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Geldpolitik bleibt im Fokus Aktienmärkte haben ein Problem – die Angst vor steigenden Zinsen

Aktienmärkte haben ein Problem - die Angst vor steigenden Zinsen
Wall Steet in New York. Foto: Bloomberg

Die US-Aktienmärkte haben ein Problem. Der Zinssenkungsoptimismus, der die Aktien im vergangenen Jahr beflügelt hat, ist verflogen. Angesichts der weiterhin robusten Wirtschaft und der hartnäckigen Inflation haben die Notenbanker der Fed eine deutlich restriktivere Haltung eingenommen und signalisieren eine langsamere Zinssenkung in diesem Jahr. Vor diesem Hintergrund und mit der Aussicht auf eine inflations- und wirtschaftsfreundliche Politik des designierten US-Präsidenten Donald Trump sind die Zinsen deutlich gestiegen und der Dollar zeigt sich stark. Diese Entwicklung sorgt für Gegenwind an den US-Aktienmärkten. Der Grundsatz „good news are bad news“ ist wieder in den Köpfen der Anleger verankert.

Aktienmärkte unter Druck

Die Aktienmärkte gerieten zum Ende der Woche unter Beschuss und Anleiherenditen stiegen zusammen mit dem Dollar, da Händler ihre Wetten auf Zinssenkungen durch die US-Notenbank nach einem starken Arbeitsmarktbericht reduzierten. Der S&P 500 erlebte dabei den schlechtesten Tag seit der letzten Fed-Sitzung Mitte Dezember. Der US-Leitindex rutschte am Freitag um 1,5 % ab und verlor damit seine gesamten Zugewinne seit Beginn des Jahres. Es war der schlimmste Kurseinbruch seit dem 18. Dezember, als die Fed die Märkte mit vorsichtigen Äußerungen über das Tempo weiterer Zinssenkungen in Aufruhr versetzte. Die risikoreicheren Sektoren der Wall Street wurden verkauft, und Small Caps bauten ihren Rückgang auf 10 % von ihren vorherigen Höchstständen aus. Ein Rücksetzer bei den Staatsanleihen ließ die Renditen für 30-jährige Staatsanleihen kurzzeitig auf über 5 % steigen. Die Swaps preisen nun Zinssenkungen der Fed in diesem Jahr um weniger als 30 Basispunkte ein.

Die US-Wirtschaft schuf im Dezember so viele neue Arbeitsplätze wie seit März nicht mehr, und die Arbeitslosenquote ging unerwartet auf 4,1 % zurück. Einzelne Daten nährten die Besorgnis über den anhaltenden Preisdruck, und die längerfristigen Inflationserwartungen der Verbraucher stiegen auf den höchsten Stand seit 2008. Der starke Anstieg des Ölpreises hat diese Befürchtungen noch verstärkt.

Neil Birrell von Premier Miton Investors ist der Ansicht, dass die Hoffnungen auf einen ruhigen Jahresbeginn an den Aktienmärkten endgültig verflogen sind.

Geldpolitik bleibt im Fokus

„Das sind gute Nachrichten für die Stärke der Wirtschaft und schlechte Nachrichten für diejenigen, die auf sinkende Zinsen hoffen, da die Inflation nun wieder ganz oben auf der Agenda der Fed stehen wird“, so Birrell. „Die Anleiherenditen dürften weiter steigen, was schlechte Nachrichten für Aktien sind. Ist eine Rendite von 5% für 10-jährige Staatsanleihen wirklich erreichbar? Viel fehlt jedenfalls nicht mehr, am Freitag stieg sie bis auf 4,77 %.

Bei Interactive Brokers sagt Steve Sosnick, dass die Aktienhändler wieder einmal ihre „Sucht nach Liquidität“ offenbart hätten.

„Aktienhändler machen sich wieder einmal mehr Sorgen über das Potenzial geldpolitischer Maßnahmen als über eine robuste Wirtschaft, die die Fundamentaldaten der Unternehmen verbessern könnte“, fügte er hinzu.

Der S&P 500 durchbrach kurzzeitig seinen gleitenden 100-Tage-Durchschnitt. Der Nasdaq 100 fiel um 1,6%. Der Dow Jones Industrial Average gab um 1,6 % nach. Der Index der „Magnificent Seven“ Megacaps fiel um 1,2 %. Der Russell 2000 Small Cap Index verlor 2,2 %. Der populärste Volatilitätsindikator der Wall Street, der VIX, stieg auf rund 20.

Die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen stieg schließlich um sieben Basispunkte auf 4,76 %, während der Bloomberg Dollar Spot Index um 0,5 % zulegte.

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Sorge vor steigenden Zinsen nimmt zu

Nach den starken Arbeitsmarktdaten vom Freitag revidierten die Volkswirte einiger Großbanken ihre Prognosen für weitere Zinssenkungen der Fed.

Die Bank of America, die zuvor zwei Zinssenkungen um jeweils einen Viertelpunkt in diesem Jahr erwartet hatte, geht nun nicht mehr davon aus und sagte, es bestehe das Risiko, dass der nächste Schritt eine Anhebung sein werde. Die Citigroup – deren Zinssenkungsprognosen zu den optimistischsten an der Wall Street gehören – rechnet immer noch mit fünf Senkungen um einen Viertelpunkt, sagt aber, dass sie im Mai beginnen werden. Goldman Sachs Group hingegen geht nun von zwei statt drei Zinssenkungen in diesem Jahr aus.

„Anleger sollten sich auf eine höhere Volatilität an den Aktienmärkten einstellen, da die Marktteilnehmer ihre Erwartungen auf sinkende Zinsen neu kalibrieren“, sagt Gina Bolvin von der Bolvin Wealth Management Group.

Die Renditen von Staatsanleihen sind gestiegen, seit die Fed im September ihren Zinssenkungszyklus eingeleitet hat. Die robuste US-Wirtschaft hat den Anstieg weiter angeheizt, so dass die 10-jährige Rendite um mehr als 100 Basispunkte höher liegt als vor der ersten Zinssenkung. All dies hat dazu geführt, dass sich Anleihenanleger mit der Möglichkeit auseinandersetzen müssen, dass die Benchmarkrendite bald wieder auf 5 % steigen könnte – ein Niveau, das in den letzten zehn Jahren nur wenige Male überschritten wurde und fast immer einen Mini-Crash an den Aktienmärkten ausgelöst hat.

Der Anstieg der Treasury-Renditen im vergangenen Monat wurde weitgehend von den Realzinsen bestimmt, was darauf hindeutet, dass höhere Wachstumserwartungen der Hauptgrund für den Ausverkauf waren, so Gennadiy Goldberg von TD Securities.

„Für globale Anleihen ist der starke US-Arbeitsmarktbericht nur eine zusätzliche Herausforderung“, sagte Seema Shah von Principal Asset Management. „Die Renditen haben ihren Höhepunkt noch nicht erreicht.“

Zinssenkungen: Renditen steigen und bringen die Fed unter Druck
30-jährige Treasury-Rendite kurzzeitig über 5 Prozent

Weniger Zinssenkungen der Fed

„Die Leute machen sich jetzt Sorgen, dass die Fed die Zinsen nicht senken kann, damit nimmt der Druck auf die US-Notenbank zu“, sagte Guy Stear vom Amundi Investment Institute. „Die Renditen werden in den kommenden Monaten weiter in Richtung 5 Prozent steigen, was die Aktienmärkte unter Druck setzen wird, es sei denn, es gibt eine sehr gute Berichtssaison im ersten Quartal.

Obwohl die Aktienmärkte keine niedrigeren Zinsen brauchen, um zu steigen, ist eine Fed, die ihre Geldpolitik lockert, immer ein besseres Umfeld für Aktienanleger als eine Fed, die die Zinsen erhöht – oder unverändert lässt“, so Chris Zaccarelli von Northlight Asset Management.

„In dieser Phase des Zyklus müssen sich die Gewinne verbessern, und zwar nicht nur bei den großen Technologieunternehmen, damit die Aktienmärkte in ihre bereits hohen Bewertungen ‚hineinwachsen‘.

Lara Castleton von Janus Henderson Investors zufolge haben die jüngsten Daten den Anlegern, die gehofft hatten, dass sich die Aktienmärkte von den großen Technologieunternehmen abwenden würden, keinen Gefallen getan.

Bret Kenwell von eToro ist der Ansicht, dass der Markt zwar nicht von den jüngsten Arbeitsmarktdaten begeistert sei, es jedoch weitaus schlimmere Dinge gebe als einen starken Arbeitsmarkt.

„Ohne ein starkes Fundament auf dem Arbeitsmarkt bricht alles zusammen. Das müssen die Anleger im Hinterkopf behalten – auch wenn es bedeutet, dass die Zinssenkungserwartungen einen Schritt zurückgehen“, so Kenwell.

Wetten auf Zinssenkungen der Fed werden neu kalibriert
Wetten auf Zinssenkungen der Fed werden nach Arbeitsmarktdaten zurückgedrängt | September oder Oktober gelten nun als wahrscheinlichster Termin für die erste Zinssenkung 2025

Gute Nachrichten sind schlechte Nachrichten

Es sieht tatsächlich so aus, als würden wir wieder in einer Welt leben, in der gute Nachrichten schlechte Nachrichten sind“, sagte Scott Helfstein von Global X. Doch das sei kurzsichtig.

„Wir glauben, dass die Unternehmen in diesem Jahr ihre hohen Gewinnerwartungen dank Automatisierungstechnologien wie KI und Deregulierung erfüllen können. Das wird die Aktienmärkte eher beflügeln als die Fed“, sagte er.

Die Berichtssaison wird nächste Woche traditionell mit der Veröffentlichung der Ergebnisse aus dem Finanzsektor beginnen. Analysten erwarten, dass Banken wie JPMorgan und Wells Fargo über anhaltende Gewinne im Trading und Investmentbanking berichten werden, die dazu beigetragen haben, den Rückgang der Nettozinserträge aufgrund höherer Einlagen und einer schleppenden Kreditnachfrage auszugleichen.

In der kommenden Woche werden die Verbraucher- und Erzeugerpreise weitere Hinweise auf die Inflationsentwicklung im Vorfeld der nächsten Fed-Sitzung am 28. und 29. Januar liefern.

„Der überraschend gute Arbeitsmarktbericht wird die Fed sicherlich nicht dazu bewegen, ihre restriktive Haltung aufzugeben“, sagte Ellen Zentner von Morgan Stanley Wealth Management. „Alle Augen werden nun auf die Inflationszahlen der nächsten Woche gerichtet sein, aber selbst ein leichter Rückgang der Teuerung dürfte nicht ausreichen, um die Fed zu einer baldigen Zinssenkung zu bewegen.

FMW/Bloomberg



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