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FOMO: Die Angst, etwas zu verpassen Aktienmärkte im Momentum-Rausch: Wer nicht dabei ist, verliert

Händler an der New Yorker Börse. Foto: Bloomberg

Die Märkte erleben derzeit ein seltenes Schauspiel: Ein Momentum, das sich von den Aktienmärkten bis hin zu Gold entfaltet und den Trend zu immer neuen Höchstständen nährt. Während Investoren weltweit auf den fahrenden Zug aufspringen, geraten viele Fondsmanager ins Hintertreffen, da ihre Strategien an ihre Grenzen stoßen. Momentum-Trader hingegen profitieren von der Dynamik und FOMO an den Märkten. Das Ergebnis ist ein Marktumfeld, das Chancen bietet, gleichzeitig aber auch die Risiken verstärkt.

Momentum-Trader reiten die Märkte

Im September türmten sich die politischen und wirtschaftlichen Risiken: Die US-Regierung legte den Großteil des Staatsapparates lahm, die Aussichten am Arbeitsmarkt trübten sich, und Debatten über die Unabhängigkeit der US-Notenbank Fed erreichten neue Lautstärke. Dennoch erlebten die Aktienmärkte, Rohstoffe und Währungen eine Phase, die für Momentum-Trader zur besten seit drei Jahren wurde. Der einfache Einsatz auf den Trend, dass erfolgreiche Geschäfte weiter Gewinne einfahren, zahlte sich so stark aus wie lange nicht.

Gold legte im September um mehr als zwölf Prozent zu und setzte seine Serie zum achten Mal in neun Monaten fort, während der japanische Yen gegenüber dem Dollar weiter nachgab. Die Aktienmärkte von New York bis Seoul bauten indessen ihre monatelange Rallye aus, die inzwischen rund 35 Billionen US-Dollar an Börsenwert geschaffen hat. Anleger folgten dem Trend über alle Anlageklassen hinweg – nur wenige Monate nachdem ähnliche Strategien im Sog von Donald Trumps Zollankündigungen kollabiert waren.

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An den Aktienmärkten ist die Dynamik inzwischen so ausgeprägt, dass traditionelle Fondsmanager kaum noch Schritt halten. Daten von Jefferies zeigen, dass im Jahr 2025 bislang nur 22 Prozent der aktiv gemanagten Fonds die Benchmark übertreffen – ein Wert, der auf das schlechteste Ergebnis seit Beginn der Aufzeichnungen hinauslaufen könnte.

Ein schlechtes Jahr für Aktien-Picker | Nur 22 % der aktiven Fonds schlagen den Markt

Rückenwind für die Märkte

Unterstützt wird der Auftrieb von einer außergewöhnlich lockeren Liquiditätslage. Laut Strategen von JPMorgan fließt seit zwei Jahren stetig mehr Geld durch Bankkonten und Geldmarktfonds, was zu einem kräftigen Rückenwind für die Vermögenspreise geworden ist. Dazu kommt eine zurückhaltende US-Notenbank, die ihre Priorität von der Inflationsbekämpfung auf die Abfederung des schwächeren Arbeitsmarktes verschoben hat.

„Trotz mancher negativer Schlagzeilen und Risiken wollen Investoren ganz klar nicht überrascht werden und die Rallye nicht verpassen“, sagt Joseph Tanious, Chefstratege bei Northern Trust Asset Management. Vor allem an den Aktienmärkten und bei Gold ist FOMO – die Angst etwas zu verpassen – stark ausgeprägt. „Noch vor wenigen Monaten lasteten viele Sorgen schwer auf den Märkten. Heute haben wir mehr Klarheit.“

Die beste aller Börsenwelten

Während aktive Manager hinterherlaufen, profitieren Anlagevehikel, die gezielt Momentum in den Märkten nutzen. Ein Index von Commodity-Trading-Advisors legte im September fast sechs Prozent zu, und der iMGP DBi Managed Futures Strategy ETF verzeichnete den besten Monat seit 2022. Damit kehrte sich die schwache Entwicklung des Jahresanfangs um, als Trumps erratische Politik die Märkte noch mit Szenarien von Inflation bis Rezession belastete. Nun hat sich das Sentiment gedreht. Trumps Rücknahme der drastischsten Aspekte seiner Handelspolitik hat das Vertrauen gestärkt, das mit der Unterstützung durch die Fed beinahe unerschütterlich wirkt. „Es gibt viel Vertrauen in den sogenannten Fed-Put“, sagt Brad Conger, Chief Investment Officer bei Hirtle Callaghan. „Alles wird im bestmöglichen Licht gesehen.“

Selbst der Regierungsstillstand in Washington und verzögerte Konjunkturdaten konnten die Risikofreude nicht bremsen. Der S&P 500 legte im traditonell schwachen Börsenmonat September 3,5 Prozent zu und gewann in der Woche danach nochmals ein Prozent. Der Dollar stoppte seinen Abwärtstrend und der Goldpreis stieg die siebte Woche in Folge. Laut JPMorgan-Analyst Nikolaos Panigirtzoglou haben verschiedene Maßnahmen des US-Finanzministeriums die Geldmenge schneller wachsen lassen als das Bruttoinlandsprodukt – überschüssige Mittel, die ihren Weg schließlich in die Anleihe- und Aktienmärkte fanden.

Zudem strömt Kapital in großem Umfang in börsengehandelte Fonds (ETFs). Laut Citigroup erreichten die Zuflüsse in US-orientierte ETFs im September 141 Milliarden Dollar, das dritthöchste Monatsvolumen aller Zeiten. „Was uns auffiel, war die enorme Breite der Zuflüsse über verschiedene Anlageklassen hinweg“, kommentiert Scott Chronert, Chefstratege für US-Aktien bei Citi. „Wir müssen anerkennen, dass es offenbar viel Liquidität gibt, die noch investiert werden will.“

Aktienmärkte: Gewinner und Verlierer

Vor allem Momentum-Fonds profitieren von dieser Welle. Der iShares MSCI USA Momentum Factor ETF zog seit Jahresbeginn 2,8 Milliarden Dollar an und steuert auf das beste Jahr seit 2018 zu. Im September stieg er um fünf Prozent, seit Jahresanfang liegt das Plus bei 23 Prozent. Ein von Goldman Sachs zusammengestellter Korb hochvolatiler Momentum-Aktien kletterte sogar um 17 Prozent allein im letzten Monat.

Für Fondsmanager, die Aktien anhand fundamentaler Kriterien wie Gewinnwachstum oder Bewertung auswählen, bedeutet dieses Momentum sowie der starke Trend ein Problem. Der Anteil der Fonds, die den Markt schlagen, ist auf dem Weg zum niedrigsten Stand seit mindestens 1999 – besonders, weil viele Manager Technologieaktien gemieden haben, obwohl der Sektor dank der Euphorie um Künstliche Intelligenz der mit Abstand stärkste an den Aktienmärkten ist.

Der Druck auf Fondsprofis wächst, die Lücke in den verbleibenden Monaten 2025 aufzuholen. Doch die Botschaft der Aktienmärkte klingt eindeutig. „Der Markt signalisiert derzeit, dass keine Angst angebracht ist“, sagt Ben Fulton, CEO von WEBs Investments. „Man muss investiert bleiben.“

FMW/Bloomberg

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6 Kommentare

  1. Bei europäischen Momentum-Aktien läuft es auch, nur sind das halt andere Branchen, wie bsw Rüstung.

  2. Bei allem Respekt, aber der Titel ist etwas fehlleitend: siehe Au und Ag. Ohnehin schätze ich die Märkte aktuell eher mit einem völlig falschen Sentiment ein.

  3. Solange die US- Börsen hochgehen, meint Donald Trump, dass er das richtige tut. Erst bei einem deutlichen Kurseinbruch wird er den Governmental Shutdown beenden.

    Somit wird sich der Shutdown einige Zeit hinziehen.

  4. bitte eine Kopie dieses Berichtes an den Kollegen Fugmann

    beste Grüße

    dw

  5. Das klingt so wie ich das auch vermute. Es geht nicht um Aktien bzw. Firmen und wie die sich entwickeln.

    Vielmehr ist scheinbar schmerzhafter Kapitaldruck da und wer gewinnt, ist eher Zufall denn Strategie.

    Also eigentlich einfach, Aktien als Inflationsschutz. Scheint ja zu funktionieren. Und ich vermute, so lange, bis ein Ereignis Kapital abfordert oder aktiv aus dem Markt zur Flucht anregt. Hier fällt mir zu ersterem eine Kreditkrise ein, die bei Ausbleiben von Lohn in den USA ausgelöst werden könnte, was man ja aber halbwegs gut beobachten kann. Die privaten Haushalte sind wohl mal wieder auf Maximum, die Immobilienkrrdite haben seit 2008 höhere Auflagen.

    Gierige Euphorie möchte ich das nennen, dennoch reicht das alleine wohl kaum für einen Crash.

  6. Sei mutig wenn die anderen ängstlich sind.
    Sei ängstlich wenn die anderen mutig sind.

    warren buffet

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