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Aktienmärkte: Die Angst kehrt zurück – Zeit zur Vorsicht?

Aktienmärkte: Die Angst kehrt zurück - Zeit zur Vorsicht?
Händler auf dem Parkett der New York Stock Exchange (NYSE). Foto: Bloomberg

Die diesjährige Santa-Claus-Rally fiel ins Wasser, stattdessen korrigierten die US-Aktienmärkte und fielen deutlich von ihren jüngsten Höchstständen zurück. Während der Risikoappetit sinkt, geht an der Wall Street die Angst vor dem neuen Jahr um. Nach einer zweijährigen Börsenrally, die dem US-Leitindex S&P 500 ein Plus von 53 Prozent bescherte, sollten die Anleger eigentlich optimistisch ins neue Jahr blicken. Doch an der Wall Street ist angesichts der Unsicherheit über Trumps Politik und der hohen Bewertungen die Angst zurückgekehrt und mahnt zur Vorsicht.

Verunsicherung an den Märkten

Am Freitag hellte sich die Stimmung an den Aktienmärkten auf, nachdem die Händler zwischen den Feiertagen viel Zeit damit verbracht hatten, die hohe Risikobereitschaft zu dämpfen, die die Märkte über weite Strecken im Jahr 2024 beherrscht hatte. Die Volatilitätsindizes für Staats- und Unternehmensanleihen sowie für die Aktienmärkte (VIX) stiegen vor den Weihnachtstagen kräftig an. Bei US-Aktien explodierten sie regelrecht und erreichten die höchsten Werte seit den Turbulenzen Anfang August. Der S&P 500 verzeichnete dann zum Jahreswechsel eine der längsten Verlustserien seiner Geschichte. Auch die heiß gelaufenen Kryptowährungen erlitten einen Dämpfer, wobei der größte Bitcoin-ETF von BlackRock zu Jahresbeginn Rekordabflüsse verzeichnete.

Zwar gibt es an den Märkten noch keine Anzeichen für Panik. Aber die Bewegungen signalisieren eine Vorsicht, die in den letzten 12 Monaten weitgehend gefehlt hat, zumindest bei Risikoanlagen, wo eine boomende Wirtschaft und eine lockere Geldpolitik der Federal Reserve ein Rezept für fast geradlinige Gewinne waren. Sorgen über die Politik des designierten US-Präsidenten Donald Trump und ihre Auswirkungen auf die Inflation haben jedoch die Hedging-Märkte belebt und die Anleihenmärkte nach dem stärksten Quartalsanstieg der 10-jährigen Anleiherenditen seit mehr als zwei Jahren verunsichert.

Rückschlag dämpft Überhitzung

Nach Monaten ungezügelter Risikobereitschaft an der Wall Street ist jede neue Vorsicht gesund, da sie eine Überhitzung bremst. Der jüngste Rückschlag bei einigen Vermögenswerten, insbesondere an den Aktienmärkten, widerspricht jedoch dem historischen Muster, wonach der S&P 500 in den Handelssitzungen unmittelbar nach Weihnachten und zum Jahreswechsel zuzulegen pflegt. Die Anleger könnten bereits die Unsicherheit nach der zweijährigen Rally einpreisen, die mit der am 20. Januar beginnenden zweiten Trump-Ära einhergeht.

„Wir waren etwas überrascht, dass die Aktienmärkte Ende 2024 so risikoscheu waren“, sagte Chris Zaccarelli, Chief Investment Officer bei Northlight Asset Management. „Wir glauben, dass es jetzt sinnvoll ist, etwas Risiko vom Tisch zu nehmen, da die Trump-Regierung wahrscheinlich politische Veränderungen vornehmen wird.

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Die Angst kehrt zurück | Volatilität steigt bei allen Anlageklassen zum Jahresauftakt

S&P 500: Bullisches Reversal

Die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen sind über der vielbeachteten Marke von 4,5 % gestiegen, da sich die Händler auf die Einführung von Zöllen vorbereiteten, die noch in diesem Monat nach Trumps Amtseinführung erfolgen könnte und neue Risiken für die Inflationsbekämpfungskampagne der Fed mit sich bringt. Anleihenhändler schlagen zudem Alarm, dass Trumps Steuersenkungsprogramm das Haushaltsdefizit erhöhen könnte.

Am Freitag setzte an den Aktienmärkten jedoch ein Bullen-Konter ein: Der S&P 500 stieg um 1,3%, da sich die großen Technologiewerte erholten und die Anleger sich über die schnelle Wiederwahl des Sprechers des US-Repräsentantenhauses freuten. Dennoch gaben die Aktienmärkte auf Wochensicht nach und bewegen sich in der Nähe der Tiefststände, die nach der letzten Fed-Sitzung erreicht worden waren, als die Notenbanker weniger Zinssenkungen für dieses Jahr ankündigten als zuvor prognostiziert.

Das Schreckgespenst der geldpolitischen Unsicherheit verunsicherte die Anleger, so dass die Nachfrage nach Absicherungen in allen Anlageklassen stieg. Der Cboe-Volatilitätsindex (VIX), der die Kosten von Optionen auf den S&P 500 misst, ist in der dritten von vier Wochen gestiegen. Ein ähnliches Maß für Staatsanleihen, der ICE BofA Move Index, erreichte ein Monatshoch, während die Kursschwankungen bei Hochzinsanleihen und Währungen zunahmen.

Aktienmärkte im Widerspruch

Die gedämpfte Stimmung ist eine Abkehr von den letzten Monaten, in denen die Risikofreude und die Angst die Rally zu verpassen (FOMO) die Aktienmärkte auf neue Rekordstände und den Bitcoin auf über 100.000 Dollar getrieben und Milliarden Dollar in Hebel-ETFs gepumpt hat.

Jetzt verzeichnet der iShares Bitcoin Trust ETF von BlackRock die längste Serie von Abflüssen, einschließlich eines Rekordabflusses am Donnerstag, während Leerverkäufer ihre Wetten gegen einige der größten ETFs, die Unternehmensschulden abbilden, ausweiten.

Bei den Aktien ist ein von der National Association of Active Investment Managers veröffentlichter Indikator für die Aktienquote institutioneller Investoren die dritte Woche in Folge gefallen, der stärkste Rückgang seit April. Gleichzeitig zeigte eine Cboe-Messung des Optionshandels, dass das Volumen der bearishen Puts gegenüber den bullishen Calls auf den höchsten Stand seit fast vier Monaten gestiegen ist.Angesichts der sehr pessimistischen Stimmung und Positionierung war eine Gegenbewegung an den Aktienmärkten am Freitag wohl unvermeidlich.

Die Risikoaversion steht derzeit im Widerspruch zum Optimismus der Wall-Street-Strategen, die laut einer Bloomberg-Umfrage bis 2025 einen weiteren Anstieg des S&P 500 um 12 Prozent erwarten, nachdem der Leitindex in den vergangenen zwei Jahren um 53 Prozent gestiegen ist.

„Die vorherrschende Marktmeinung ist, dass die Aktienmärkte weiterhin an der Wall-of-Worry ansteigen werden, aber wir wissen auch, dass die neue US-Regierung gerne hohe Mauern baut. Mit anderen Worten: Die Hürden für weitere Kursgewinne sind nun deutlich höher“, sagt Max Gokhman, Senior Vice President bei Franklin Templeton Investment Solutions. „Auch wenn ich nicht vom Konsens abweiche und bärisch werde, ist es dennoch ratsam, vorsichtig zu sein und taktisch an der Seitenlinie zu bleiben.

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Vorsicht ist angebracht

Die Aktienmärkte sind zunehmend nervös. Der globale Finanzstressindikator der Bank of America, der das Marktrisiko, den Absicherungsbedarf und die Anlegerströme misst, ist höher als vor 12 Monaten.

Laut Lindsay Rosner, Leiterin der Abteilung für sektorübergreifende festverzinsliche Anlagen bei Goldman Sachs Asset Management, spiegelt ein Teil des Unbehagens die anhaltende Besorgnis über die Marktbewertungen wider. Ein Bloomberg-Modell, das die Gewinnrenditen des S&P 500 und die 10-jährigen Anleiherenditen um die Inflation bereinigt, zeigt, dass die Preise für US-Aktien, vor allem Tech-Werte, historisch überhöht sind. Tatsächlich sind die aktuellen Bewertungen der Vermögenswerte real höher als in 88% der Fälle, die bis 1962 zurückreichen.

„Ein gewisses Maß an Vorsicht ist bei diesen hohen Bewertungen angebracht, aber die Wachstumsstory ist nach wie vor intakt“, so Rosner.

FMW/Bloomberg



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