Trotz der anhaltenden Unsicherheit über die aggressive Zollpolitik von Donald Trump zeigen sich die US-Aktienmärkte robust. In der abgelaufenen Handelswoche hat sich der S&P 500 seinem Rekordhoch aus Februar bis auf rund 2 Prozent angenähert. Auf den letzten Metern tut er sich jedoch schwer. Dennoch vollziehen die Wall-Street-Strategen von JPMorgan eine Kehrtwende, erhöhen ihre Prognose für US-Aktien und erwarten nun bis Ende des Jahres einen leichten Anstieg.
JPMorgan: Kehrtwende an den Aktienmärkten
Die Strategen von JPMorgan vollziehen erneut eine Kehrtwende. Die Bank ist das jüngste Wall-Street-Unternehmen, das seine Prognose für die US-Aktienmärkte anpasst und sein Ziel für den S&P-500-Index erhöht, da die Aktien trotz der anhaltenden Unsicherheit über die Handelspolitik von Präsident Donald Trump weiter steigen.
Der oberste Aktienstratege der Bank, Dubravko Lakos-Bujas, hatte während der Zollvolatilität im April noch vorausgesagt, dass der US-Leitindex das Jahr 2025 bei 5.200 Punkten beenden würde. Jetzt sieht er den S&P 500 das Jahr bei 6.000 Punkten beenden. Diese Marke hat er am Freitag bereits erreicht und auch dort seinen Schklusskurs markiert. Das Aufwärtspotenzial ist also beschränkt. Im Vergleich zu seiner vorherigen Erwartung ist dies jedoch immer noch ausgesprochen optimistisch.
Der Schritt von JPMorgan folgt auf ähnliche Kehrtwenden der Strategen von Goldman Sachs, Deutsche Bank und Barclays. Die Goldman-Strategen – darunter David Kostin – sehen den S&P-500-Index allerdings deutlich höher. Sie rechnen mit einem Anstieg auf 6.500 Punkte in den nächsten 12 Monaten, gegenüber 6.200 Punkten zuvor.
„Ohne größere politische Überraschungen ist der Weg des geringsten Widerstandes zu neuen Höchstständen”, schrieb Lakos-Bujas am späten Donnerstag in einer Mitteilung an seine Kunden. Der Leiter der globalen Marktstrategie von JPMorgan führt den Anstieg auf künstliche Intelligenz, ein stetiges Angebot systematischer Strategien und verbesserte Volatilitäts- und Momentum-Signale sowie Zuflüsse von aktiven Managern, die jeden Dip an den Aktienmärkten kaufen, zurück.

S&P 500 nimmt Allzeithoch ins Visier
Der S&P 500 hat inzwischen alle Verluste, die durch den 12-prozentigen Einbruch Anfang April verursacht wurden, wieder wettgemacht. Auslöser war die Ankündigung Trumps, umfassende Zölle gegen einen Großteil der US-Handelspartner zu verhängen. Am 9. April setzte er die Zölle für 90 Tage aus, wodurch die Talfahrt gestoppt wurde. Seitdem hat er einige Zölle aufgehoben und andere erhöht, was an den Aktienmärkten für Verwirrung gesorgt und den sogenannten „Taco-Trade“ ins Leben gerufen hat.
Da es jedoch keine größeren Abwärtskatalysatoren gab, die die Anleger verschreckt hätten, und sich ein Gewöhnungseffekt eingestellt hat, sind die Aktien weiter gestiegen. Der S&P 500 ist inzwischen nur noch etwa zwei Prozent von seinem Allzeithoch entfernt. Die jüngsten Wirtschaftsdaten deuten darauf hin, dass die US-Wirtschaft die Auswirkungen der Zölle noch nicht spürbar zu tragen kommt. Am Freitag stiegen die US-Aktienmärkte sprunghaft an, da die jüngsten Beschäftigungsdaten die Prognosen übertrafen und auf einen nach wie vor starken Arbeitsmarkt hindeuten. Der Arbeitsmarktbericht fiel jedoch nicht zu stark aus, sodass die Zinssenkungserwartungen unverändert blieben. Die Märkte erwarten nach wie vor mindestens zwei Zinssenkungen der Fed in diesem Jahr.
Unberechenbare Aktienmärkte
Lakos-Bujas war nicht der Einzige, der während des Zollchaos Anfang April, das die Befürchtung einer Verlangsamung des US-Wachstums durch einen Handelskrieg auslöste, seine Erwartungen herunterschraubte. Zu diesem Zeitpunkt senkten die Sell-Side-Strategen ihre Prognosen für den S&P 500 so schnell wie seit dem Ausbruch der Pandemie im Jahr 2020 nicht mehr. Diese Kehrtwenden zeigen, wie schwierig es ist, die Entwicklung der Aktienmärkte vorherzusehen, wenn sie von Trumps launischem Ansatz in der Wirtschaftspolitik diktiert wird.
Laut Lakos-Bujas sieht JPMorgan einen bevorstehenden Aufwärtsdruck, da institutionelle Anleger die Aktienmärkte nun nach oben treiben, nachdem sie während der Panik im April Aktien an Unternehmen und Privatanleger verkauft hatten. Er glaubt auch, dass sich die Führung wieder auf die hochfliegenden Big-Tech-Unternehmen beschränken wird, die den Bullenmarkt dominiert haben. Die überzeugendsten Trades der Bank sind Momentum-Aktien, insbesondere die Magnificent Seven, Halbleiter und andere KI-Profiteure.
Dennoch warnt Lakos-Bujas vor anhaltenden Abwärtsrisiken, einschließlich der Möglichkeit einer Konjunkturabschwächung in der zweiten Jahreshälfte bei aktuell hohen Aktienbewertungen.
„Wenn dies jedoch auch dazu führt, dass sich der Zeitplan der Federal Reserve für die Lockerung der Geldpolitik beschleunigt, könnte der Markt durch die Schwäche hindurchblicken und die nachlaufenden Marktsegmente – zyklische Werte, Small Caps – zumindest vorübergehend wieder anziehen“, schrieb er.
FMW/Bloomberg
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