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Aktienmärkte: Ausbruch – oder drücken Gewinnmitnahmen bei Tech?

Geldpolitik und Fiskalpakete

Derzeit herrscht auch auf Seiten der Notenbanken Unsicherheit darüber, wie sich die Konjunktur in der Corona-Pandemie entwickeln wird. Die Geldpolitik diesseits und jenseits des Atlantiks verharrt erst einmal in Warteposition.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde erklärte nach ihrer Zinssitzung am Donnerstag, dass man bereit sei, notfalls alle ihre Instrumente anzupassen. Erst im Juni war das große Notfall-Anleihenkaufprogramm PEPP um 600 Milliarden Euro auf 1,35 Billionen Euro angehoben worden und die Käufe wurden bis mindestens Ende Juni 2021 verlängert. Bei der Federal Reserve ist vorerst auch Abwarten angesagt, die Bilanz der Notenbank hat sich zuletzt sogar verringert.

Bei den staatlichen Hilfsprogrammen wird hektisch hin und her diskutiert und in den Parlamenten verhandelt. Für die USA von großer Bedeutung, denn bereits Ende Juli laufen die generösen Programme zur Unterstützung der Arbeitslosen (600 Dollar pro Woche) aus. Hatte sich deren Konsum in den letzten Wochen nicht sogar als Stütze der Konjunktur erwiesen, weil diese prozentual mehr ausgaben als US-Bürger in Beschäftigung?

Der US-Kongress will ab Montag seine Beratungen über das nächste Coronavirus-Hilfsgesetz fortsetzen. Bisher hat die Regierung etwa 2,7 Billionen Dollar in die Hand genommen, um mittels zweier Konjunkturprogramme das Land durch die Corona-Krise zu bringen. Aber dies wird nicht reichen. Kommt bis Ende Juli ein neues Programm zur Stützung der Wirtschaft in Billionenhöhe? Für die Aktienmärkte ist das eine zentrale Frage!

In Europa wird im Rahmen des EU-Gipfels schwer um die Ausgestaltung des 750 Millionen schweren Aufbaufonds gerungen. Die sparsamen Vier (Niederlande, Schweden, Dänemark und Österreich) bestanden bis zuletzt auf Vorgaben für strikte Auflagen bei der Gewährung von Zuschüssen.

Heute soll die Entscheidung fallen. Kompromiss – oder Scheitern des Gipfels mit Reaktionen der Aktienmärkte.

Ausblick für die Aktienmärkte

Bisher haben erst 36 von 500 Unternehmen im S&P 500 berichtet. Die Banken haben einerseits grandiose Ergebnisse im Investmentbanking abgeliefert, andererseits haben vier Große Banken schon 33 Milliarden Dollar an Rückstellungen für faule Kredite gebildet – und ihre Unsicherheit über die weitere Konjunkturerholung dabei signalisiert. Es bleibt dabei, alle Akteure hangeln sich von Woche zu Woche in Pandemiezeiten weiter.

Das Prinzip der Reflexivität der Aktienmärkte wird dafür sorgen, dass Hoffnungen (Impfstoff, Konjunkturpakete, Geldspritzen) und Enttäuschungen (Coronazahlen, Konjunkturrückschläge) blitzartig in den Kurs-Fokus rücken. Bisher dominiert das Prinzip Hoffnung und die Börse blickt auf das große Aufholpotenzial in 2021. Eine V-förmige Erholung der Wirtschaft à la Aktienmärkte war von Beginn an aus praktischen Erwägungen nicht realistisch. Aktien von Firmen lassen sich in Windeseile in die Höhe treiben, die Produktion in Volkswirtschaften mit globalen Lieferketten eher nicht.

Damit das Börsenszenario erhalten bleibt, braucht es bestimmte Rahmenfaktoren: Die Beherrschung der Ausbreitungsgeschwindigkeit von Covid-19, und damit verbunden die schrittweise Erholung diverser Wirtschaftsbereiche, die Aufrechterhaltung der fiskalischen und monetären Stimuli und die Hoffung auf den global verfügbaren Impfstoff.

Wir stehen kurz vor dem Beginn der saisonal ungünstigen Jahreszeit für die Börsen. Viele Analysten kommen derzeit mit statistischen Fakten und ihren Wahrscheinlichkeiten – Monatseffekte, Wahljahre u.w. – über Jahrzehnte erhoben. Aber was sind frühere Grundmuster wert in der jetzigen Situation? Wann gab es je so tiefe Zinsen weltweit, so große Rettungspakete von Staaten und Notenbanken und einen so unberechenbaren US-Präsidenten, dem seine Wiederwahl über alles geht? Hier kann man immer wieder nur den wohl ältesten Investor zitieren, den 96 Jahre alten Stellvertreter von Warren Buffett, Charlie Munger, aus einem Interview vor einigen Wochen:

“Nobody in America’s ever seen anything else like this. This thing is different. Everybody talks as if they know what’s going to happen, and nobody knows what’s going to happen.”

Fazit

Obwohl die großen Nasdaq-Titel in der letzten Woche etwas Federn ließen und sogar Netflix in die Tiefe rauschte, blieben die Aktienmärkte konstant. Ist das ein Zeichen von Stärke, von Sektorrotation oder von einem Aufholeffekt der zurückgebliebenen Titel im S&P 500? Der mit Abstand größte Index der Welt steht derzeit etwas unter seinem Niveau von Jahresanfang, ohne die Big Five (Alphabet, Amazon, Apple, Facebook, Microsoft), stünde er 10 Prozent tiefer.

Am Mittwoch und Donnerstag melden Microsoft und Amazon ihre Quartalszahlen, eine Woche später Apple und Alphabet.

Ein weiterer Kursanstieg ist trotz Branchenrotation nicht denkbar, sollte es Enttäuschungen oder gar nur größeren Gewinnmitnahmen angesichts der aktuellen Gewichtung der Big Five im Index geben. (Angaben in Prozent):

Apple 6,14, Microsoft 5,91, Amazon 4,91, Alphabet 3,38 und Facebook 2,23

Ach ja, um es nicht zu vergessen: Am Mittwoch meldet auch noch Tesla, die „berühmt-berüchtigtste“ Wachstumsstory der Gegenwart.

Die Aktienmärkte sind in einer Patt-Situation

 



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