Im Vorfeld wichtiger Daten zur US-Inflation hat die Rekordjagd an den Aktienmärkten eine Pause eingelegt, der US-Leitindex S&P 500 gab zwei Tage in Folge nach. Ob die Jahresendrally noch einmal Fahrt aufnimmt, dürfte auch von den heutigen Inflationsdaten abhängen. Da der Verbraucherpreisindex und der Bericht über die Erzeugerpreise am Donnerstag die letzten Daten sind, die die Fed vor ihrer Zinsentscheidung in der kommenden Woche erhält, wird ihnen besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Daher ist zu erwarten, dass die Aktienmärkte stark auf den CPI reagieren.
Aktienmärkte ignorieren Warnungen
Der Kampf gegen die Inflation mag weitgehend gewonnen sein, aber Spannungen über die Inflation könnten das Vertrauen in Zinssenkungen noch erschüttern. Die Aktienmärkte scheinen diese Warnungen zu ignorieren.
Aktien haben sich unter den günstigen „Goldlöckchen“-Bedingungen einer robusten Wirtschaft, sinkender Inflation und Zinssenkungen der Fed gut entwickelt. Dennoch gibt es beunruhigende Anzeichen in den Kursbewegungen, während eine reflationäre und expansive Fiskalpolitik ein Risiko für den Lockerungszyklus darstellen könnte. Die geplanten Zölle der Regierung von Donald Trump drohen die Inflationserwartungen für das kommende Jahr in die Höhe zu treiben. Daher richten sich heute alle Augen auf die erwarteten Zahlen zum US-Verbraucherpreisindex um 14:30 Uhr.
Die Anleger scheinen in den Stunden vor der Veröffentlichung zuversichtlich zu sein, denn die Optionen auf den S&P 500 Index preisen einen Anstieg von 45 Basispunkten ein. Nach Berechnungen von Bloomberg ist dies weniger als die durchschnittlich realisierte Bewegung von 71 Basispunkten im vergangenen Jahr.
„Die Aktienmärkte unterschätzt das CPI-Risiko“, so Gonzalo Asis, Derivate-Stratege bei der Bank of America. „Wir glauben, dass der Verbraucherpreisindex dieses Mal eine größere Rolle spielen wird.
Risikoereignisse für die Märkte
Die Strategen stellen fest, dass die Aktienmärkte seit Februar weniger stark auf die CPI-Daten reagieren und sich stattdessen stärker auf die Wachstumsaussichten konzentrieren. Die Konjunktursorgen haben jedoch nachgelassen, während die jüngsten Inflationsdaten so stark nach oben überrascht haben, wie seit Mai nicht mehr.
Dies hat dazu geführt, dass die Inflationsdaten und die Sitzung der Fed in der nächsten Woche zu den wichtigsten Risikoereignissen für die Aktienmärkte geworden sind. Ein kühleres VPI-Ergebnis heute könnte den Weg für eine Jahresendrallye in der zweiten Dezemberhälfte ebnen, die normalerweise die zweitstärkste Zeit des Jahres für Aktien ist. Ein höherer Wert könnte dagegen die Volatilität wieder anheizen und zu einem tieferen Rücksetzer führen, so das BofA-Team.
Die jährliche US-Inflationsrate liegt weiterhin über dem Zielwert von 2% und wird im November voraussichtlich auf 2,7% steigen. Laut der November-Umfrage der BofA unter Fondsmanagern haben die Anleger den zunehmenden globalen Preisdruck bereits als größtes Risiko für die Aktienmärkte identifiziert, wobei 32% diese Sorge vor der Geopolitik (21%) nannten. Auch wenn die US-Börsen zu Beginn dieser Woche etwas ins Straucheln geraten sind, bleibt die Stimmung unter den Anlegern durchweg positiv.
Szenarien für die Marktreaktion
Ein Team von JPMorgan Market Intelligence unter der Leitung von Andrew Tyler hat Szenarien für die Marktreaktion vor der Veröffentlichung der Daten am Mittwoch erstellt. Sie sehen eine 65%ige Wahrscheinlichkeit, dass der monatliche Verbraucherpreisindex wie erwartet zwischen 0,25% und 0,35% liegen wird, was zu einem Anstieg des S&P 500 Index zwischen 0,25% und 1% führen könnte.
Das Team sieht eine Wahrscheinlichkeit von 30%, dass die Zahlen zwischen 0,35% und 0,4% liegen, was einen Rückgang des Leitindex um 0,5% bedeuten könnte. In dem unwahrscheinlichen Szenario, dass die Inflationsrate über 0,4 Prozent steigt, könnte der S&P 500 um bis zu 2,5 Prozent fallen, schreiben sie. Denn eine hartnäckige Inflation könnte die Fed dazu veranlassen, das Tempo der Zinssenkungen in Zukunft zu verlangsamen, was vor allem den Aktienmärkten nicht gefallen dürfte.
Andrew Slimmon, Managing Director bei Morgan Stanley Investment Management, sagte gegenüber Bloomberg Television, dass es für Anleger an der Zeit sein könnte, sich gegen eine Korrektur abzusichern.
FMW/Bloomberg
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