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Bedingungsloses Grundeinkommen in Finnland: Dieser Test ist eine Mogelpackung!

Letzte Woche haben es viele Leitmedien auch in Deutschland verkündet: Ja, endlich, das EU-Mitglied Finnlannd startet eine Testreihe für ein "Bedingungsloses Grundeinkommen" (BGE). Test-Teilnehmer werden ausgesucht und erhalten es ohne...

FMW-Redaktion

Letzte Woche haben es viele Leitmedien auch in Deutschland verkündet: Ja, endlich, das EU-Mitglied Finnlannd startet eine Testreihe für ein „Bedingungsloses Grundeinkommen“ (BGE). Test-Teilnehmer werden ausgesucht und erhalten es ohne Bedingung – also kein Zwang zur Arbeit, kein Zwang sich bewerben zu müssen wie bei Hartz 4 oder Sonstiges. Hört sich super an. Doch ist das wirklich ein Test, so wie man ihn sich vorstellen würde? Leider haben die Copy and Paste-Journalisten, die nur Tickermeldungen kopieren, wohl die Originalquelle nicht gelesen. Denn die befindet sich bei der finnischen Sozialversicherungsagentur namens KELA, die diesen Test von A-Z durchführt.

Erst einmal muss dieser Test am 9. September noch vom finnischen Parlament beschlossen werden. Aber gehen wir mal davon aus, dass das passiert. Man will feststellen, ob durch ein BGE der Geldempfänger befreit von Zwängen noch eher bereit ist Arbeit zu suchen als vorher. Im Test-Zeitraum von 2017-2018 wird neben den Test-Teilnehmern eine Gruppe von Personen beobachtet, die kein BGE bezieht. Bei den 2.000 zufällig ausgewählten BGE-Empfängern, die KELA zwangsweise für dieses Experiment auswählt, wird es sich ausschließlich um Arbeitslose handeln, die eh schon Sozialleistungen beziehen! Die Höhe der BGE-Zahlung wird ab Januar 2017 bei 560 Euro pro Monat liegen. Warum dieser Betrag? Nun, die KELA schreibt dazu (siehe unten Originaltext), dass dieser Betrag dem Arbeitslosengeld beziehungsweise den auf einen Monat hochgerechneten Basis-Tagesausgaben entspreche.

Man will also relativ wenig zahlen, und möchte auch nicht weniger zahlen als das Arbeitslosengeld, das diese Personen ohnehin schon erhalten – denn sie werden ja gezwungen daran teilzunehmen, und der Staat kann ja nicht einfach willkürlich Leistungen kürzen. Aus der Feststellung, dass man mit diesem „BGE“ die bisherigen Zahlungen ja nicht unterschreiten will, kann man nur die Schlussfolgerung ableiten, dass dieses BGE die bisherigen Sozialleistungen ersetzen und somit nicht ergänzen soll! Daher ist dieses Experiment kein Bedingungsloses Grundeinkommen – hier wird lediglich die bisherige Auszahlung von Sozialleistungen ersetzt durch die pauschale Zahlung einer einzigen Sozialleistungs-Fixsumme!

Ein echtes Bedingungsloses Grundeinkommen wäre es, wenn ein bisheriger Arbeitsloser deutlich mehr BGE erhalten würde, als er bisher durch sein Arbeitslosengeld bezieht. Ein Bedingungsloses Grundeinkommen wäre es auch, wenn ein derzeit Vollzeitbeschäftigter zusätzlich zum Arbeitslohn sagen wir mal pauschal 2.000 Euro erhalten würde. Aber nur einem Arbeitslosen statt 560 Euro Arbeitslosengeld jetzt ersatzweise 560 Euro BGE zu zahlen, ist nur eines: Eine Mogelpackung, eine bloße Vereinfachung der bürokratischen Abläufe beim Auszahlen von Sozialleistungen. Also bitte, wir können uns alle wieder entspannen, und müssen weiter abwarten, wo sich ein Land findet, das einen wirklich richtigen Test-Anlauf auf das BGE nimmt!

„Persons receiving Kela’s unemployment-related benefits, under certain limitations, would be included in the experiment. From the target group, a test group of 2 000 persons would be selected by means of random sampling. It would be mandatory to participate in the experiment, which would ensure that the results will not be biased. According to the proposal, the level of basic income would be EUR 560 per month. Since the experiment would be mandatory, the level of the lowest basic income to be tested should correspond to the level of labour market subsidy and basic daily allowance. Basic income would be tax free for the receivers. Basic income would be paid by Kela. An experiment means that, at this point, basic income will not be paid to the whole population.“



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1 Kommentar

  1. »Da die amtliche Armutsgrenze in Finnland bei 972 Euro für Alleinstehende liegt, handelt es sich bei den 560 Euro des Pilotprojekts allerdings nur um ein partielles Grundeinkommen. Es ist steuerfrei und seine Höhe entspricht der Höhe der (steuerpflichtigen) Arbeitslosenhilfe nach Abzug der Steuer.«

    https://www.grundeinkommen.de/27/08/2016/finnland-will-grundeinkommen-testen.html

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