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Aktienmärkte: Nach der Katastrophenwoche – jetzt die Gegenbewegung?

Gut zwei Tage hatten die Investoren Zeit, um den Abverkauf der Aktienmärkte in der letzten Februarwoche zu verarbeiten, die schwärzeste Woche seit der Finanzkrise. Die Panik zu verarbeiten, zu rechnen, auf das große Ganze zu blicken, mit den möglichen Auswirkungen des Coronavirus, beginnend mit dessen Bekämpfung in China und seiner globalen Verbreitung. Gibt es Hoffnung oder weitere Zuspitzung?

Die Lage in China

Glaubt man den chinesischen Zahlen, so hat die Infektionswelle ihren Höhepunkt überschritten. Seit zwei Wochen übersteigt steigt die Zahl derer, die das Krankenhaus verlassen haben, die Zahl der neu Infizierten. Stand am Montag: 80.026 Infizierte (weltweit 89.075), Gesundete 44.522, abzüglich der Verstorbenen (2912 Personen) – macht aktuell 32.592 Erkrankte,

Vor Kurzem betrug diese Differenz noch über 50.000 – die Wende? Nur, wie gesagt, wenn man den chinesischen Angaben Glauben schenkt.

Im Übrigen denke ich, dass Vermutungen von Millionen Infizierten und Zehntausenden Toten derzeit nicht sehr glaubwürdig sind. Wir leben im Zeitalter der Social Media und eine derart große Divergenz würde WHO und Hunderten Virologen/Ärzten, die in Kontakt mit ihren Kollegen in China stehen, gewiss auffallen. Aber misstrauisch macht die Vollauslastung der Krematorien in Wuhan schon.

Was die Wirtschaftsdaten betrifft, da ist aktuell erst einmal Land unter. Der heutige chinesische Einkaufsmanagerindex steht mit 40,3 Punkten für den Februar tief im Kontraktionsbereich. Das war aber auch klar, schließlich wurde in China seit Wochen allenfalls mit halber Kraft produziert.

Aktienmärkte und der globale Vormarsch von Covid-19

Neben der Entwicklung in China, der Werkbank der Welt, liegt das Augenmerk der Weltgesundheitsorganisation auf dem Fortgang der Ausbreitung des Coronavirus. Damit verbunden die Frage nach der Entwicklung der Lungenkrankheit zur Pandemie. Es sind bereits 67 Staaten von der Virusinfektionen betroffen und dabei stechen zwei Länder gerade in bedenklicher Weise hervor, Südkorea und Italien. In dem südkoreanischen Industrieland sind die Fälle über das Wochenende nahezu explodiert, mit über 1000 neuen Infektionen auf 4212 Menschen.

Aber was für unsere Bürger besonders Ängste hervorruft, ist der immer noch deutliche Anstieg der registrierten Covid-19-Fälle in Norditalien (aktuell über 1700 Fälle).

So ist die Ausbreitung in Deutschland auch ganz deutlich auf aus Italien zurückkehrende Urlauber zurückzuführen. Für die Aaktienmärkte ist aber gerade die Entwicklung in den USA und in Deutschland sehr von Bedeutung. Dies wird sehr evident, wenn man sich die Wirtschaftsberichte im US-Fernsehen betrachtet. Ein deutlicher Anstieg der Fälle in diesen Volkswirtschaften und die Börsentalfahrt würde noch einmal sehr an Geschwindigkeit aufnehmen.

Der rekordverdächtige Einbruch der Aktienmärkte

Sowohl die letzte Woche im Februar, als auch der gesamte Monat, brachten Kursveränderungen der Aktienmärkte, die schon historische Dimensionen angenommen haben. Noch nie ging es in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte von Börsenhochs so schnell in den Korrekturmodus.

Dow Jones: minus 12,4 Prozent in dieser Woche und der Monat Februar geht mit minus 10 Prozent als der verlustreichste seit der Finanzkrise in die Statistik ein.

Getoppt vom Dax, der sich mit einem Wochenminus von 13 Prozent mit an die Spitze der internationalen Aktienmärkte setzte. Im Übrigen steht der deutsche Leitindex jetzt tiefer als vor knapp fünf Jahren, im April 2015. Ein Hinweis an diejenigen, die so gerne von Mondkursen an den Börsen sprechen. Sicherlich gibt es da viele US-Werte, die eine solche Umschreibung verdienen, Dax-Werte eher nicht.

Insgesamt mussten bereits weltweit Kursverluste der Aktienmärkte von sechs Billionen Dollar hingenommen werden, dies entsprach in der Spitze (vor der Erholung in den USA) fast der Wirtschaftsleistung von Japan und Italien zusammen.

Allein die Big Techs in den USA verloren eine Billion Dollar an Marktkapitalisierung.

Damit wird erkennbar, dass die Kursreaktionen der Aktienmärkte eine Bereinigung der vorher extrem überspekulierten Börsen war und nicht die antizipierten Schäden durch Covid-19. Hier geht man selbst bei einer Pandemie noch von Schäden für die Weltwirtschaft aus, die gut eine Billion Dollar betragen könnten.

Professor Shiller ist ein prominenter Warner vor der Coronakrise, aber er sieht das größere Problem in der Bewertung der Aktienmärkte in den USA, die er für 40 Prozent überbewertet hält. Er hatte auch schon vor den letzten Einbrüchen gewarnt – zu früh, letztendlich hatte er aber Recht bekommen.

Weitere weltweite Folgen

Extrem spürbar sind die Folgen für die Branchen Tourismus, Luftfahrt und alles was mit Freizeitgestaltung zu tun hat. Sehr schön erkennbar am Kursverlust der Lufthansa, die fast ein Viertel an Wert verloren hat, am Ölgiganten ExxonMobil, am Unterhaltungsriesen Disney , aber auch an der Kreditkartenfirma American Express. Die Globalisierung wird derzeit angehalten.

Der Angstindex VDAX ist in Deutschland um 30 Prozent nach oben gesprungen, sein US-Pendant Fear&Greed ist auf ein extremes Panikniveau von zehn Punkten abgestürzt.

Gleichzeitig sind die Zinsen extrem gefallen, in den USA die zehnjährige US-Treasury auf neue Rekordtiefs von 1,149 Prozent, aber auch in Deutschland, wo die zehnjährige Bund bis auf minus 0,64 Prozent absank.

Damit stellt sich aber zwangsläufig auch die Frage, ob es auch angesichts eines Wirtschaftseinbruchs durch Covid-19 wirklich einen längeren Aufenthalt der großen Gelder in einer Assetklasse gibt, in der man auf Dauer Anlagevermögen vernichtet?

Fazit

Aufgrund der genannten Rahmenbedingungen, ist es schwer vorstellbar, dass es (vorerst) einen längeren Einbruch oder gar einen Crash der Aktienmärkte geben wird. Zu stark werden Notenbanken und Regierungen dem Einbruch gegenhalten (spätestens vor Eintritt in einen Bärenmarkt) und zu niedrig ist das Zinsniveau, als dass es Billionen Dollar an Anlegerkapital und auch die durch die Notenbanken neu geschaffenen Billionen auf längere Dauer anlocken wird.

Aber es gibt natürlich auch die pessimistischere Variante, die da lautet:

Der Coronavirus schwächt die Weltwirtschaft in einem solchen Maße ab, dass es zu einer Rezession in den großen Volkswirtschaften kommen wird. In einem solchen Fall sind Notenbankinterventionen oder Rettungspakete erst einmal fruchtlos. Dann wären Kursrückgänge der Aktienmärkte in Höhe wie bei der Finanzkrise kein undenkbares Szenario mehr. Damals gab es den bisher größten Absturz im MSCI World von 59 Prozent.

Der aktuelle Einbruch an den Börsen kann sich zunächst durchaus bis zu einem Bärenmarkt der Aktienmärkte weiter hinentwickeln. Aber dann wird man vermutlich vorerst noch einmal in die Dividendentitel zurückkehren, weil man Rendite braucht und mit konzertierten Aktionen zu rechnen ist.

Das hat jetzt unmittelbar nichts damit zu tun, dass es zu Beginn der Woche erst einmal eine Short Squeeze geben könnte. Die Anleger sind in ihrer Panik extrem in Absicherungen gestürmt vor dem Wochenende, um festzustellen, dass die Welt doch noch nicht untergegangen ist.

Die Aktienmärke nach dem größten Abverkauf seit der Finanzkrise



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