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Aktienmärkte: Die Tücken der Absicherung gegen fallende Kurse

Bereits Ende Dezember, also noch vor dem Corona-Desaster, zeigten viele Indikatoren, dass eine heftige Korrektur der Aktienmärkte ansteht - nicht unbedingt ein Crash, aber eine fällige Bereinigung

Es hätte eigentlich so leicht sein können: Bereits Ende Dezember, also noch vor dem Corona-Desaster, zeigten viele Indikatoren, dass eine heftige Korrektur der Aktienmärkte ansteht – nicht unbedingt ein Crash, aber eine fällige Bereinigung. Allein der Fear&Greed-Index stand für viele Tage mit 97 Punkten auf extremem Euphorie-Niveau. Dann kam die Entwicklung von Covid–19 zur globalen Pandemie. Die Kurse der Aktienmärkte rauschten in ungeahnter Geschwindigkeit nach unten. Die lange erwartete Korrektur war da.

Aktienmärkte: Die Risiken der Spekulation auf fallende Kurse

Viele bearish eingestellte Anleger jubelten, hatten sie nicht teilweise schon Monate oder sogar Jahre auf den Rücksetzer der Aktienmärkte gewartet und mit allerlei Shortprodukten auf die Gegenseite gesetzt oder ganz einfach das Depot etwas geräumt. Manche pickten sich auch nur einzelne Titel heraus, um mittels Shortselling von der Überbewertung der Titel zu profitieren.

Über die speziellen Risiken beim Leerverkauf auf einzelne Aktien hatten wir im letzten Jahr schon des Öfteren hingewiesen. Ein Absinken des Free Float kann zu Kurskapriolen führen und zu extremen Verlusten, auch wenn die Situation des Unternehmens fundamental alles andere als rosig ist. Das Drama der Shorties mit den Extremanstiegen von Tesla oder Beyond Meat dürfte noch in guter Erinnerung sein, wir hatten unser Erlebnis schon 2008 mit der Verfünffachung der VW-Aktie – an einem Tag. Leerverkaufte Aktien müssen zurückgekauft werden – whatever it will cost! Oder eine Nummer kleiner in den letzten Wochen mit unserer Wirecard. Aber es gibt noch jede Menge an Shortprodukten, die Gefahrenpunkte aufweisen.

Das scheinbar einfache Geschäft mit Short-Zertifikaten

Dass Hebelprodukte extreme Risiken verursachen können und vor allem ein Geschäft für die Emittenten darstellen, ist weitgehend bekannt, die Masse der Scheine verfällt wertlos.

Aber da gibt es noch eine weitere Möglichkeit, auf fallende Kurse von Indizes zu spekulieren, mit sogenannten Short-ETFs. Diese spiegelbildlich „performenden“ Indexfonds laufen täglich in die gegenläufige Richtung des Index. So geschehen beim Dax, als er binnen drei Wochen sturzbachartig 40 Prozent an Wert verlor. Dann kam die Gegenbewegung, aber ein Short-ETF (ohne Hebel) war zu Quartalsende immer noch 26 Prozent im Plus. Wer da noch nicht verkauft hat, sitzt seither auf heißen Kohlen.

Obwohl die Wirtschaft und Konjunkturdaten von Tag zu Tag gruseliger werden, verlor das Produkt weiter an Wert. Nicht nur wegen der weiter gestiegenen Kurse der Aktienmärkte, sondern auch wegen des Auf und Ab der Indizes. Der Grund ist ein mathematischer und hängt mit der täglichen Berechnung zusammen.

Beispiele: Wenn der Dax bei 10000 Punkten steht und fünf Prozent verliert, dann steigt der Wert des Short-ETF von angenommenen 100 auf 105 Euro. Erholt sich der Index tags darauf wieder zum Ausgangswert (plus 5,3 %), verliert das Papier auf 99.75 Euro, während der Dax wieder exakt am Stand des Vortages notiert. Dieses Spiel wiederholt sich täglich, aber zumeist mit kleineren kaum sichtbaren Verlusten, die sich über Wochen aufsummieren. Je größer die Volatilitöt, desto stärker der Wertverlust.

Hier ein Beispiel für die Kursperformance Dax versus Short-Dax (ETF):

Auf Monatssicht: Dax + 5,30 Prozent

Short-Dax – 6,72 Prozent

Auf 3 Monate: Dax – 22,42 Prozent

Short-Dax + 19,22 Prozent

Auf ein Jahr: Dax – 16,16 Prozent

Short-Dax + 7,7 Prozent

Wobei man hierzu bemerken muss, dass das Jahr 2019 ein extrem schwankungsarmes Jahr für die Aktienmärkte gewesen ist, mit VIX-Werten über lange Zeit bei 15, so dass dieser mathematische Effekt gar nicht so oft zuschlagen konnte.

Noch zu erwähnen, dass dieser Effekt bei Optionsscheinen mit täglicher Berechnung wie beim LevDax mit 2,4, oder 8-facher Hebelung noch ganz andere und viel extremere Ausmaße annimmt.

Fazit

Gerade in der aktuellen Situation zeigt sich die Problematik der Short-Spekulation. Wer hätte geglaubt, dass in einer Phase mit dem größten Wirtschaftseinbruch eines ganzen Jahrhunderts die Aktienmärkte zwar kurzfristig 30-40 Prozent einbrechen, aber binnen vier Wochen wieder um 25 Prozent nach oben springen? Um jetzt wochenlang auf und abzuschwingen. Jeder Tag ist bei vielen Shortprodukten verlustträchtig, entweder durch den üblichen Zeitwertverlust oder die wertvernichtende tägliche Neupreisung des Produkts. Milde Verluste bei kleinen Tagesschwankungen oder größere bei großen Schwankungen, wie sie bei einem Volatilitätsindex (VIX) von 40 plus anzutreffen sind. Bleibt die Hoffnung für die Shorties auf einen baldigen heftigen Einbruch der Aktienmärkte, denn dann spielen die Sportprodukte kurzfristig ihre volle Stärke aus – nicht in einem wochenlangen Sägezahnmarkt. Kurzfristigen Spekulanten hingegen würde dieser weiterhin sehr zupass kommen.

Die Aktienmärkte waren wegen der Coronakrise im freien Fall - aber Shortspekulationen sind dennoch riskant



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