Bereits schon den ganzen Juni zeigen die Aktienmärkte ein klares Muster: der technologielastige Nasdaq entwickelte sich besser als die breiten Indizes. Die Kapitalmarktzinsen waren gefallen, was sehr für die „Transitory-These“ der Notenbanken bezüglich der Inflationsentwicklung spricht. Es hat eine Rotation innerhalb der Rotation eingesetzt, Growth outperformt Value. Aber kann das tatsächlich das Thema des zweiten Halbjahres für die Aktienmärkte werden?
Aktienmärkte: Das zweite Comeback von Growth 2021
Die beiden Charts von Charlie Bilello zeigen sehr schön, wie sich Growth oder auch Tech zurückgemeldet hat. Ein Hauptgrund dafür ist zweifelsohne, dass die Zinsen inmitten eines Quartals, in dem die Inflation auf allen Ebenen gestiegen ist, zurückgekommen sind:
Die Begründung dafür ist sehr einfach. Wachstumswerte sind sehr zinsempfindlich, weil man die Gewinne an diesen abdiskontiert, desto niedriger sie ausfallen, desto wertvoller werden die Growth-Titel in der Zukunft.
Anders die Value-Titel. Diese sind meistens geringer verschuldet – und der Sektor ist auch sehr von den Banken geprägt, die von steigenden Renditen profitieren.
Zu Beginn des Jahres gab es einen starken Anstieg bei der Benchmark, den 10-jährigen US-Zinsen, von 0,52 auf 1,77 Prozent. Die Inflationsrate bewegte sich aus ihren Tiefen der Pandemie, die Infrastrukturprogramme der US-Regierung und die durch das Reopening der Wirtschaft explodierende Nachfrage nährten die Sorge, dass die Inflation zu stark werden und die US Notenbank zu einem frühzeitigen Zurückfahren ihrer Anleihekäufe (Tapering) zwingen könnte, was unweigerlich zu höheren Kapitalmarktzinsen führen müsste.
Aber was ist geschehen? Die 10-jährigen US-Zinsen erreichten bereits Ende März ihr Hoch, anschließend ging es schubweise nach unten, bis auf zuletzt 1,43 Prozent. Leidtragende waren einmal mehr in der Corona-Zeit die Hedgefonds, die massive Wetten auf steigende Renditen gesetzt hatten. Klang auch total logisch, denn die aktuellen Kapitalmarktzinsen passen in keinster Weise zu den Inflationsraten. Aber das eine ist die Gegenwart, das andere die (antizipierte) Zukunft.
Hightech feierte ein Comeback, natürlich auch die großen Tech-Titel, wie Amazon, Apple oder Microsoft, die man langsam schon zu beiden Welten zugehörig zählen könnte – und selbst die Fonds von Cathie Wood (ARK Investments) erleben ein Revival. Aber heißt das tatsächlich, dass das zweite Halbjahr der Aktienmärkte wieder eine Periode für Growth werden könnte?
Fazit
Eine absolut ungewöhnliche Entwicklung in diesem Jahr, die zeigt, wie unberechenbar die Aktienmärkte sind. Weil die Markt-Akteure zugleich Beobachter in einem System sind, welche sich durch Rückkopplung permanent verändert. Welcher Analyst, aus welchem Haus auch immer, hat eine derartige Schaukelei auch nur ansatzweise vorhergesagt? Schnell ist man mit dem Vorwurf eines Casinos bei der Sache, aber in diesem Jahr ist es bisher auf die extremen Negativrealrenditen zurückzuführen, die den Großinvestoren keine andere Wahl lässt, als zu rotieren, je nach Zinsentwicklung, um vermeintlich etwas Zusatzrendite zu generieren. Über den Verursacher des Ganzen (Fed und Co) brauchen wir nicht weiter zu diskutieren.
Aber damit komme ich wieder zu meinem großen Thema für die Aktienmärkte, der anstehenden US-Berichtssaison. Dort berichten Growth- und Valuetitel und geben Ausblicke. Zum Beispiel, wie die gestiegenen Teuerungsraten die Unternehmensgewinne in Zukunft belasten. Growth kann nur weiter reüssieren, wenn die Inflation nicht übermäßig ansteigt, sonst ist das ganze Comeback nur ein Intermezzo.
Wie schon mehrfach betont, es sind die Kapitalmarktzinsen und da wären wir wieder beim Thema – transitory or not?
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