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Aktienmärkte: Chinas Börsen schwächeln trotz Rekordwachstum – eine Frühindikation?

Chinas Aktienmärkte - Frühindikator für das, was kommt?

Eines ist derzeit auffallend: während die Wall Street von Rekord zu Rekord eilt, laufen Chinas Aktienmärkte deutlich schlechter. Aber warum?

Das Reich der Mitte hat im Jahr 2020 traurige Berühmtheit erlangt. Zunächst mit dem Ausbruch einer Virusinfektion, die sich zu einer weltweiten Pandemie entwickelt hat, dann deren radikale Bewältigung innerhalb weniger Monate und schließlich die Wiederauferstehung der zweitgrößten Wirtschaft der Welt, die das Coronajahr als einzige große Industrienation mit einem Plus abschließen konnte. Die Börsen haussierten – bis vor Kurzem, ein Warnhinweis?

Aktienmärkte: 12 Monate steigende Kurse

Nach dem harten Lockdown im chinesischen Wuhan, bei dem die 11-Millionen-Metropole sogar mit Hilfe von Soldaten abgeriegelt wurde, kam es zu einer raschen Erholung der Aktienmärkte in China. Wie fast immer nahmen die Börsen eine Entwicklung vorweg, die chinesischen Indizes haussierten, vor den westlichen und mit größerer Dynamik. Von dem Coronatief an den Märkten im März 2020 bis zu dem bisherigen Hoch der China-Indizes, waren der Nasdaq 100 zwar um 95 Prozent, der S&P 500 um 75 Prozent und der Dax um 60 Prozent gestiegen – aber der große chinesische CS 300 (Shenzen und Schanghai) gleich um 150 Prozent. Nicht zu reden vom Hang Seng Tech-Index, der es gleich auf mehr als eine Verdreifachung brachte. Bis Mitte Februar – seither geht es mit den chinesischen Indizes tendenziell abwärts. Damit liegt das große chinesische Aktienbarometer CS 300 seit Jahresanfang sogar leicht im Minus, während Dow, Dax und Co von Rekord zu Rekord geeilt sind.

Und dies, obwohl der Internationale Währungsfonds die Wachstumsaussichten für China in 2021 auf 8,4 Prozent angehoben hat, ein Riesenzuwachs für die zweitgrößte Volkswirtschaft mit einem Bruttoinlandsprodukt von 14,86 Billionen US-Dollar im Jahr 2020.

Was bremst Chinas Börsen?

Auf den ersten Blick erscheint es unlogisch, dass ausgerechnet die Aktienmärkte im Land mit den höchsten erwarteten Wachstumsaussichten nicht weiter haussieren. Aber auch in China gibt es die Bremsfaktoren, die in einem Boom zum Tragen kommen. Auch die chinesische Führung ist sich im Klaren, was bei einer heiß laufenden Wirtschaft, hoher Verschuldung, günstigen Finanzierungs- und gestiegenen Produktionskosten droht. Es erfolgten bereits prophylaktische Maßnahmen:

China verschärfte Mitte Februar seine Geldpolitik, mit der Folge, dass der Index für China A-Aktien (China A 50) an einem Tag gleich um 7,4 Prozent abstürzte. Man reguliert die heimischen Tech-Aktien, auch angesichts der hohen Bewertung dieser Titel. Dazu kommt die unerwartet harte Gangart der neuen US-Regierung gegenüber China, mit dem Versuch der Abkoppelung von der chinesischen Wirtschaft, aber auch mit drohenden Rauswürfen chinesischer Unternehmen aus Amerikas Börsen. Inzwischen sind weit mehr als 100 chinesische Unternehmen davon bedroht. Während man in den USA mit Glacéhandschuhen gegen seine Großkonzerne vorgeht, kennt Chinas Führung kaum ein Pardon. Die Aktionen gegen Alibaba und Ant dürften noch in guter Erinnerung sein.

Aber ist das Ganze nicht auch ein Warnzeichen für die Aktienmärkte der USA, in dem Land, den man auch ein Wahnsinnswachstum für 2021 unterstellt?

Unübersehbare Warnsignale an der Wall Street

Auch ohne Berücksichtigung des chinesischen Vorlaufs gibt es zunehmende Warnzeichen in New York für eine baldige Korrektur. Da ist zunächst einmal der unübersehbare Optimismus der Anleger. Laut der letzten Umfrage (AAII) gab es zuletzt:

  • 56,9 Prozent Bullen (die höchste Zahl seit Januar 2018)
  • 20,4 Prozent Bären (die niedrigste Zahl seit April 2019) und
  • 22,7 Prozent Neutrale
  • Der Volatiltätsindex VIX fällt seit einem Monat kontinuierlich, von fast 26 auf nunmehr 17,15 Punkten. Auf Werte, wie im Jahr 2019, wo große Sorglosigkeit geherrscht hat, bevor es zum großen Spike nach oben kam.

Die Investoren vertrauen auf die Fed, auf die Hoffnung, dass es nur zu einer kleinen Steueranhebungsdebatte kommt und erwarten bei der kommenden Berichtssaison eine weitere Anhebung der Ausblicke (Guidance) der Unternehmen.

Die Indizes sind nahezu alle weit überkauft, auf Rekordhöhe Dow, S&P 500, knapp dahinter Nasdaq und Transport-Index, aber fast alle Indizes weit von ihren 50-Tage-Durchschnitten entfernt. Aber was auch besonders auffällig erscheint, ist die unglaublich geringe Handelsspanne bei den Indizes – die Ruhe vor dem Sturm?

Fazit

Chinas Aktienmärkte neigen derzeit zur Schwäche trotz eines vom IWF prognostizierten Wachstums von 8,4 Prozent. Damit komme ich wieder zu meiner Feststellung „Aktienmärkte mögen keine boomende Wirtschaft“, auch nicht in Fernost, denn auch dort fließt das Geld in das operative Geschäft. Gleichzeitig wird jede Notenbank in solchen Phasen die monetäre Unterstützung zumindest einschränken oder sogar reduzieren.

In den USA will man bisher offiziell noch nichts davon wissen, anscheinend ist allen Notenbankern das Taper Tantrum von Fedchef Ben Bernanke noch in zu guter Erinnerung. Der sogenannte Wutanfall der Märkte im Sommer 2013 war eine Reaktion, nur auf die Ankündigung Bernankes einer „Möglichkeit“, in Zukunft das Anleihekaufprogramm reduzieren zu wollen. Die Anleiherenditen schnellten dennoch unmittelbar nach oben. Damals waren die Anleihekäufe der Federal Reserve in Folge der Finanzkrise „nur“ von einer auf drei Billionen Dollar gestiegen und heute?

Aber sollten die USA wirklich so stark wachsen wie prognostiziert, eine falsche Bemerkung von Jerome Powell und man könnte eine Wiederholung von 2013 erleben. Keine leichte Aufgabe für die Mitglieder des Offenmarktausschusses (Federal Open Market Committee) sowie den Chefs der 12 Regionalbanken der Fed, das irgendwann anstehende Tapering zu kommunizieren. Die Finanzwelt wird jedes Wort detektivisch auf den Prüfstand stellen.



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