Aktien

Aktien: Der plötzliche Boom in Deutschland – und die Gefahren

Schnell reich werden an der Börse mit Aktien, ein ewiger Traum. Und dieser Traum schwappt nun aus den USA nach Deutschland hinüber..

Werden Aktien endlich auch in Deutschland immer populärer? Nicht erst seit dem Kurssturz in der letzten Woche an der Wall Street wird immer wieder über die vielen neuen Anleger in den USA diskutiert, Stichwort ist der Broker RobinHood: Viele Millionen neue Depots wurden in Übersee eröffnet, zu Spekulationszwecken und getrieben von dem Angebot der Online-Banken gebührenfrei und mit dem Smartphone zu traden. Auch weil durch Corona der große Markt der Sportwetten im Profisport weggefallen war. Jetzt zeigt sich aber, dass diese spekulative Entwicklung über den großen Teich geschwappt ist, wie eine Umfrage der „Welt“ bei vielen deutschen Onlinebrokern ergeben hat.

Aktien: Die neue Lust am Zocken

Die neuen Medien haben sicherlich dazu beigetragen, dass viele Menschen, die sich nicht so sehr mit dem Wirtschaftsteil von Zeitschriften beschäftigt haben, sich plötzlich mit dem Handel von Aktien auseinandersetzen. In sozialen Medien kursierten Berichte über rasante Gewinner der Hausse bei Tech-Aktien, für die Generation Smartphone kaum zu übersehen. Grundvoraussetzung ist natürlich das entsprechende Angebot von teilweise auch neuen Anbietern am Markt, zu supergünstigen Tarifen und mit spekulativen Produkten (CFDs) zu handeln. Wer von den Älteren unter uns erinnert sich noch an Zeiten, als die Handelsgebühr beim Handel mit Aktien bis zu einem Prozent des Volumens betrug – und dies praktisch zweimal (Kauf und Verkauf)?

Einige junge Börsenteilnehmer scheinen den Handel mit Aktien auch wie ein Computerspiel zu sehen, mit scheinbar mühelosen Gewinnen bei Aktien-Highflyern, die überall herumgereicht werden.

Die Hitliste der Onlinebroker

Wenn man sich die Liste der Aktien betrachtet, die nach einer Umfrage der Welt bei verschiedenen Onlinebrokern (Comdirect, Consors, Flatex, SBroker, ING, Smartbroker u.a.) die Trades in den neuen Depots bestimmen, so erkennt man eindeutig die großen Wetten auf die Zukunft – und dies oft richtig gehebelt: Natürlich an vorderster Front die Techwerte, wie Apple, Tesla und Amazon, Wasserstoff- und Brennstoffzellenfirmen wie Ballard Power und Plug Power, Impfstoffhersteller wie Nel ASA, Curevac und Biontech, Sondertitel wie Varta, die chinesische Xiaomi aber auch, man höre und staune, der Dax-Titel Bayer.

Kennzeichen der meisten Aktien ist der große Kursanstieg seit dem Märztief mit teilweise dreistelligen Kurszuwächsen:

Tesla plus 335 Prozent
Plug Power plus 217 Prozent
Nel ASA plus 140 Prozent
Xiaomi plus 120 Prozent
Varta plus 115 Prozent
Biontech plus 98 Prozent,
Apple plus 92 Prozent
Ballard Power plus 59 Prozent .. um nur einige der größten Kursanstiege zu nennen.

Aber, wie könnte es aufgrund des Rummels um diese beiden Aktienanders sein, auch wegen des Aktiensplits, in allen Depots der genannten Onlinebroker waren Apple und Tesla die am meisten gehandelten Werte in den Monaten Juli und August.

Was soll man zu dieser Auswahl sagen? Ja, das waren gute Trades, wie bei den RobinHoodies in den USA, vor allem bei den „First Movern“. Aber was ist mit den Späteinsteigern, die mit Hebeln arbeiten? Die letzten beiden Börsentage dürften einigen den Schreck in die Glieder getrieben haben, angesichts rasant geschrumpfter Wertstellung ihrer Aktien.

Was machen die Langfristanleger?

Trotz der immer steigenden Zahl von Aktiensparplänen – zum Beispiel auf das aktuelle Modeinvestment, den MSCI World – ist das Verhalten der deutschen Sparer immer noch von Skepsis gegenüber geprägt. Der unvorstellbar hohen Summe von zuletzt 2,4 Billionen Euro an Geldvermögen auf unverzinsten Spar- und Girokonten, standen bei der letzten großen Erhebung des Deutschen Aktieninstitutes etwa 10 Millionen Anleger in Dividendentiteln oder Aktienfonds gegenüber. Zurückhaltung ist aufgrund der heißgelaufenen Börsen sicher keine schlechte Strategie, ganz im Buffettˋschen Sinne.

Vor allem mit Blick auf eine übergeordnete Perspektive: Wie sieht die Entwicklung des so überragenden Tech-Überindex Nasdaq 100 seit 2009, dem Tief der Finanzkrise aus? Ein Anstieg von 1043 Punkten im Tief auf zuletzt 12.420 Punkte am bisherigen Top. Was für eine Entwicklung, bei einem Index, nicht bei einem Einzelwert!

Fazit

Auch wenn das Digitalzeitalter viele neue Entwicklungen hervorbringt, wie zum Beispiel das Smartphone als allgegenwärtiges „Spielzeug“ und zuletzt als Plattform für Börsenzocks, so ist eines vermutlich unabhängig von der Technik: Wenn eine Hausse, wie bei den Hightechs in den USA richtig heißläuft, ruft dies jede Menge Glücksritter auf den Plan, die glauben erkannt zu haben, dass man mit Aktien rasch reich werden kann (so etwa in den USA David Portnoy). Keine neue Entwicklung, denn dies hat es bereits bei der Internet-Bubble um die Jahrtausendwende gegeben oder sogar schon vor 1929, zu Zeiten von altertümlichen Handelssystemen – aus heutiger Sicht. Jede Börsenhausse verläuft anders, historische Erkenntnisse werden durch neue Entwicklungen entwertet (wie Internet, Options-oder Algo-Handel), aber eines bleibt immer gleich: Menschliches, von Angst und Gier getriebenes Verhalten.

Schnell reich werden an der Börse mit Aktien, ein ewiger Traum.

Was sich aber für die Masse immer wieder als Chimäre erweisen wird – und die letzte Woche war so etwas wie ein Vorgeschmack darauf. Egal mit welchen technischen Mitteln man am Markt zockt.

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