Die US-Aktienmärkte erleben beste Woche seit 24 Jahren, angetrieben durch ein starkes Comeback der Tech-Aktien. Die Bullen sind zurück, da man wieder die beste aller Börsenwelten einpreist: Eine aggressive Zinswende der Fed bei einem gleichzeitigen Soft Landing der US-Wirtschaft. Die jüngsten Rezessionssorgen nach einer Welle von schwachen Konjunkturdaten, die ihren Höhepunkt in einem schwachen Arbeitsmarktbericht fanden, sind wieder vergessen. Stattdessen überwiegt die Hoffnung auf Zinssenkungen, diese könnte Powell in der nächsten Woche bekräftigen.
Frische Wirtschaftsdaten, wie die besser als erwarteten Einzelhandelsumsätze, die die Widerstandsfähigkeit der US-Konjunktur belegen, hat den Aktienmärkten schließlich ihre beste Woche in diesem Jahr beschert. Die Käufer folgten einmal mehr der „Buy the Dip“-Strategie und befeuerten damit die Erholungsrallye nach einer 10%igen Talfahrt des US-Leitindex S&P 500.
Aktienmärkte mit Monster-Rallye
Die Aktienmärkte setzten am Freitag ihren steilen Anstieg fort, wobei der S&P 500 seine siebentägige Rallye auf 6,8 % ausdehnte – die beste Performance in einem solchen Zeitraum seit Oktober 2022. Nur eine Woche vor der viel beachteten Rede von Jerome Powell in Jackson Hole, Wyoming, hoffen die Händler, dass der Chef der Federal Reserve die Erwartungen für die nächste geldpolitische Sitzung bestätigen wird. Während die Fed-Notenbanker die Inflation gesenkt haben, ist der Arbeitsmarkt immer noch eine Wildcard und könnte zur Achillesferse der Wirtschaft werden.
Die Aktienmärkte beendete eine vierwöchige Verlustserie, die zum Teil durch die Sorge ausgelöst worden war, die Fed würde die Zinsen nicht schnell genug senken, um einen tieferen Abschwung in der größten Volkswirtschaft zu verhindern. Daten, die in dieser Woche einen Rückgang der Inflation und einen robusten Verbraucher zeigten, ließen die Hoffnung wieder aufleben, dass die Fed eine sanfte Landung erreichen kann.
„Die beruhigenden Inflationsdaten dieser Woche haben das Vertrauen der Anleger gestärkt und zu einem bemerkenswerten Anstieg des Marktoptimismus geführt“, sagte Mark Hackett von Nationwide. Die anhaltende „Buy-the-Dip“-Mentalität bleibt bestehen, da die Anleger, die sich im letzten Monat an die Seitenlinie begeben hatten, sich beeilten, wieder einzusteigen.
S&P 500 neuer Höhenflug
Der S&P 500 stieg auf rund 5.555. Die meisten Tech-Megakonzerne legten zu, allen voran Nvidia, das ein starkes Comeback feierte. Nike verzeichnete indessen seine längste Gewinnsträhne seit mehr als acht Jahren. Applied Materials sank nach einer Umsatzprognose, die die Anleger enttäuschte, die sich von den Ausgaben für künstliche Intelligenz einen größeren Gewinn versprochen hatten. Der VIX, der „Angstmesser“ der Wall Street, fiel von rund 40 am 5. August auf unter 15, einer der schnellsten Rückgänge seit vielen Jahren. Ob es für den S&P 500 so weiter gehen kann, hängt vor allem von der Fed ab.
Die Renditen 10-jähriger Staatsanleihen fielen um drei Basispunkte auf 3,88 %. Der Dollar verzeichnete die dritte Woche in Folge Verluste – die längste Serie seit März. Hedge-Fonds setzten zum ersten Mal seit 2021 wieder auf die japanische Währung, nachdem starke Schwankungen an den Devisenmärkten zu einem Auffliegen des beliebten Yen-Carry-Trades geführt hatten. Der Goldpreis überstieg die Marke von 2.500 USD, da die Fed hofft, einer Zinssenkung näherzukommen.
Bullenmarkt ist intakt, aber Risiken bleiben
Da sich die US-Aktien wieder erholen, sieht der Ausverkauf des Sommers eher wie eine Pause im Bullenmarkt aus als der Beginn seines Endes.
Natürlich fällt es den Händlern schwer, die weitere Entwicklung der Wirtschaft zu prognostizieren, und die Rezessionsängste, die den jüngsten Abschwung begünstigt haben, könnten ebenso schnell wieder auftauchen, wie sie verschwunden sind. Hinzu kommt, dass die US-Wahlen und die geopolitischen Spannungen weitere Unsicherheitsfaktoren darstellen. Unter der Oberfläche gibt es demnach auch einige beruhigende Signale.
Dazu gehören: Der Ausverkauf betraf nur einen relativ kleinen Teil der Aktienmärkte und war bei weitem nicht so breit angelegt wie die Ausschläge, die durch die Zinserhöhungen der Fed, die Pandemie und andere wichtige Ereignisse ausgelöst wurden. Und während die immer noch hohen Bewertungen Gefahr laufen, erneut neu kalibriert zu werden, wenn die Wirtschaft ins Stottern gerät. Der S&P 500 hielt sich allerdings während des jüngsten Rückgangs über einer Schwelle, die – zumindest für technische Analysten – ein Zeichen für das anhaltende Vertrauen der Anleger ist.
Positionierung und makroökonomische Faktoren verschieben die Marktneigung zum Positiven, aber die Anleger sollten sich immer noch auf den Kauf von qualitativ hochwertigen Anlagen konzentrieren, so Tony Pasquariello von Goldman Sachs.
„Die Woche war im Wesentlichen eine Einbahnstraße, die pessimistische Aussichten und eine bärische Positionierung hart bestraft hat“, sagte Florian Ielpo von Lombard Odier Investment Managers. „Dennoch sind die Wirtschaftsdaten nach wie vor widersprüchlich. Es bestehen weiterhin beträchtliche Unsicherheiten, die vor übermäßigem Optimismus warnen.
Rallye der Aktienmärkte hängt an der Fed
Ralf Preusser von der Bank of America meint, dass die nächsten Wochen wahrscheinlich darüber entscheiden werden, ob die Fed die Zinsen in diesem Jahr um 50 bis 75 Basispunkte oder sogar aggressiver senken wird. Sinead Colton Grant, CIO von BNY Wealth, erwartet Zinssenkungen von 75-100 Basispunkten.
„Wir halten an einer zinsbullischen Tendenz bei den US-Zinsen fest und würden einen durch Jackson Hole ausgelösten Ausverkauf als Kaufgelegenheit betrachten“, so Preusser.
Der Fed-Vorsitzende Powell wird nächsten Freitag auf dem wirtschaftspolitischen Symposium der Kansas City Fed in Jackson Hole sprechen.
Da die Federal Reserve kurz davor steht, die Zinssätze von einem mehr als zwei Jahrzehnte alten Höchststand zu senken, werden Powells Äußerungen genau analysiert werden, um Hinweise darauf zu erhalten, wie der Fed-Chef die Wirtschaft nach einem schwächer als erwartet ausgefallenen Arbeitsmarktdaten und einer weiteren Lockerung der Inflation einschätzt.
Die Preisbildung auf dem Swap-Markt hat sich stabilisiert und impliziert eine Lockerung um etwa 30 Basispunkte im nächsten Monat und etwa 93 Basispunkte bis zum Jahresende. Das ist ein deutlicher Rückgang, nachdem die Händler Anfang des Monats noch von mehr als 150 Basispunkten an Fed-Senkungen für 2024 ausgegangen waren.
Powell-Rede
„Die Anleger werden auch nach Hinweisen darauf Ausschau halten, ob Powell zu einer Zinssenkung um 25 oder 50 Basispunkte tendiert“, sagte Ian Lyngen von BMO Capital Markets. „Wir sind auf jeden Fall für eine Senkung um 25 Basispunkte, und wir gehen davon aus, dass der Vorsitzende sich auf die Seite der Flexibilität schlagen wird, indem er die bewährte Formulierung ‚datenabhängig‘ verwendet.“
„Wir gehen davon aus, dass Powell signalisieren wird, dass die Fed angesichts der jüngsten Fortschritte die Geldpolitik im nächsten Monat wahrscheinlich lockern wird – ohne sich jedoch vollständig auf den Umfang der Zinssenkung festzulegen“, so die Strategen von TD Securities. „Wir erwarten eine Senkung um 25 Basispunkte“.
Während die jüngsten Daten darauf hindeuten, dass eine Zinssenkung um 25 Basispunkte im September wahrscheinlicher ist als eine stärkere Senkung, wird laut Fawad Razaqzada von City Index und Forex.com angesichts der zunehmenden Fokussierung auf den Arbeitsmarkt durch die Fed der nächste Arbeitsmarktbericht entscheidend für die endgültige Entscheidung sein.
Powell könnte Zinssenkung ankündigen
„Die Hauptbotschaft in Powells Rede dürfte sein, dass die Geldpolitik insgesamt wie beabsichtigt funktioniert hat und das derzeitige Zinsniveau restriktiv ist“, sagte Anna Wong von Bloomberg Economics. „Er könnte sagen, dass das Risikogleichgewicht zwischen den Mandaten der Fed – Beschäftigung und Inflation – in etwa ausgeglichen ist. Wir gehen davon aus, dass er eine Zinssenkung ankündigen wird, aber nicht sagen wird, ob es 25 Basispunkte oder 50 Basispunkte sein werden. Das hängt letztlich vom Arbeitsmarktbericht für August ab.
Je mehr ich über die wahrscheinlichen Ergebnisse des Treffens in Jackson Hole in der nächsten Woche nachdenke und diskutiere, desto mehr komme ich auf diese Befürchtung zurück: dass Powell uns sagen wird, wir sollen unseren Enthusiasmus zügeln“, sagte Steve Sosnick von Interactive Brokers.
„Es erscheint kaum angemessen, dass der Vorsitzende Powell in seiner Rede in Jackson Hole nächste Woche die Wahrscheinlichkeit (des Marktes) von mehr als drei Zinssenkungen in diesem Jahr bekräftigt, da er damit der letzten Zusammenfassung der Wirtschaftsprognosen weit voraus wäre, nur wenige Wochen bevor die nächste fällig ist“, bemerkte er.
FMW/Bloomberg
Kommentare lesen und schreiben, hier klicken
Natürlich werden die Zinsen perspektivisch sinken, da beide Lager große Steuerreformen ihrer Klientel versprachen.
Trumps erste Steuerreform trieb alleine den Dow um 50 Prozent nach oben…innerhalb eines Jahres…
Damals senkte er die Steuern von 35 auf 25 Prozent…jetzt will er einen Flatsteuersatz von 15 Prozent…für alle….
während die Demokraten diese 15 Prozent nur für Familien mit einem Einkommen bis 120 000 Dollar im Jahr wollen…Aber was heißt hier nur…?
All diese Maßnahmen würden das Haushaltsloch um weitere eine Billionen Dollar im Jahr vergrößern, zusätzlich zu der offiziellen Unterdeckung des Haushalts die ja jetzt schon anderthalb Billionen Dollar jährlich beträgt…
Das Defizit soll dann wie immer die FED tragen…
@Sebastian. „Damals senkte er die Steuern von 35 auf 25 Prozent…jetzt will er einen Flatsteuersatz von 15 Prozent…für alle….“
Der Körperschaftssteuersatz wurde von Trump von 35 auf 21 Prozent gesenkt, aber das ist halt nicht das Gebiet unseres Börsenexperten. Schon eher S&P 500 bei 6000 oder der unheimliche Realzins. Oder sonstige Kopien.