Die überraschende Erholung der Aktienmärkte im vergangenen Monat wurde größtenteils von Privatanlegern an der Main Street getragen, die nach dem Kurseinbruch Anfang April alles kauften, was sie kriegen konnten, während professionelle Fondsmanager US-Aktien verkauften, da sie zunehmend eine Abschwächung der US-Wirtschaft und Störungen durch den von Trump angezettelten Handelskrieg befürchteten. Nach der kräftigen Erholung des S&P 500 in den letzten Wochen stehen Anleger vor der Frage: Kaufen und der abebbenden Rally hinterherlaufen oder sich von den Aktienmärkten fernhalten?
Aktienmärkte: Kaufen oder wegbleiben?
Trotz der starken Erholung des S&P 500-Index, der seit seinem Tiefststand am 8. April innerhalb eines Monats um 14 Prozent gestiegen ist, nimmt die Liquidität an der Seitenlinie weiter zu, und an der Wall Street wird darüber diskutiert, ob und wann man wieder in die Aktienmärkte einsteigen sollte, so ein Bericht von Bloomberg.
„Es ist so schwierig“, sagt Ken Mahoney, CEO von Mahoney Asset Management. „Es gibt keine Anleitung, wie man damit umgehen soll.“
Mahoney hält rund 40 Prozent Cash, hat aber widerwillig begonnen, billigere Software-Aktien zu kaufen. Nicht nur er, auch immer mehr institutionelle Investoren, die von den Zollankündigungen von Präsident Donald Trump und den Spekulationen über den Zinspfad der US-Notenbank verunsichert wurden, steigen wieder in die Akteinmärkte ein.
Der Grund dafür ist, dass die „Cut-to-the-Bone“-Positionierung vielen von ihnen den Weg zurück auf die Käuferseite geebnet hat. Weiteren Kursgewinnen an den Aktienmärkten steht eigentlich wenig im Wege, da Händler ihre Absicherungen gegen Kursverluste weiter auflösen und systematische Fonds beginnen zu kaufen, während Privatanleger schon seit Wochen alles von Big Tech bis zu Industrie-Aktien jagen.
„Dies ist eine ungeliebte Rally“, sagte Colton Loder, Geschäftsführer der alternativen Investmentfirma Cohalo, am Telefon. „Aber allein die Tatsache, dass die Positionierung so stark reduziert wurde, wird in den kommenden Wochen wahrscheinlich zu Käufen führen, unabhängig davon, welche handels- oder geldpolitischen Nachrichten kommen.“
Volatilität sinkt, aber Ungewissheit bleibt
Darüber hinaus fiel die realisierte Volatilität des S&P 500 auf Sicht von einem Monat am Donnerstag um 17 Punkte, nachdem der sogenannte VIX am 9. April den höchsten Stand seit dem Corona-Crash erreicht hatte. Ein Rückgang der realisierten Volatilität führt zu einer raschen Normalisierung der Risikoprämienmodelle und ermöglicht es den Anlegern, ihr Engagement zu erhöhen. Ein starker Rückgang der Volatilität geht meistens auch mit einem Anstieg der Aktienmärkte einher.

„Es geht nicht darum, mehr Risiken einzugehen“, sagte Mahoney. „Wir bauen Cash auf, die wir nutzen können, wenn wir gezwungen sind, Erholungen wie jetzt zu kaufen. Aber wir bleiben vorsichtig.“
Das Zögern der Fondsmanager rührt daher, dass sie darüber diskutieren, wann sie das Ausmaß der möglichen Zinssenkungen der Fed in diesem Jahr neu bewerten sollen. Die Wall Street geht davon aus, dass die Fed die Zinsen im Juli senken wird, aber Fed-Chef Jerome Powell und seine Kollegen betonen, dass sie mehr Klarheit über die Wirtschaftsdaten abwarten wollen.
„Die Ungewissheit ist in der Wirtschaft immer noch allgegenwärtig, und Geschäftskontakte sagen mir, dass sie erwarten, dass die Ungewissheit länger andauern wird, als sie zu Beginn des Jahres erwartet haben“, sagte der Präsident der Atlanta-Fed, Raphael Bostic, am Freitag in einem Blogeintrag. „Ich glaube nicht, dass es klug ist, die Geldpolitik anzupassen, wenn der weitere Weg so unklar ist.“
Penny Pennington, Managing Partnerin bei Edward Jones, erörtert auf Bloomberg Television, wie man in volatilen Zeiten investiert.
Kleinanleger kaufen
Die Privatanleger sind die einzige Gruppe, die sich weder von der Fed noch von Trumps Handelspolitik beeindrucken lässt. Als die Aktienmärkte Ende Februar stark einbrachen, kauften Privatanleger, während institutionelle Investoren in einem Rekordtempo US-Aktien abstießen. Bei der Bank of America kauften Privatanleger bis zum 2. Mai 21 Wochen hintereinander Aktien – die längste Kaufserie in der Geschichte des Unternehmens, die bis ins Jahr 2008 zurückreicht.
Ein Beispiel ist Jay Rice, ein 64-jähriger ehemaliger Wall-Street-Broker, der als Daytrader in Cave Creek, Arizona, arbeitet. Er investiert in Nvidia und Amazon.com und teilt seine großen Transaktionen in kleinere auf, um die zugrunde liegende Volatilität auszugleichen.
„Wenn es so turbulent zugeht, ist es viel schwieriger, Trades zu platzieren, aber ich liebe es“, sagte Rice am Telefon. „Das ständige Hin und Her um Trumps Handelsdrohungen kann die Dinge so schwierig machen, aber ich kaufe immer noch.“

Commodity Trading Advisors (CTAs), die sich eher an der Richtung der Aktienmärke als an fundamentalen Faktoren orientieren, kehren nach Angaben der Handelsabteilung von Goldman Sachs allmählich zurück. Ein historischer Ausbruch der Volatilität ausgelöst durch die Trump-Zölle hat sie dazu veranlasst, die meiste Zeit dieses Jahres zu verkaufen, aber ihr Aktienengagement hat sich leicht erhöht, obwohl es im Vergleich zu den Messwerten der letzten fünf Jahre niedrig bleibt, so die UBS Group AG.
Andere Aktienstrategien bleiben dagegen eher neutral.
Warten auf Erschöpfung
„Man kann nicht immer auf diese FOMO-Rallys setzen“, warnt Stephanie Lang, Chief Investment Officer bei der Vermögensverwaltung Homrich Berg, die wegen der besseren Gewinnaussichten defensive Unternehmen wie den Gesundheitssektor und Versorger bevorzugt.
An der Wall Street studiert man nun die Charts, um herauszufinden, wie weit die Aktienmärkte noch steigen könnten, bevor die Käufer ausbleiben. Bram Kaplan von JPMorgan geht davon aus, dass CTAs kurzfristig zu Käufern werden, wenn der S&P 500 die 5.800er-Marke erreicht, was etwa 2,5 Prozent über dem Schlusskurs vom Freitag (5.660) liegt. Der US-Leitindex liegt immer noch fast 8% unter seinem Allzeithoch vom 19. Februar.
Im März fiel der S&P 500 unter seine Aufwärtstrendlinie, die mit dem Beginn des jüngsten Bullenmarktes im Oktober 2022 beginnt. Um dies wieder auszugleichen, müsste der S&P 500 wieder über 6.000 steigen, was Loder von Cohalo für eine weitaus schwierigere Hürde hält.
Und dann gibt es noch Marktbeobachter wie Dennis Debusschere, Gründer von 22V Research, der einer seiner Meinung nach abebbenden Rally nicht hinterherlaufen will. Da die Zölle nach wie vor ein großes Risiko sind und die Fundamentaldaten der Aktienmärkte schwach bleiben, drängt sein Unternehmen auf Leerverkäufe in den risikoreichsten Bereichen, etwa bei Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung.
„Wir versuchen einfach, das alles unbeschadet zu überstehen“, sagt Mahoney. „Alles kann sich im Handumdrehen durch einen Tweet von Trump wieder ändern.“ Die nächste Richtungsentscheidung könnte bereits am Montag fallen, je nachdem, wie die Handelsgespräche zwischen den USA und China am Wochenende ausgehen.
FMW/Bloomberg
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Wirklich schwierige Situation. Ohne passablen Rücksetzer, werden es die Indizes schwer haben weiter nach oben zu krabbeln. Ich bin wie angekündigt, letze Woche Short eingestiegen bei DAX, DOW, SMI und ein wenig Eurostoxx 50. Der DAX kursiert momentan leicht über dem Hoch vom Montag, der DOW leicht darunter, nur der SMI hat wie erwartet schön korrigiert. Bei DAX und DOW konnten jedoch immerhin zwischenzeitliche Abverkäufe mit Gewinnmitnahmen für gute Laune sorgen. Ich bleibe weiterhin Short bis zur Vollendung des Rücksetzers, um mich danach wieder neu zu orientieren, ggf. sogar wieder Long für die Verlängerung der Fahnenstange einzusteigen. Vor einigen Wochen habe ich von einem Melt-up gesprochen. Mal sehen ab wann die Wachsflügel von Ikarus beginnen zu schmelzen. Weich sind sie auf jeden Fall schon.
Es könnte natürlich sein, daß das Smart-Money, welches jetzt an der Seitenlinie steht und den Kursen hinterherschaut, irgendwann zwangsläufig einsteigen muß, um wieder in den Markt zu kommen. Die Zölle müssen nicht zwangsläufig ein Fluch für die Indizes sein, sie können auch ein Segen sein. Hat nicht Merz erst gerade eben mit Trump telefoniert und durchblicken lassen, daß er einen Handel zwischen USA und Europa gänzlich ohne Zölle favorisiert. Was würde dann an den Märkten abgehen ?
Sell the Rally.
@ Permanix. Bleibt zu hoffen, dass Sie nur kommentieren und nicht auch praktisch am Markt tätig sind, sonst müsste ich mir um Ihre emotionale Ausgeglichenheit Sorgen machen. Sie sind ja angeblich bereits längst short gegangen.
@Wiener. Sell the Rally.
Letzte Woche gab es bereits im DAX einen Abverkauf von 500 Punkten, gestern nochmal.
Im DOW gab es letzte Woche einen Abverkauf von 750 Punkten.
Der SMI hatte letzte Woche gut 300 Punkte verloren.
Ich wäre an Ihrer Stelle vorsichtig damit, momentan Long zu gehen. Auch wenn ich die Wochen davor strong Long war, ist es nun aus meiner Sicht besser, die Hochpunkte zu shorten.
@ Wiener, keine Sorge, Permanix kennt die Ein- und Ausstiegspunkte und kritisiert die Vorsichtigen,die gestuft vorgehen.
@ Matthias, glaubst du wirklich, dass ein Profi der die grosse Rally von fast 20% verpasst hat jetzt noch gross einsteigt? Es ist doch typisch eine Distributionsphase, die kleinen Fische kaufen jetzt und dieGrossen können wieder hoch verkaufen.Dein erwarteter Segen der Zölle wird noch segensreich sein. Was würdest du sagen, wenn man die Zölle beim Namen nennen würde und sie als Steuer der Unterschicht bezeichnen würde? SONDERVERMÖGEN , ZÖLLE, alles segensreich, der nächste Diebstahl an der Unterschicht wird die steigende Inflation mit stagnierenden Löhnen wegen Rezession sein. Die Suche nach einem positiven Ausdruck für diese Situation wird noch gesucht.