Nach einer zweijährigen Rally an der Wall Street, die dem US-Leitindex S&P 500 ein Plus von 53 Prozent bescherte, sind die Aktienbewertungen in die Höhe geschossen. Vor allem Technologie-Aktien sind angesichts der Euphorie um künstliche Intelligenz inzwischen stark überbewertet. Laut einem Bericht von Bloomberg steuern die US-Aktienmärkte auf die größte Überbewertung gegenüber US-Staats- und Unternehmensanleihen seit rund zwei Jahrzehnten zu. Die steigenden Renditen sind ein deutliches Warnsignal von Seiten des Anleihemarktes.
Anleihemarkt warnt: Aktienmärkte überbewertet
Die Gewinnrendite der S&P 500-Aktien – also die Umkehrung des Kurs-Gewinn-Verhältnisses – ist im Vergleich zu den Renditen von US-Staatsanleihen auf dem niedrigsten Stand seit 2002, was darauf hindeutet, dass US-Aktien im Vergleich zu festverzinslichen Wertpapieren so teuer sind wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Im S&P 500 liegt die Gewinnrendite bei 3,7%. Damit liegt der Renditeaufschlag gegenüber den 5,6% für BBB-bewertete Dollar-Unternehmensanleihen nahe dem niedrigsten Niveau seit 2008.
Die Gewinnrendite von Aktien liegt in der Regel über der Rendite von BBB-Anleihen, da Aktien deutlich risikoreicher sind. Liegt sie darunter, wie es zu Beginn des 21. Jahrhunderts der Fall war, deutet dies auf die Gefahr einer Aktienblase oder steigender Kreditrisiken hin, wie Bloomberg-Stratege Ven Ram im vergangenen Monat bemerkte.
Gewinnrenditen: S&P 500 und den BBB
“Wenn man sich die BBB-Renditen und die Renditen anderer Benchmark-Anleihen – 10-jährige und 2-jährige – ansieht, gibt es eine sehr deutliche Lücke zwischen ihnen und den Gewinnrenditen von Aktien”, sagt Brad McMillan, Chief Investment Officer bei Commonwealth Financial Network.
Der Spread zwischen den Gewinnrenditen des S&P 500 und den BBBs ist jedoch seit etwa zwei Jahren negativ – und diese Differenz kann über längere Zeiträume bestehen bleiben.
Dennoch ist das Verhältnis zwischen Gewinn- und Anleiherenditen ein Warnsignal für die Bewertungen an den Aktienmärkten. Morgan-Stanley-Strategen um Michael Wilson weisen darauf hin, dass höhere Renditen und ein starker Dollar die Aktienbewertungen und Unternehmensgewinne belasten könnten. Die viel beachtete Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen stieg am Dienstag auf 4,7 Prozent und damit auf den höchsten Stand seit Oktober 2023.
Gefahr einer Aktienblase
Einen Vorgeschmack auf die Risiken bekamen die Anleger, als die US-Notenbank am 18. Dezember ankündigte, die Zinsen langsamer zu senken als ursprünglich erwartet. Die Befürchtung, dass die Fed die Zinsen länger als vom Markt erwartet hoch halten würde, trug dazu bei, dass die US-Aktienmärkte an diesem Tag um fast 3 % fielen. Es war der schlechteste Fed-Zinsentscheidungstag seit 2001, aber seitdem hat die Wall Street einen Teil der Verluste wieder wettgemacht.
Im Allgemeinen signalisieren höhere Anleiherenditen, dass Aktien höhere Renditen bieten müssen, um mithalten zu können – was im Umkehrschluss bedeutet, dass die aktuellen Aktienkurse niedriger sein sollten. Eine der großen Fragen an den Finanzmärkten ist nun, wann es zu einer Korrektur kommen wird. Dass es zu einem Rückschlag kommen wird, ist jedoch sehr wahrscheinlich.
“Anleihen sind günstiger als das Risikopapier Aktie”, sagt Michael O’Rourke, Chef-Marktstratege bei JonesTrading. “Da Treasuries weiterhin unter Druck stehen und die Renditen steigen, sollten die Aktienmärkte nach unten korrigieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben.” Andernfalls wird die Blase der Technologieaktien weiter aufgebläht.
FMW/Bloomberg
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