Die europäischen Aktienmärkte haben die US-Börsen erneut abgehängt. Seit dem Crash Anfang April haben sich europäische Aktien, allen voran im Deutschen Aktienindex (Dax), deutlich besser entwickelt als ihre amerikanischen Pendants. Während der Dax am Dienstag an seinem Rekordhoch kratzte, ist der US-Leitindex S&P 500 noch mehr als 8 Prozent von seinen Höchstständen entfernt. Schon vor der scharfen Korrektur im April schnitten Aktien in Europa besser ab – ein Trend, der sich fortsetzen könnte? Trotz des deutlichen Performance-Unterschieds hält der BofA-Handelschef die Umschichtung aus den USA noch für marginal. Doch die Bank baut ihr Engagement in Europa nicht ohne Grund aus.
Verlagerung aus den USA nach Europa
Laut einem Bericht von Bloomberg ist der Leiter der EMEA-Märkte (Europe, Middle East, and Africa) der Bank of America der Ansicht, dass der jüngste Anstieg des Interesses an Europa nicht unbedingt der Beginn einer dauerhaften strukturellen Verlagerung ist.
Allerdings verzeichnete der Geschäftsbereich im ersten Quartal ein Gewinnwachstum von 23 % und damit den besten Jahresauftakt seit seiner Gründung. Laut Brian Weinstein gibt es jedoch zu wenig Beweise, um die weit verbreitete Behauptung zu untermauern, dass eine umfassende und dauerhafte Verlagerung von Kapital aus den USA nach Europa bereits im Gange ist.
Viele institutionelle Investoren verharrten in einer abwartenden Haltung gegenüber der Region, so Weinstein. „Gibt es strukturelle Verschiebungen? Nein, es fließt nur ein bisschen Geld nach Europa.“
Die BofA hat in allen Anlagebereichen Gewinne erzielt, von Zinsen und Krediten bis hin zu Aktien und Devisen. Auch andere Banken verbuchten einige der besten Ergebnisse seit Jahren, angekurbelt durch den boomenden Handel, da die Kunden auf die Versuche von US-Präsident Donald Trump, den Welthandel neu zu ordnen, schnell reagierten.
Der im März angekündigte Plan Deutschlands, die Ausgaben für Infrastruktur und Verteidigung zu erhöhen, habe bei den Kunden ebenfalls eine Welle des Optimismus über die Wachstumsaussichten der Eurozone ausgelöst und das Interesse an europäschen Aktien erhöht, so Weinstein weiter.

Ströme in US-Aktien bleiben hoch
Nach den von der BofA zusammengestellten EPFR-Daten flossen in den drei Wochen bis zum 30. April 3,4 Mrd. USD in europäische Aktien und 8,9 Mrd. USD in US-Aktien. Auf Nettobasis verzeichneten US-Aktienmärkte im bisherigen Jahresverlauf mit rund 146,3 Mrd. USD jedoch immer noch die höchsten Zuflüsse, mehr als viermal so viel wie in Europa.
Die Kunden sind weiterhin besorgt über die kurzfristigen wirtschaftlichen Aussichten in Europa, da die US-Zölle nicht verschwinden werden, selbst wenn ein Deal mit Trump zustande kommt. Auch wenn es den Beamten der Europäischen Union gelingt, ein Handelsabkommen mit Trump auszuhandeln, werden die Zölle höher sein als in der Vergangenheit und das Wachstum bremsen. Händler wetten darauf, dass die Europäische Zentralbank die Zinsen in diesem Jahr noch zweimal um einen Viertelpunkt senken wird, wobei sie die Wahrscheinlichkeit einer dritten Senkung des Einlagensatzes auf 1,5 Prozent auf etwa 50 Prozent schätzen.
Auch in den USA nehmen die Zinssenkungserwartungen aufgrund der Sorge vor einer konjunkturellen Abkühlung zu. So rechnen die Marktteilnehmer mit drei Zinssenkungen bis zum Jahresende, obwohl die Fed nur zwei Zinsschritte signalisiert hat. Neue Hinweise auf die Geldpolitik der Fed dürfte der Zinsentscheid am Mittwoch bringen.
Weinstein zufolge gibt es auch seit langem Bedenken, dass die Europäische Union es versäumt hat, einen jahrzehntealten Plan zur Reform der Kapitalmärkte umzusetzen, wie z.B. die Straffung der Regulierung, um Investitionsströme zu fördern.
BofA verstärkt Engagement in Europa
Noch bevor das Narrativ des amerikanischen Exzeptionalismus zu bröckeln begann, leitete die BofA eine Überprüfung ihres EMEA-Geschäfts ein, um sich einen größeren Marktanteil zu sichern. Weinstein, der seit 31 Jahren für die BofA tätig ist, trat seine neu geschaffene Position im November an und leitet die Bemühungen, die Effizienz zwischen den Handelseinheiten für Aktien, festverzinsliche Wertpapiere, Rohstoffe und Währungen (FICC) zu steigern.
Die BofA konzentriere sich vor allem darauf, in den Bereichen Zinsen und Devisenhandel Boden gutzumachen, sagte Weinstein, wobei Investitionen in Technologie und elektronischen Handel die „Schlüsselkomponente“ seien, um mehr Geschäft zu gewinnen.
„Wir sind eine führende Bank, wenn es darum geht, Kunden in der ganzen Welt zu bedienen, aber wir sind in dieser Region zurückgefallen“, sagte Weinstein. „Unser Ziel für die nächsten drei Jahre ist es, diese Lücke deutlich zu schließen.
FMW/Bloomberg
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Die Outperformance von EU- Aktien ist unerklärlich und wird nur von kurzer Dauer sein.Mit den Russlandsanktionen hat man die EU von billigen Rohstoffen und Energie abgeklemmt und einen Keil zwischen Russland und der EU getrieben. Die EU wird zwischen China und Amerika zerrieben, sie ist zwischen Stuhl und Bank. Stehen sie weiter zu Amerika, werden sie von den Amis ausgenutzt und wenn sie mit China handeln wollen gefällt das den Amis nicht. Die EU wäre gross und stark, wenn sie den langjährigen Energielieferanten Russland hätte behalten können.