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Aktienmärkte: Kampf gegen den Bärenmarkt – Ende des Bullenmarktes?

Der Abverkauf der Aktienmärkte ist dann der eigentliche Auslöser für eine Rezession - auch wenn man diese aus den Wirtschaftsdaten noch gar nicht ablesen kann

Gestern Abend gegen 20:00 Uhr MEZ war es für die amerikanischen Aktienmärkte kurzfristig soweit: Dow Jones und S&P 500 fielen zwischen fünf und fast sieben Prozent – und tauchten damit in  Bärenmarkt-Territorium ein. Beim ehrwürdigen Dow war dies ein Absturz um 1689 Punkte. Dann setzen wieder leichte Rückkäufe ein.

Der Dow schloss knapp im Bärenmarkt, ein Grund dafür war Boeing mit einem brutalen Minus von 18 Prozent. Der Leitindex S&P 500 konnte sich noch einmal leicht erholen.

Aktienmärkte: Die Bedeutung eines Bärenmarktes

Bei einem Sturz der Aktienindizes unter die 20 Prozent-Schwelle spricht man von einer Baisse und damit vom Ende eines Bullenmarktes.

Asiatische und europäische Aktienmärkte befinden sich schon in diesem Modus. Der deutsche Leitindex schloss am gestrigen Tag bereits 24 Prozent unter seinem Höchststand. Analysten blieb gestern in den USA nur die Feststellung: Wir erleben gerade den schnellste Rückgang von einem Allzeithoch in einen Bärenmarkt – ever!

In der Regel beinhaltet ein Bärenmarkt große finanzielle Einbußen für die US-Konsumenten, so dass er stark trendverstärkend wirkt. Der Abverkauf der Aktienmärkte ist dann der eigentliche Auslöser für eine Rezession – auch wenn man diese aus den Wirtschaftsdaten noch gar nicht ablesen kann. Deshalb gibt es auch das Bemühen von Regierung und Notenbank mit monetären und fiskalischen Maßnahmen das Unheil zu verhindern. Einem Wirtschaftssabsturz, der regelmäßig mit Firmenpleiten und Arbeitsplatzverlusten verbunden ist.

Der einmalige Einbruch der Aktienmärkte

Der gestrige Börsenhandel war wieder einmal nichts für schwache Nerven: Dow Jones und S&P 500 schlossen bereits den 12. von 15 Handelstage in Folge im Minus: S&P 500 minus 4,89 Prozent, Dow minus 5,86 Prozent und sogar ein Anstieg der 10-jährigen US-Treasury auf 0,881 Prozent waren die Folge.

Es fielen also sogar Aktien- und Rentenmärkte. Das „Blutbad“ geht weiter. Der mit Abstand weltgrößte Index der Welt, der S&P 500 verliert bereits 8 Prozent in dieser Woche. Nur zehn von 500 Aktien im S&P beendeten den gestrigen Handel im Plus.

Damit setzt sich eine unglaubliche Serie an Tagen mit extremen Kursschwankungen der Aktienmärkte fort. Der Dow Jones schwankte in den letzten 12 Handelstagen durchschnittlich um 3,5 Prozent. Die Aktienmärkte sind nach Ansichten von Beobachtern an der Wall Street deshalb so volatil, weil man einzupreisen versucht, was derzeit eigentlich unmöglich ist: Die Einberechnung für die Unternehmen, welche ökonomische Folgen die Pandemie auf mittlere Sicht zeitigen könnte. Ein Unding, deshalb auch der ungewöhnlich hohe Stimmungswechsel zwischen Hoffnung und Panik. Einen Sektor erwischt es derzeit mit aller Macht, die Luftfahrtbranche. „Das goldene Jahrzehnt“ für die Luftfahrtindustrie geht zu Ende und das betrifft nicht nur den großen Flugzeughersteller Boeing.

Kommt jetzt erst einmal eine Erholung?

Nach diesen Tagen extremer Kursverluste sind die Aktienmärkte eigentlich derartig überverkauft, dass jederzeit eine heftige technische Gegenbewegung starten könnte. Dafür gibt es ein paar extreme Parameter:

Das US-Angstbarometer, Fear&Greed, welches sich aus sieben Komponenten zusammensetzt, schwankte gestern im extremen Panikmodus zwischen drei und vier Punkten. Einen so niedrigen Stand gab es in den letzten Jahren nur im Dezember 2018. Auch das Volatlitätsbarometer VIX stand am gestrigen Abend bei 54 Punkten, was bedeutet, dass die Anleger mit einer Schwankung von über 50 Prozent für den S&P 500 in den nächsten 30 Handelstagen ausgehen.

Aber auch für den deutschen Leitindex gibt es eine Extremindikation. Der Dax liegt aktuell bereits über 15 Prozent unterhalb seiner 200-Tage-Linie, dem Indikator für den langfristigen Trend. Einen derartig großen Abstand gab es zuletzt im Dezember 2018 und danach kam bekanntermaßen eine deutliche Kurswende.

Die aktuelle Entwicklung

US-Präsident Trump versprach bei seinem Treffen mit den Chefs der großen US-Banken am gestrigen Abend eine Stellungnahme im Fernsehen, um Maßnahmen gegen die Coronakrise zu verkünden. Covid-19 war erst gestern von der WHO zur Pandemie hochgestuft worden. Nach seiner Ansicht sei die USA mit dieser Infektionskrankheit nur durch Reisende aus Asien und Europa bedroht. Ein von ihm angedeuteter Einreisestopp aus diesen Ländern sorgte aber nicht für einen Befreiungsschlag, sondern verunsicherte die Investoren weltweit weiter. Die Ankündigung eines 30-tägigen Einreisestopps für Reisende aus Europa ließ die Indizes in Japan, China und Südkorea in der Nacht weiter fallen. Donald Trump lieferte ungewollt weiter Futter für den Bärenmarkt.

Fazit

Historische Zeiten an der Wall Street: 20 Prozent Kursrückgang in nur 15 Handelstagen, von einem Allzeithoch – wann hat es so etwas jemals gegeben?

Der Kampf um die offizielle Baisse der amerikanischen Aktienmärkte dürfte weitergehen. Vielleicht wurde er aber schon verloren – derzeit überschlagen sich die Ereignisse.

US-Präsident Trump kündigte gestern bei seinem Treffen mit den CEOs der Großbanken eine Erklärung an, wie seine Regierung auf das Coronavirus reagieren möchte. Während den Chefs der Banken fiskalpolitische Maßnahmen vorschweben, favorisiert Trump bisher die Idee einer Lohnsteuersenkung.

„Am Stand des Dow Jones sollt ihr meine Politik messen“, so hat er in vielen seiner Stellungnahmen vor den Medien getönt. Jetzt befinden wir uns kurz vor der heißen Phase des US-Wahlkampfs. Es scheint so, als ob Covid-19 ein größerer Konkurrent um eine zweite Amtszeit darstellt, als es Joe Biden derzeit verkörpert. Oder Covid-19 ist der große Sündenbock (die Katastrophe), der alle anderen Ereignisse in den Schatten stellt und einem amtierenden Präsidenten in die Hände spielt.

Die Aktienmärkte fallen in Bärenmarkt-Territorium



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5 Kommentare

  1. Oder Covid-19 ist der große Sündenbock (die Katastrophe), der alle anderen Ereignisse in den Schatten stellt und einem amtierenden Präsidenten in die Hände spielt.

    Wäre ein derzeitiger Präsident ein kluger, umsichtiger und vorausschauender Präsident mit adäquater Bildung und Empathie ausgestattet, könnte er das Land sehr wohl besonnen durch die größte Krise der Menschheit führen und sich für eine Wiederwahl empfehlen. Trump hat keinen Schimmer davon wie die Märkte funktionieren, ebensowenig von echtem Krisenmanagement.
    Lachhaft, wen sich Amerika hierfür gewählt hat – Donald Trump.
    Ihm steht seine schlimmste Zeit bevor, sie wird grausam enden.
    Für alle Zukunft wird er als leuchtendes Beispiel für eine durch und durch dekadente Epoche des Finanzkapitalismus sein. Amerika wird seine Weltmacht-nicht militärisch, sondern wirtschaftlich- verlieren, sobald die Weltleitwährung unter seiner Regie zugrunde gegangen sein wird. Niemand mehr wird eine Leitwährung der Amerikaner akzeptieren, mittels derer die Welt in der Vergangenheit regelrecht missbraucht wurde.

  2. @Wolfgang Müller
    Danke für die ausführliche Übersicht.
    Einer meiner zuverlässigsten Langzeitindikatoren hat heute zum ersten Mal seit Sept`16 ein Longsignal generiert. Auch SP500/GOLD-Ratio hat eine signifikante Unterstützung erreicht. Bin heute widerwillig (traue momentan auch den besten Indikatoren nicht so recht) Long gegangen, ich rechne ab sofort mit einer Stabilisierung oder gar einer Erholung temporärer Natur.
    Scalpen in VVIX und VIX am Limit-Down ist heute ein Vergnügen und ein sehr lukratives Unterfangen ;-)
    Allen (Nicht)Tradern schon mal ein schönes erholsames Wochenende

    1. @DECUBA

      -Einer meiner zuverlässigsten Langzeitindikatoren hat heute zum ersten Mal seit Sept`16 ein Longsignal generiert. Auch SP500/GOLD-Ratio hat eine signifikante Unterstützung erreicht. Bin heute widerwillig (traue momentan auch den besten Indikatoren nicht so recht) Long gegangen, ich rechne ab sofort mit einer Stabilisierung oder gar einer Erholung temporärer Natur-

      Alle Achtung👍👍👍
      Können Sie auch verraten, was das für ein Indikator ist?

  3. @ Andreas M. Einverstanden, auch die Sowietunion war durch den Rüstungswettlauf am Ende wegen den Finanzen gescheitert. ( Zu Tode gerüstet)
    Ein Präsident ,der manipulierte Aktienkurse ( Buchgewinne) als das Höchste aller Ziele betrachtet, bekommt gerade seine verdiente Rechnung serviert.
    GröPaz wird gerade umbenannt in DüPraz. ( Dümmster Präsident…….)

  4. Ein Spruch aus „Juressic Park“ der da lautet „Die Natur findet immer einen Weg“ ist mir die letzten Tage in den Sinn gekommen. Diese von der Natur (vielleicht auch durch Menschenhand unterstützte) hervorgerufene Krise zeigt hoffentlich allen auf, dass Übertreibungen irgendwann korrigiert werden. Solange die Finanzwelt, die Banker, die Multis, die Politiker etc. durch das Volk der einzelnen Länder (zumindest in den Demokratien dieser Welt) nicht in Schranken gewiesen und mit persönlichen Haftungen für ihr Tun belangt werden ist davon auszugehen, dass nach Vorübergehen der Krise alles so weiterläuft wie bisher. Dabei wäre es so einfach!
    Hier ein paar wenige Beispiele aus meiner bescheidenen Sicht:
    – Persönliche Haftungen für alle Manager und Politiker.
    – Massive Stärkung der direkten Demokratie.
    – Aktienrückkäufe in Höhe von max. 20% des Nettogewinn einer AG.
    – Wahlrechtsänderung (passsiv, wie aktiv) gemäß Vorschlag Dr. KRALL.
    – Realisierung des Verfassungsgrundsatzes, dass alle Macht vom Volk aus gehen soll.
    – Max. Amtszeit von Politikern über 2 Legislaturperioden.
    – Besetzung von Ministerämtern ausschließlich durch ausgewiesene Experten in dem jeweiligen Resort.
    – Das Volk soll bei Wahlen nicht nur die Partei wählen sondern jeden einzelnen Minister, entsprechend seiner Ausbildung und Expertise.
    usw. usw.!
    So, genug geträumt!
    LG

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