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Aktienmärkte: Der Tag nach dem Short Squeeze

Aktienmärkte - der Short Squeeze Tag danach

Gestern war für die Aktienmärkte ein Tag des Durchschnaufens, nach der Rally der Vortage, die fast alles nach oben gehievt hatte. Man muss sich nur in die Situation von Geldverwaltern versetzen, die angesichts der Bedrohung durch Omikron, den möglichen Lockdown-Maßnahmen und den ständig eskalierenden Meldungen über Inflation, Lieferketten und verschärftem Tapering ihre Depots in Rekordzeit umgeschichtet, oder abgesichert hatten. Nur nicht die schöne Jahresperformance aufs Spiel setzen. Dann erste Meldungen über die geringere Gefährlichkeit der Variante und Mutmaßungen über die Wirksamkeit der Booster-Impfungen. Und fertig gemischt war der Psycho-Cocktail, raus aus den verlustträchtigen Absicherungen, rein in die Aktienmärkte – FOMO.

Aktienmärkte: Gemach, gemach!

Zu schnell und zu weit, sei sie gelaufen, die Gegenbewegung nach dem Rückschlag nach Thanksgiving, so der Tenor in vielen Kommentaren zum bisherigen Wochenverlauf. Aber so ist es öfters mal an den Märkten. Gerade erfahrene Börsianer haben schmerzlich folgende Erkenntnis erleben müssen: Aktienmärkte tendieren gelegentlich dazu, die Mehrheit der Marktteilnehmer maximal zu „verarschen“!

Jetzt kam eine Pause, die aber nicht lange anhielt.

Ein etwas gemischtes Bild beim S&P 500:

Aktienmärkte Schaubild USA

Die Bullen, die mit einer Jahresendrally der Aktienmärkte rechnen, werden sich über die Rally gefreut haben. Denn ein Trend ist immer nur gesund, wenn es zwei Schritte vor und einen zurück gibt. Sonst gäbe es gleich wieder die berüchtigte Fahnenstange, die den Hang zur Zerstörung besitzt.

Deshalb: Vor den Inflationsdaten am Freitag 14:30 Uhr, werden sich nicht allzu viele aus dem Fenster lehnen, es könnte seitwärts gehen, bis dahin.

Der Optimismus der Wall Street

Nachdem ein Worst Case-Szenario im Hinblick auf Omikron etwas verflogen ist, blickt man trotz Tapering positiv in das neue Jahr. Tapering und Zinsanhebungen werden kommen, so der Tenor. Dennoch sieht JPMorgan noch fast zehn Prozent Luft beim S&P 500 für 2022, was sich aber bereits schon etwas reduziert hat. Der Fokus soll künftig auf einer starken US-Wirtschaft liegen:

Die große Sorge wären Zinsanhebungen durch die Notenbank, bei einer sich gleichzeitig stark abschwächenden Wirtschaft, oder einer Rezession. Das wäre der Killer für den Bullenmarkt.

Die Optimisten aber gehen von keiner Rezession aus, sondern glauben, dass die Aktienmärkte aufgrund des starken Wachstums Zinsanhebungen verkraften könne.
Weiter mit dem Narrativ der Bullen: Man wird Omikron in den Griff kriegen, Lieferengpässe sowie die Inflation werden sich in ein paar Monaten abschwächen, damit würde auch die Angst vor einer Erosion der Margen der Unternehmen verschwinden.

Dreh- und Angelpunkt sollte aber einmal mehr der Konsum sein. Bei einem Einbruch desselben könnte der Markt rasch 20-25 Prozent tiefer stehen. Dagegen scheint kaum jemand scheint sich vor einer Lohninflation zu fürchten, die aber fast vier Prozent im neuen Jahr erreichen soll.

Der Handelsschluss

Im Verlauf der letzten Handelsstunde kam wieder Aufwärtsbewegung in die Aktienmärkte, man beobachtete gespannt den S&P 500, der kurz davor stand, sein 67. Allzeithoch auf Schlusskursbasis zu erreichen. Er blieb nur um ganze drei Pünktchen darunter und damit dürfte sich die Frage, ob eine Jahresendrally zumindest gestartet sein könnte, schon erledigt zu haben. Der Dow Jones brachte nach einem Hundert-Punkte-Durchhänger noch ein Plus von 0,1 Prozent ins Tagesziel. Nasdaq und der Nebenwerte-Index Russel 2000 kletterten sogar nach dem starken Dienstag um weitere 0,64 beziehungsweise 0,80 Prozent.

Der Volatilitätsindex VIX sank bis knapp unter 20 Punkte, nachdem er vor wenigen Tagen noch über 30 Punkten gestanden hatte.

Wie stark muss der Anlagenotstand sein, wenn es nach zwei so starken Tagen nicht einmal zu halbwegs ausgeprägten Gewinnmitnahmen kommt?

Fazit

Mit jedem Tag ohne nachgebenden Kursen wächst zwangsläufig die Wahrscheinlichkeit eines versöhnlichen Jahresausklangs. Bereits seit Wochen habe ich auf die Faktoren hingewiesen, die die großen Adressen im Markt verharren lassen, bei Negativrealrenditen von bis zu fünf Prozent. Jetzt noch aussteigen nach einem Jahr mit zweistelligen Aktienmarktrenditen? Wie oft war dies in der Vergangenheit der Fall? Und da gab es noch nicht so die Konkurrenz der Exchange Traded Funds.

Aber die Inflation, das Tapering und die Aussichten auf schnellere Zinsanhebungen?

Ja, aber hat denn Jerome Powell nicht kommuniziert, er werde die Märkte rechtzeitig auf Maßnahmen der Fed vorbereiten? Natürlich besteht die Gefahr, dass die Inflationsdaten am Freitag scharf ausfallen. Da müsste aber schon Heftiges passieren – glaubt jemand, dass Chairman Powell dann dazu übergeht und verkündet, er werde schon im Frühjahr die Zinsen angeben und dann noch dreimal im Jahr 2022? Gebranntes Kind scheut das Feuer (Dezember 2018), der vorsichtige Notenbank-Chef wird sich eher die Türen offen halten.

Ergo: Nach meiner Wahrnehmung müsste schon einiges passieren (Omikron, Inflations-Spike), damit die Aktienmärkte in den nächsten elf Tagen bis Heiligabend noch zum Entgleisen gebracht werden.



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