 275%). Aber jetzt die Zahl von 720% für 2016 von einer Institution wie dem IWF, das ist brutal.

Werner sagte in seinem Statement zu Venezuela ein Mangel an Reserven von harten Währungen habe zu einer umfassenden Verknappung von absolut notwendigen Gütern geführt, u.a. Lebensmittel. Die Preise würden jetzt außer Kontrolle geraten. Dazu muss man erwähnen, dass Venezuala unter Hugo Chavez und jetzt Präsident Maduro einen strikt sozialistischen Kurs fuhr. Das Land war und ist von Einnahmen durch den Ölverkauf abhängig, und naja, der Ölpreis… andererseits werden wichtige Verbrauchsgüter zu großen Teilen aus dem Ausland importiert. Und welcher Verkäufer aus Brasilien oder Kolumbien akzeptiert eine Bezahlung in venezuelanischen Bolivars? Da muss Venezuela Dollars und Euros vorweisen. Der IWF prognostiziert für Venezuela für dieses Jahr ein Schrumpfen der Wirtschaft von 8% nach 10% in 2015.

Ob man vorsichtig oder offensiv mit der Schätzung der Inflationsrate in Venezuela umgeht – ein Sprung auf 720% bedeutet den totalen Zusammenbruch. Schon jetzt ist klar, dass es so nicht mehr weitergeht. Endgültige Staatspleite + Währungsreform heißen die Endpunkte so einer Entwicklung. Die Berichte aus Venezuela sind schon jetzt mehr als verstörend. Die Preise für ganz normale Haushaltsartikel wie Duschgel, Zucker etc sind so hoch, dass sich die große Mehrheit der Bevölkerung in normalen Supermärkten nichts mehr kaufen kann.

Man steht stundenlang vor Läden in der Schlange, in denen staatlich subventionierte Produkte verkauft werden, die man sich gerade noch irgendwie leisten kann. Es werden Wartemarken ausgegeben, und wenn man in den Laden gelassen wird, hat man oft Pech und das was man haben wollte, ist ausverkauft. Inzwischen hat sich eine Industrie rund um die Warteschlangen entwickelt. Natürlich gibt es darüber keine genau Statistik, aber vergleicht man verschiedene Aussagen, soll mehr als 10% der Bevölkerung in Venezuela sich tagsüber hauptberuflich als „In der Schlange-Steher“ betätigen.

Familien organisieren sich so, dass eine Person sich nur mit Schlange stehen und einkaufen beschäftigt, und die anderen erwirtschaften das Einkommen für den Schlangesteher mit. Wenn jeder einzelne versuchen würde einzukaufen, könnte wohl niemand mehr ganztags einer „normalen“ Arbeit nachgehen. Das so ein System nicht dauerhaft funktionieren kann, dürfte klar sein. Deswegen errang die Opposition im Parlament vor Kurzem den Sieg, aber noch ist Präsident Maduro ja im Amt, der an einer sozialistischen Politik festhalten will.

Ab einem gewissen Punkt gerät Inflation in eine Aufwärtsspirale, die man mit normalen Mitteln eigentlich nicht mehr aufhalten kann. Und genau jetzt dürfte diese sich selbst antreibende Spirale nach oben explodieren.



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1 Kommentar

  1. Ein Blick in unsere Zukunft hier?

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