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Postbank bald mit Automatenfilialen (+1 Mensch) – Automatisierung + Negativzinsen sei dank

FMW-Redaktion

Erst vor Kurzem hatten wir hingewiesen auf die bevorstehende Welle der Automatisierung in der Dienstleistungsbranche, nachdem sie in der Industrie schon weit fortgeschritten ist. Sie war auch das große Thema auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Dort hatten Wirtschaftsbosse und Staatschefs über genau dieses Thema als Schwerpunkt gesprochen. Auch ist derzeit in der Diskussion, wie Banken im Rahmen der Negativzinspolitik der EZB überhaupt noch Geld verdienen können. Dies gilt insbesondere für kleine Banken und diejenigen, die mit einer hohen Zahl an Filialen einen großen „Ballast“ an Mitarbeitern mit sich rumschleppen, die alle am Monatsende ein Gehalt bekommen müssen.

Heute nun zeigt sich viel schneller als erwartet die reale Auswirkung dieser beiden Themenschwerpunkte, Automatisierung bei Dienstleistungen + Negativzinsen durch die EZB. Postbank-Chef Frank Strauß gab heute der SZ ein Interview. Thema: Wie kann die Postbank Kosten einsparen? Antwort: Den großen Wurf will man machen mit fast vollständig automatisierten Filialen. So sagte Strauß künftig werde es auch Filialen geben, in denen nur noch ein Mitarbeiter arbeitet, weil ein neues Kassensystem das Vier-Augen-Prinzip unnötig mache. Auch werde überlegt Filialen zusammenzulegen. Wir meinen: „Zusammenlegen“ klingt viel charmanter als „Schließen“, dabei ist es nichts anderes. Auch kosten bei der Postbank bereits von Hand ausgefüllte Überweisungen 99 Cents, was die Kunden akzeptiert hätten, so Strauß.

Kann man letztlich der Bank einen Vorwurf bzgl. all dieser Maßnahmen machen, wenn die EZB ihr die Luft zum Atmen nimmt? Natürlich kann man immer sagen Banken sollen woanders sparen als bei Filialen oder Mitarbeitern, aber das sind nun mal die großen Kostenfaktoren – und wenn gleichzeitig die Zinsmarge auf 0 schmilzt, von der gerade kleine Banken ihre Kosten decken müssen, dann ist das wohl die logische Konsequenz. Von Seiten der EZB können Banken und Verbraucher hierzulande kein Mitleid erwarten. Die Damen und Herren im EZB-Tower hatten zuletzt klar zum Ausdruck gebracht, dass die Deutschen sich mal nicht so anstellen sollten, da es ihnen doch gut ginge.

Die voraussichtlichen Folgen für die Verbraucher, natürlich nicht nur auf die Postbank beschränkt: Bankberatung (na ja…) generell nur noch für Besserverdiener in bereits vorhandenen separaten „Wealth Management-Centern“. Der Normalkunde bekommt wenn überhaupt eine Art Fließband-Beratung nach Standardprospekt. Wählen Sie Variante A, B oder C… Wer Fragen hat oder etwas nicht versteht, kann sich dann sicher an eine Hotline oder eine Internetseite mit FAQ´s wenden. Der eine Mitarbeiter, der dann noch pro Filiale vorhanden sein wird, fungiert dann so ähnlich wie die Netzwerktechniker in Unternehmen – ein Feuerlöscher für nur ganz dringende Notfälle, für mehr reicht seine Arbeitszeit nicht. Aber es gibt ja schon Alternativen: Große Banken bzw. ihre Fondsanbieter stellen auf die sogenannte Roboterberatung um, was natürlich in der Realität viel schöner aussieht. Auf trendigen schönen Internetportalen wird der Kunde durch ein Frage-Antwort-Menü geführt, wo er dann am Ende ein Produkt erhält, bei dem er nur noch auf den „Ja das will ich bestellen“-Button drücken kann.

Auch gibt es bereits die von vielen Banken eingesetzten „mobilen Berater“, die im Grunde genommen nichts weiter sind als Verkäufer die zum Kunden nach Hause kommen, die nur von der Provision leben, von dem schnellen Abschluss. Sie erhalten von Banken Termine, die sie abarbeiten müssen in der Hoffnung, dass die Provisionen am Monatsende zum Überleben reichen.

So sieht schneller als gedacht die schöne neue Bankenwelt aus als Folge von Automatisierung und Negativzinsen. In anderen Bereichen wird es, da kann man sich sicher sein, ähnliche Auswirkungen haben. Wir denken da vor allem an Versicherungen und die Pflegebranche, wo heute schon vereinzelt Automaten auf den Fluren von Pflegeheimen unterwegs sind.



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4 Kommentare

  1. So is gut.

    Die EZB nötig die Banken dazu den Kunden (und somit die stillschweigende Unterstützung für das Bankensystem) abzusägen .

    Wenn Finanzwelt und die Sparkasse Vorort entkoppelt ist und das wirklich alle (!) erkannt haben ,dann darf das turbofinanzsystem sterben (aka nicht weiter gerettet werden )

  2. Die Superidee, für Überweisungsformulare Gebühren zu verlangen, damit die Kunden ihre Zahlungen lieber ins Selbstbedienungsterminal klimpern, hatten diverse Sparkassen schon vor Jahren. Die Folge: Kein Kunde gibt für 1,50 EUR ein Fomular ab, sondern die meist im Rentenalter befindlichen Personen doktern 15 Minuten am Terminal herum, rufen dann einen Mitarbeiter zu Hilfe, der letzten Endes die Überweisung doch selbst eingeben muss und Gebühren kassiert die Sparkasse trotzdem nicht, weil der Kunde ja brav am SB-Computer steht. Dafür dauert es jetzt viermal solange wie vorher. Der zuständige Controller ist vermutlich ins Wasser gegangen :-)

    1. @N.Ritter, stimmt, allerdings kosten die Überweisung am Terminal inzwischen bei den meisten Banken auch Geld, wenngleich etwas weniger als am Schalter..

  3. Sehr geehrter Herr Vorstandsvorsitzender F. Strauß,
    was Sie schreiben ist alles irgendwie verständlich. Nur in einem Punkt kann ich Ihnen nicht folgen. Sie schreiben: „Denn mittlerweile zahlen wir bei der Europäischen Zentralbank (EZB) Gebühren dafür, dass sie Gelder für uns verwahrt“. Aber hallo: Wieso lassen Sie Gelder von der EZB verwahren, wenn diese Gebühren verlangt??????? Dann halten Sie doch besser die Gelder in der Hand und suchen nach anderen Möglichkeiten! Ich möchte noch einmal betonen: Die von mir der Postbank anvertrauten Gelder erhielt/erhält die Postbank kostenfrei und ohne Gebühren!

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