Aktien

Aktien: Die Rally aus übergeordneter Sicht

Warum die Rally nicht so irrational ist wie Pessimisten glauben!

Persönliche Anmerkungen:

Auch wenn mancher Kommentator bei FMW zu der Ansicht gelangt sein könnte, der Verfasser dieser Artikel sei zum Superbullen mutiert –  dem ist beileibe nicht so. Nach Abertausenden von Stunden Beschäftigung mit dem Thema Börse und der Auseinandersetzung mit den Thesen von Wirtschaftsnobelpreisträgern wie Eugene Fama oder Robert Shiller oder dem Verhalten von Superinvestoren wie Warren Buffett oder Ray Dalio, bin ich zu der Erkenntnis gelangt, dass Markt-Timing nicht zum Erfolg führt (Einzelphasen und Glückstreffer einmal ausgenommen).

An der Börse gelten kurz- und mittelfristig keine wissenschaftlichen und fundamentalen Gesetze! Auch Börseninformationen sind bei ihrer Verbreitung schon zu 90 Prozent eingearbeitet und bieten daher keinen echten Mehrwert mehr. Es gilt vielmehr das Prinzip der Reflexivtät, das heißt die Marktteilnehmer bestimmen das Niveau der Kurse aus psychologischen oder markttechnischen Zwängen (anders der Rentenmarkt, der eindeutig von den Notenbanken manipuliert wird, dafür aber auch für die Zwangslage an den Aktienmärkte verantwortlich zeichnet).

Die Schläue von Investoren spielt kurzfristig nicht die entscheidende Rolle: selbst Warren Buffett hat einmal in einem Interview zugegeben, vor Markteinbrüchen immer zu früh auf der Gegenseite zu stehen. Langfristig setzten sich bisher aber immer die Faktoren wie Gewinne oder das KGV durch. Wann hat sich seit dem Zweiten Weltkrieg jemals ein Kurs/Gewinnverhältnis von 30 bei Indizes über längere Zeit gehalten? Es kam immer die schmerzhafte „Reversion to the mean“.

Deshalb verkaufe ich bereits seit einiger Zeit meine Investitionen in Aktien-Engagements in die Stärke hinein, wie in einem Sparplan nach oben. Auch wenn das (teilweise) Geldparken renditeschröpfend ist.

Das große Markttiming funktioniert nicht, dies ist meine Erfahrung nach den letzen vier Börsenzyklen, die Cost Average-Methode dagegen schon. Aber vielleicht ist dieses Mal wirklich alles anders (Scherz)? Daran ändert auch nichts die Möglichkeit eines Crack-Up-Booms mit noch einmal höheren Kursen, denn der würde das Korrekturpotenzial nach unten noch einmal drastisch vergrößern.

 

Fazit

Aus meiner jetzigen Sicht werden wir 2020 ein richtig volatiles Jahr bekommen, in dem sich die Schere zwischen Aktien und Unternehmensbewertung schließen und wieder öffnen wird. Der große und unvermeidliche Einbruch wird dann kommen, wenn die (Kapitalmarkt-)Zinsen steigen, die Zombiefirmen kollabieren, der Verbraucher den Gürtel enger schnallen muss und/oder es zu einer echten Rezession kommt. Auch das ist 2020 möglich. Dann sind auch die Notenbanken machtlos. Vorher wird man alle Maßnahmen ausschöpfen – Japan lässt grüßen.

Deshalb ist eine kurzzeitige Katastrophenhausse gar nicht so abwegig, auch in Europa, sollten neue Allzeithochs erreicht werden, bei einem Geldmarkt, der das Geldhorten mit Abgaben bestraft. Wie schmerzhaft würde dabei das Zuhören derer ausfallen, die von ihren Aktiendepots schwärmen, während man gleichzeitig eine Schrumpfung des eigenen Depots (bei der bevorstehenden Einführung von noch mehr Minuszinsen für Jedermann) konstatiert.

Die Verlustaversion ist psychologisch eine unglaublich ausgeprägte negative Emotion und bei weitem stärker zu quantifizieren als die Freude über Gewinne. Nobelpreisträger Daniel Kahnemann und sein Nachfolger Richard Thaler haben darüber zahlreiche Kapitel verfasst. Dergleichen haben die Älteren unter uns in den Jahren 1999 bis Anfang 2000 erleben können. Werden wir erneut in diesen Taumel geraten?

Der S&P 500 ist nach derzeitigem Stand auf dem Weg seine beste Performance seit 1997 hinzulegen – und das in einem Jahr des ständig eskalierenden Handelsstreits und sinkender Gewinnerwartungen. Wenn das kein Beweis für die Bedeutung des monetären Faktors ist!

Klar wird die ganz große Korrektur kommen, aber wann? Selbst Warren Buffett sitzt jetzt schon seit vier Jahren auf jeder Menge Cash, welches in den USA bisher wenigstens noch einigermaßen verzinst wurde. Einfach weil er keine vernünftige preiswerte neue Anlagemöglichkeit findet. Seine Performance hat er mit Firmen erzielt, die besonders hohe Aktienrückkäufe getätigt haben (z.B. Apple). Eine derartige Situation hat er aber seit seinem Beginn bei Berkshire Hathaway im Jahr 1962 selbst noch nicht erlebt. Aber er steigt nie komplett aus dem Markt aus.

Die Marktwirtschaft kann mit Mini- oder Minusszinsen nicht umgehen. Aber was sollen dann erst europäische Großanleger machen?

Jeder, der in diesem Moment konkrete Ziele vorgibt, begibt sich auf das Terrain der Propheterie. Befanden sich vor Kurzem nicht schon ein Viertel aller Staatsanleihen weltweit im negativen Bereich? Wie schon oft gehört, es ist derzeit ein Notenbankexperiment ohne historisches Beispiel. Aber es gibt immer welche, die einen konkreten Zeitplan für dessen Ausgang (zu) kennen (glauben).

Außer, und dieses Argument muss ich immer wiederholen, wenn es zu einer ausgeprägten Rezession kommt. Dann ist das Thema Katastrophenhausse erledigt, denn es gab nach dem letzten Weltkrieg noch keine Rezession, ohne dass es vorher zu einem Kurseinbruch an den Börsen gekommen ist. Notenbankpolitik hin oder her!

Die Rally der Aktien aus übergeordneter Sicht



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10 Kommentare

  1. Man sollte allerdings den Fehlschluß vermeiden, Alternativlosigkeit mit Risikolosigkeit gleichzusetzen.

  2. Man braucht doch gar nicht viel Fantasie um die unendliche Housse der Aktien zu begründen. Man nehme einfach mal eine Nationalbank mit ihrer Gelddruckmaschine und kaufe sich in alle wichtigen Branchen dieser Welt über Aktien ein. Gläubiger die einen Rückzahlungstermin anmahnen gibt es dann ja auch nicht, oder? Auch Insolvenzen sind keine Probleme für gedrucktes Geld…
    Dann kommt so langsam die unendliche Geschichte an die Oberfläche die zeigt, dass sich der grösste Staat dieser Erde über viele Stillhalter in die wichtigsten Konzerne und Technologien dieser Welt eingenistet hat und weiter tut… Das ergibt eine Strasse aus Seiden, mit liebevoll lächelnden neuen Besitzer der Westtechnologien, aber ein Drache sobald man etwas von ihnen will.
    Gelddrucken gibt es in der Theorie der Ökonomen gar nicht, deshalb existiert auch keine längst überfällige Reaktion auf die aktuellen Vorgänge.
    Ich setze mich dafür ein, dass die Leute an den Spitzen von Nationalbanken dringend einen Intelligenztest absolvieren sollten.

  3. Ich würde einen Handwerker als Notenbankchef vorschlagen, der wüsste nämlich ganz genau, dass man aus Nichts ohne Arbeit Nichts machen kann. ( Gelddrucken ohne Hinterlegung eines Gegenwertes )

  4. Also normalerweise löst der Aktienmarkt als Vorläufer die Rezession aus.Jetzt unterdrückt man die Aktienkorrektur, wenn dann die Rezession trotzdem kommt, werden die Aktien nachträglich im so heftiger reagieren.

  5. Man kann es auch als Zweikampf zwischen Notenbanken und Konjunktur ansehen. Die letzte Geldflut der Notenbanken hat offensichtlich die Manager wieder optimistischer in die Zukunft sehen lassen, und so zu einem Stop der Wirtschaftsschrumpfung geführt. Man darf die Psychologie dabei nicht unterschätzen. Ob aber die Weltwirtschaft wirklich mit dieser Geldflut noch einmal in ein nachhaltiges Wachstum gepusht werden kann, ist zu bezweifeln. Wenn die realen Wirtschaftsdaten keine deutliche Verbesserung anzeigen, oder vielleicht sogar schlechter werden, dann dürfte es ungemütlich an den Börsen werden. Die Frage ist, wieweit die Notenbanken es noch treiben wollen, und wie groß der daraus resultierende Effekt ist. Beim Helikoptergeld als ultimative Kapitulation wäre dann wohl der Ofen aus – nur mit dem Ende einer Hyperinflation statt einer Deflation in Richtung Depression.

  6. @ Columbo. Richtig , wenn Alle etwas hoch bewertetes kaufen, nur weil alles Andere noch höher bewertet ist, wird dieses ALTERNATIVLOSE sehr schnell ALTERNAIVLOS.
    Vor allem US Aktien sind nicht mehr erste Priorität u.gemäss J. Gundlach werden diese am meisten leiden wenn es korrigieren sollte. Können sich dann die andern Regionen abkoppeln? Die letzte kleine Immokrise in den USA hat doch im 2008 auch die ganze Aktienwelt erschüttert. Die Trump- Blase wird den ganzen Erdball
    erschüttern.

  7. Herr Müller, sie meinen immer wieder, dass es nur bei einer Rezession abwärts gehen wird. Es ist aber doch so, dass die Rezession erst nach dem Abschwung an den Börsen sichtbar wird. Wie soll das dann also gehen? Irgendwas muss sich vom anderen abkoppeln!

    1. @Gixxer
      Ich glaube wir müssen uns von jeglichen Regeln verabschieden. Die Aktienkurse bleiben in jedem Falle oben. Bei einer atomaren Auseinandersetzung zwischen USA und China oder beim Verglühen der Erde in der Sonne, gäbe es vielleicht eine klitzekleine Korrektur. Bei einer Besetzung der Erde durch Aliens hingegen würden die Kurse stark steigen.

      1. …. weil die Erde wieder eine Zukunft hätte????

  8. @Gixxer. Hallo, ich glaube Sie haben mich etwas missverstanden. Korrekturen an den Aktienmärkten bis zum Bärenmarkt passieren öfters, ohne dass es anschließend zu einer Rezession kommt. Aber dass eine Rezession ins Haus steht, ohne dass es vorher zu einem Aktieneinbruch kommt, wäre schon äußerst ungewöhnlich. Meines Wissens nach gab es in den letzten Jahrzehnten nur einen Fall, in dem Rezession und Aktieneinbruch im selben Monat starteten. Die Erklärung ist relativ einfach. In einem Großunternehmen gibt es so viele Aktionäre, die natürlich merken, wenn es zu so einem starken Geschäftseinbruch kommt, wie er bei einer richtigen Rezession der Fall ist. Selbst der Pförtner oder die Logistiker merken, wenn die Umsätze einbrechen. Von der Einkaufsseite, der Verwaltung oder den Personalern gar nicht zu reden. Und so viele richtige Rezessionen gab es auch noch nicht in unserem Leben. In den USA waren es in über 100 Jahren gerade mal 12.
    Grüße

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