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Aktienmärkte 2021: Müssen Tech-Werte endlich korrigieren?

Die großen US-Techwerte haben eine gigantische Periode an Wertzuwächsen erlebt und waren damit die entscheidenden Treiber für die Aktienmärkte. Kommt die Korrektur?

Die großen US-Techwerte – abgekürzt zunächst als GAFA, dann FAANG und zuletzt FANGMA – haben eine gigantische Periode an Wertzuwächsen erlebt und waren damit die entscheidenden Treiber für die Aktienmärkte. Inzwischen haben die FANGMA eine Marktkapitalisierung von über sieben Billionen Dollar für Facebook, Apple, Netflix, Google, Microsoft und Amazon – und dabei ist nicht einmal Tesla in dieser Aufstellung enthalten, nach der wundersamsten Hausse des letzten Jahres für einen Blue Chip. Erinnerungen an die Dotcom-Blase werden wieder wach. 2021, das Jahr der Korrektur der Aktienmärkte, ausgelöst durch die Tech-Werte?

Aktienmärkte: Elf Jahre Anstieg an der Nasdaq

Besser gesagt, fast 12 Jahre ist es bereits her, seit der US-Aktienmarkt am 9. März 2009 sein Tief bei der Finanzkrise erreicht hatte. Noch einmal zur Verdeutlichung: Der S&P 500 notierte damals bei 676 Punkten, der Nasdaq 100 bei 1043 Punkten. Und wo stehen die Indizes heute? Der S&P bei 3700 Punkten, der Technologieindex bei über 12700 Punkten. Hier sieht man auch die große Outperformance von Growth zu Value. Eine Verfünffachung beim großen Index, eine Verzwölffachung beim Nasdaq 100. Wenn man sich einige Einzelwerte ansieht, wird einem schwindlig: Amazon stieg von seinem Tief im Jahr 2009 von 35 Euro auf 2970 Euro, Apple von 2,18 Euro auf 113 Euro im Dezember 2020.

Das Coronajahr 2020 hatte viele der Highflyer an der Nasdaq noch einmal gewaltig nach oben getrieben, Apple und Amazon noch einmal um über 80 beziehungsweise über 70 Prozent und viele weitere „Stay-at-Home-Titel“. Erinnerungen an die 1990-er-Jahre werden wach, mit dem großen Einbruch der Aktienmärkte zwischen 2000 und 2003, der NASDAQ verlor über 80 Prozent, selbst der Dax stürzte über 72 Prozent in die Tiefe.

Das Auseinanderlaufen von Realwirtschaft und Börse

Unabhängig von den Antriebsfaktoren billiges Geld und „Alternativlosigkeit der Aktienanlage“ gibt es eine deutliche Divergenz zwischen dem Anstieg der Gewinne und den zugrundeliegenden Börsenkurse. Die Kurse an der Nasdaq haben sich seit 2019 verdoppelt, die Unternehmensgewinne sind insgesamt nur um zehn Prozent gestiegen. Das KGV des Technologieindex liegt über 30, bei einem 10-Jahresdurchschnitt von 19. Eine Bewertung, die von einigen Einzelwerten noch deutlich getoppt wird, nicht zuletzt von einer Aktie, die sinnbildlich für die Euphorie an der US-Börse steht.

Tesla, die Aktie des Jahrzehnts?

Bereits vor einem halben Jahr hatte ich angemerkt, dass es mit dem Kursanstieg von Tesla so nicht weitergehen könne. Sonst wäre man in ein paar Monaten so hoch bewertet wie alle Automobilhersteller zusammen. Jetzt ist es dennoch dazu gekommen. Ein Unternehmen, welches im Jahr 2020 – 499.500 Automobile verkauft hat und damit originär keine Gewinne erzielt hat (Stichwort CO2-Zertifikate), ist auf eine Bewertung geklettert, wie die Produzenten von über 60 Millionen Pkws zusammen, die dabei noch akkumuliert Gewinne in zweistelliger Milliardenhöhe eingefahren haben. Im Jahr 2020 – 743 Prozent Kursanstieg, die Mutter aller Fahnenstangencharts – bei einem Blue Chip. Ein Aktienkurs von 730 Dollar, korrelierend mit einem Börsenwert von 670 Milliarden Dollar. Auch wenn eine Kombination von vielen Faktoren, wie zum Beispiel die hohe Shortquote zu diesem Kursanstieg geführt hat: die Frage ist nur, wann kommt es zu der Anpassung zwischen „Price and Value“? Selbst wenn es Tesla gelingen sollte, fünf Jahre lang die Produktion zu verdoppeln, hätte man erst ein Viertel der globalen Kfz-Produktion erreicht!

Irrational Exuberance, irrationaler Überschwang

Ein Ausspruch des bereits über 94-jährigen Ex-Fed-Chefs Alan Greenspan, kommt heutzutage zu neuen Ehren. Denn der Mann, der eigentlich der Initiator der vielen Leitzinssenkungen in den USA war, brachte diesen Ausspruch im Jahr 1996, im Bewusstsein einer hohen Börsenbewertung, die nach seiner Ansicht zu einer gefährlichen Blase der Aktienmärkte führen könnte. Hier sieht man die Problematik der Gegenwart. Der Dow Jones stand damals bei 6000 Punkten, der DAX bei 2700. Die Blase platzte im Frühjahr 2000, bei Indexständen von 11.000 (Dow) und 8000 (Dax). Ausgelöst auch durch Greenspan, der die Leitzinsen auf 6,5 Prozent angehoben hatte und den vielen spekulativen Werten den Garaus machte. Eine Euphorie kann lange andauern (besonders fatal für „Shorties“). Dazu die inflationär verwendete Binsenwahrheit: Die Aktienmärkte können länger irrational sein, als man selbst liquide ist.

Fazit

Die Entwicklung der Tech-Aktien aus Jahres- oder Dekadensicht ist atemberaubend und ruft schon aus mathematischen Gründen nach einer Korrektur. Aber wie das Beispiel aus den 90-ern zeigt, „wer zu früh aussteigt, den kann das Leben auch bestrafen“. Wir haben immer noch so extrem niedrige Zinsen, die nicht nur die Zombiefirmen am Leben lassen, sondern auch die Minigewinne der Unternehmen aufgrund der Abdiskontierung attraktiv gestalten – noch.

Daher hat die Aussage des Beraters der Allianz, des Ökonomen Mohamed El-Erian, am gestrigen Tage zweifelsohne fundamentale Bedeutung: „Die Aktienmärkte können sich nicht ewig von der Realwirtschaft entkoppeln.“ Möglich wäre eine Synchronisation über einen starken Anstieg der Gewinne, eine lange Seitwärtsbewegung der Kurse mit erratischen Schwankungen oder mittels einer heftigen Bereinigung der Aktienmärkte.

Wenn Derivate im Spiel sind, spricht wie immer vieles für die harte Variante. Auch wenn niemand den Zeitpunkt der Bereinigung voraussehen kann. Mit einer alles überragenden Häufigkeit war es im letzten Jahrhundert stets ein Zinsanstieg (am Kapitalmarkt genügt), der der Börsenschwerkraft wieder zur Geltung verholfen hat: There ˋs no such thing as a free lunch!

Was machen die Aktienmärkte, wenn die Tech-Werte im Nasdaq korrigieren?



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