FMW-Redaktion
Ab morgen werden EZB-Ratsmitglieder, EU-Notenbanker, Wirtschaftsminister uvm nach Luxemburg pilgern um hinter verschlossenen Türen über ihre Politik zu sprechen vor Vertretern von Banken und Hedgefondsmanagern. EZB-Ratsmitglied Coeure wollte nach seinem Debakel im Mai nicht mehr auf solchen Events auftreten. Aber siehe da, wer findet sich auf der Rednerliste?
Rednerliste des EUROFI Financial Forum, das ab morgen stattfindet. Wer findet sich dort? EZB-Ratsmitglied Benoit Coeure.
Grafik Quelle: EUROFI Financial Forum
Durch „EUROFI Financial Forum“ von Mittwoch bis Freitag in Luxemburg scheint die gesamte europäische Notenbank- und Politikmaschinerie zum Stillstand zu kommen. Diesen Eindruck kann man gewinnen, wenn man die Rednerliste überfliegt. EZB-Ratsmitglieder, EU-Notenbanker, Minister aus EU-Staaten, Mitglieder der EU-Kommission, alle sind dort als Redner vertreten. Wer macht so lange ihre Arbeit? Oder einfacher gefragt: Welcher EU-Politiker bzw. Notenbanker in leitender Funktion ist morgen eigentlich nicht zum EUROFI-Event eingeladen? EUROFI ist eine Lobbygruppe der Finanzindustrie – Mitglieder sind z.B. Blackrock, Allianz, Deutsche Bank, DekaBank (Sparkassen), Goldman Sachs, KPMG uvm.
QE-Erhöhung oder Verlängerung?
Auf solchen Events wird z.B. über die Bankenregulierung gesprochen, über Kapitalanforderungen, die Ausweitung der EU-Vorschriften usw. Konkret von der EZB erwarten die Teilnehmer z.B. Aussagen, ob und wann denn nun das aktuelle Anleihekaufprogramm entweder über September 2016 hinaus verlängert wird, oder ob man das monatliche Volumen erhöht. Natürlich darf die EZB keine Detailinfos an eine begrenzte Gruppe von Marktteilnehmern bei solchen geschlossenen Events geben – das wären Insiderinfos! Aber schon Andeutungen hierüber können bares Geld wert sein.
Da trete ich nicht mehr auf
Und in Sektlaune, das zeigt das Beispiel Coeure, plaudert es sich schon viel einfacher über solche Themen. Am 18. Mai redete EZB-Ratsmitglied Benoit Coeure auf einem Sektempfang vor Hedgefondsmanagern in London über Details des aktuellen Anleihekaufprogramms der EZB, die der Presse noch nicht zugänglich waren. Dadurch hatten die Anwesenden einen Vorteil, der bares Geld wert war. Wer der Anwesenden letztendlich welchen Vorteil daraus zog, hat noch nicht mal jemand offiziell versucht zu ermitteln.
EZB-Ratsmitglied Benoit Coeure hatte geschworen, dass er nicht mehr auf solchen Branchentreffen auftreten wird, und erst recht nicht hinter verschlossenen Türen. Sein Zitat vom 17. August gegenüber der Börsenzeitung:
„As for me personally, I will no longer speak at events organised by banks.“
Wäre die Presse nämlich hier zugelassen, könnten preisgegebene Infos über die Pressevertreter ohne Verzögerung allen Marktteilnehmern bekannt gemacht werden, so dass (nicht wie bei Coeure im Mai) kein Marktteilnehmer an der Börse benachteiligt wird.
Gäbe es eigentlich auch einen NGO-Event, wo die hier teilnehmenden Politiker und Funktionäre auch so zahlreich als Redner erscheinen würden? Kaum vorstellbar. Dabei sind doch die „einfachen Leute“ diejenigen, die sie ins Amt hieven, und nicht die Bankenvertreter.
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