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Aktienmärkte in Aufruhr: Wie reagiert die Fed?

Desto nervöser die Aktienmärkte sind, desto vorsichtiger könnte Jerome Powell agieren

Aktienmärkte - wie reagiert Fed?

Die gestrigen 9,6 Prozent für die Produzentenpreise haben im aktuellen Inflationsszenario gerade noch gefehlt: Kaum hatten sich die Aktienmärkte etwas beruhigt im Vorfeld der Fed-Sitzung, angesichts der Spekulation über das kommende Fed-Statement und die ständigen Unruhen verbunden mit der Omikron-Variante von Corona. Dann die gestern so „heißen“ US-Erzeugerpreise, die sich bald in den Verbraucherpreisen widerspiegeln wird. Und wenn nicht leiden die Margen der Firmen – ein unguter Cocktail, wenn es so kommen sollte.

Aber so seltsam es klingen mag, desto nervöser die Aktienmärkte sind, desto vorsichtiger könnte Jerome Powell agieren.

Aktienmärkte: Big Money fürchtet die Fed

Es ist wohl das relevanteste Ergebnis der monatlichen Umfrage unter den großen Vermögensverwaltern in den USA durch die Bank of America (Global Fund Manager Survey). Bei der Frage nach den größten aktuellen Risiken ergab sich folgende Reihung:

42 Prozent – die Zinsanhebungen der Federal Reserve
22 Prozent – die Inflation
15 Prozent – die Corona-Pandemie

Das heißt, dass man einen Policy Error der Fed fürchtet, in Gestalt schnell steigender Zinsen in einer sich vielleicht schon abschwächenden Wirtschaft. Jeder erfahrene Fondsmanager hat erfahren, dass in den letzten Jahrzehnten fast jeder Aufwärtszyklus der Aktienmärkte damit geendet hat, wenn die Notenbanken die Zinsen anheben mussten – wegen einer heiß laufenden Wirtschaft und/oder wegen stark steigender Teuerungsraten. In der jetzigen Situation ist die Wende in der Geldpolitik besonders kritisch, weil die globalen Notenbanken eine Geldflut losgetreten haben, wie es sie noch nie in der modernen Wirtschaftsgeschichte gegeben hat. Nichts verdeutlich die Kausalität zwischen dem Anstieg der Geldmenge und dem Anstieg des Weltleitindex mehr, als diese Übersicht im Tweet von Holger Zschäpitz. Der lineare Zusammenhang gilt auch für den MSCI World, durch die Dominanz amerikanischer Blue Chips:

Aktienmärkte und Liquidität

Die Frage ist nur, ob ein Tapering in eine Reduzierung der Notenbankbilanz münden kann. Dies hat schon 2018 nicht geklappt und Japan zeigt, dass dies vielleicht gar nicht mehr möglich ist.

Was die Beobachter der Fed erwarten

Rauf und runter werden derzeit die Fragen um Tapering und Zeitpunkt des ersten Zinsschritts 2022 erörtert. In allen Medien und natürlich von zahllosen Beobachtern der Notenbankpolitik.

Hierzu wurde gestern beim US-Börsensender CNBC so etwas wie ein aktueller Konsens publiziert:

Die Summe der Reduktion für die Anleihekäufe soll sich auf 30 Milliarden Dollar belaufen, die erste Zinssenkung wird im Juni 2022 erwartet. Insgesamt soll es jeweils drei Zinsschritte in den Jahren 2022 und 2023 gegen, die Schätzung für den finalen Notenbankzins soll 2,3 Prozent betragen. So die Einschätzung, sollten die dazugehörigen Rahmenbedingungen eintreffen:

Peak Inflation soll es im Februar 2022 geben und das Wachstum müsste im Wunschtempo von fast vier Prozent kommen, wie es schon von Donald Trump eingefordert worden war.

Was die Notenbank in den USA in die Schranken weisen wird

Wie extrem hatte man bereits im März 2020 vonseiten der Regierung reagiert, als ein gigantischer Lockdown den Konsum in den USA bedrohte. Es wurden riesige Rettungspakete (Helikopterschecks) schuldenfinanziert und eine Unterstützung der Arbeitslosen, wie es nicht einmal die Linken erträumt hatten. Millionen Amerikaner hatten während Corona mehr Geld in der Tasche, als durch ihre vorherige reguläre Arbeit. Deshalb: Alle Maßnahmen, die die US-Notenbank beschließt, könnten so lange Bestand haben, bis diese den Konsum in den USA mit seinem Volumen von 16 Billionen Dollar tangieren.

Zweitens: Im Dezember 2018 fielen de Aktienmärkte  nach der neunten Zinsanhebung und dem Versprechen von Jerome Powell die Fed-Bilanz weiter zu reduzieren (auf Autopilot) knapp 20 Prozent (knapp vor einem Bärenmarkt). Der Rest ist bekannt – es kam die berühmte 180-Grad-Wende.

Heute haben die amerikanischen Aktienmärkte eine Marktkapitalisierung von 50 Billionen Dollar. Bei einer 20 Prozent-Korrektur beträgt der Vermögensverlust 10 Billionen Dollar, also eine Summe, die bereits deutlich größer ist als die gesamte Fed-Bilanz, nicht auszudenken bei 30 oder 40 Prozent Kursrückgang. Die Hälfte der Amerikaner sind Aktionäre, direkt oder über ihre Altersparpläne, nahezu jeder Entscheider aus der Politik ist Shareholder. Daher gibt es auch hier Grenzen für geldpolitische Maßnahmen.

Aber man muss doch die Inflation bekämpfen. Ja, aber bei Vemögensverlusten von über 10 Billionen Dollar würde die Nachfrage im Shopping-Paradies Amerika in sich zusammenfallen. Bei vorher gestiegenen Zinsen, die die Bedienung der Verbraucherkredite schon in die Höhe getrieben haben, in einem Land mit etwa einer Milliarde Kreditkarten. Rasch wäre es vorbei mit der überbordenden Nachfrage bei begrenztem Angebot.

Dies sind nur ein paar Gedanken vor der Fed-Sitzung, die aber erst mittel- und langfristig aktuell werden könnten.

Fazit

Es steht sicherlich außer Zweifel, dass sie Notenbanken reagieren müssen, die ständigen Zuflüsse in die Anleihemärkte zurückführen, die Aufblähung der Geldmenge beenden sowie die Manipulation der Zinsen, die dazu führen, dass Zombiefirmen die Wirtschaftsentwicklung behindern. Die unseligen Folgen von Inflation wurden schon ausführlich auf FMW beleuchtet.

Das Problem ist, dass die Notenbank spät dran ist mit der Reduzierung der Anleihekäufe, was natürlich auch durch die Politik verursacht wurde. Man wollte Konsum und Arbeitsmarkt nicht torpedieren, schließlich ist man von Wählerstimmen abhängig. Hat man denn schon vergessen, wie Donald Trump seinen Notenbank-Chef öffentlich beleidigte, weil dieser die Zinsen nicht auf null senken wollte?

Nichtsdestotrotz wird es heute spannend – und erst recht im nächsten Jahr, wenn die Droge abgesetzt wird, der Patient (also die Aktienmärkte) ohne Dopamine bei Laune gehalten werden muss. Und erst recht zukünftig, wenn man versucht, in einer mit über 300 Prozent zum GDP verschuldeten Welt die Zinsen stärker anzuheben. Da könnte man fast eine Wette abschließen, dass dies nicht gelingen wird und man die Zinsprojektionen der Notenbank für 2023 und später  in „die Tonne kloppen kann“.



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2 Kommentare

  1. Naja wenn die Inflation richtig haussiert wie in der Türkei will ich lieber Aktien oder Gold bzw. sonstige Sachwerte besitzen.
    Ich persönlich werde im nächsten Jahr meine Cashposition auf nahe 0 fahren und 60% Immobilien/ 30% gold und 10% Aktien gehen und Cash nur das was man eben unbedingt liquide haben muss.

    Zugegeben ich geh davon aus das Goldpreis wie schon seit Jahrzehnten künstlich unten gehalten wird normalerweise würde kaum einer in Zeiten starker Inflation Gold verkaufen auch nicht wenn die Zinsen minimal angehoben werden würden. Ich kenne jetzt niemand in meinem Bekannten-Kreis der in dieser Zeit die Goldbarren rausholt und in Cash umwandelt um es dann von der Inflation auffressen zu lassen, eher im Gegenteil das man Cash gegen Gold tauscht.

  2. Es bleibt spannend !
    Und noch ein Leckerchen zur Vervollständigung.

    https://www.zerohedge.com/markets/boj-panics-unleashes-liquidity-first-time-2006-amid-repo-spike

    Hoffentlich reichts . :-)

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