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Anfangsverdacht gegen Citadel – gigantischer Hedgefonds, Market Maker und High-Speed-Trader

Von Markus Fugmann

Wenn der ehemalige Fed-Chef Ben Bernanke Berater einer Firma ist, dann muß diese Firma natürlich rundheraus anständig sein, werden viele denken. Vielleicht ist sie das auch, aber eben vielleicht auch besonders anständig zu sich selbst, weniger gegenüber den eigenen Kunden.

Die Rede ist von Citadel, einem 23 Milliarden Dollar schweren Hedgefonds, der aber gleichzeitig im High-Speed-Treading stark aktiv ist, und daneben noch eine elektronische Handelsplattform betreibt, deren gehandeltes Volumen das der Nasdaq übersteigt. Mehr als ein Drittel des Handels von börsengelisteten US-Firmen läuft über die Handelsplattform von Citadel, also über Citadel Execution Services. Wäre dieser Arm von Citadel offizell als Börse registriert, wäre das eine der größten Börsen der USA – und damit der Welt.

Nun aber untersucht das US-Justizministerium, ob es bei Citadel mit rechten Dingen zugeht. Denn nach den Regularien müssen die Kunden bei einem Trade die bestmögliche Ausführung bekommen, im Fachjargon als “best execution reasonably available“ bezeichnet. Damit soll eine Chancengleichheit entstehen am Markt, die viele kritische Geister als Chimäre bezeichnen – denn faktisch haben Unternehmen wie Citadel, die als Market Maker fungieren, also eigene Kurse stellen können, naturgemäß einige Vorteile: das reicht zum Beispiel so weit, dass bei heftigen Turbulenzen in einem Markt der Market Maker dafür sorgen kann, dass die eigene Position noch sehr gut ausgeführt wird, während die anderen in die Röhre kucken und eine miserable Ausführung bekommen – so zuletzt, wie sich hartnäckig Gerüchte halten (die natürlich völlig unbegründet sind!!) im Falle des Absturzes des Euro-Franken nach der Entscheidung der SNB, den Mindestkurs aufzugeben. Böse Zungen sagen, dass die eine oder andere Bank als Market Maker sich noch die weniger schlechten Stücke bei der Ausführung gesichert haben, während einige Kunden beim Crash des Euro zum Franken tief, sehr sehr tief ausgestoppt wurden mit ihrer EUR/CHF-Longposition.

Ähnliches scheinen nun die Behörden in den USA zu vermuten: nämlich dass die Kunden eben nicht die besten Ausführungen bekommen haben in der Vergangenheit, sondern eher schlechtere, zum Wohle des das Market Making betreibenden Unternehmens. Zumal eben Citadel eben auch im Highspeed-Trading aktiv ist, wo schon Bruchteile von Kursbewegungen profitabel gemacht werden können, wenn nur die gehandelte Stückzahl hoch genug ist. Ob Citadel wirklich das sogenannte „Frontrunning“, also die aktive Benachteiligung von Kunden betrieben hat, ist bislang nicht erwiesen – das US-Justizministerium hat das Unternehmen bislang nur aufgefordert, Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

Aber es ist insbesondere die Struktur von Citadel als Hedgefond, Market Maker einer Trading-Plattform und Highspeed-Trader zugleich, die im Grunde ein idealer Nährboden für Frontrunning ist. Dabei fällt auf, dass etwa Citadel Brokern, die ihre Kunden auf die Tradingplattform von Citadel schicken, Liquiditätsprämien zahlt. Warum? Ausserdem hat Citadel einen Preiskampf angezettelt im letzten Jahr, der an sich ruinös ist – es sei denn, man ist gar nicht so sehr von den Trading-Gebühren abhängig, sondern sieht die Trader als Melkkühe, die man eben bei der Ausführung von Orders schön ausnehmen kann.

Wie gesagt: nichts ist bislang erwiesen, es gibt offenkundig nur einen vagen Anfangsverdacht. Aber Kenner der Materie würden es schlicht für ein Wunder halten, wenn ein so mächtiges – weil die Dinge so gut überschauen könnendes – Unternehmen wie Citadel, nicht den Verlockungen erliegen würde, die ihm geradezu in den Schoß fallen.

Gründer von Citadel ist übrigens der in den USA sehr bekannte Ken Griffin, der 2015 der bestverdienende Hedgefondmanager der USA und damit der Welt war. Er machte zuletzt Schagzeilen, weil er im Februar zwei Bilder der Künstler Willem de Kooning und Jackson Pollock erworben hatte – für eine halbe Milliarde Dollar. Aber das hat er sicher aus der Portokasse bezahlt – und ansonsten geht sicher alles mit rechten Dingen zu, gaaanz sicher..



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