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Aktienmärkte: Rally durch Kleinanleger, das ultimative Warnzeichen?

Sollte die durch den Fed-Put gestützte Pandemie-Rally der Aktienmärkte anderen Gesetzmäßigkeiten folgen als bisherige Spekulationshaussen?

Wie oft wurde ein letzter Anstieg der Aktienmärkte in einem langen Zyklus angeführt durch die Kleinanleger, die, angelockt durch einen steten Aufwärtstrend, an der Hausse unbedingt teilhaben wollten? Milchmädchenhausse, Hausfrauenrallly, oder auch Putzfrauenhausse wird diese Phase genannt, bei dem sich Wirtschaft und Aktienmärkte in ihrer Bewertung scherenhaft und immer deutlicher auseinander bewegen. Seltsamerweise hat man diesem Phänomen weibliche Namen gegeben, obwohl es sicher mehr Männer sind, die am Schluss eines Trends so richtig zocken. Auf jeden Fall ist in der Phase der Pandemie ein Trend entstanden, der die Alarmglocken bei älteren Börsianern klingeln lässt.

Aktienmärkte: Onlinebroker mit Rekorden

Es ist nicht nur der sagenhafte Boom im Geschäft mit Kleinanlegern bei Robinhood in den USA – 12 Millionen Kunden handeln derzeit ohne Gebühren -, selbst im Aktienmuffel-Land Deutschland hat sich einer neuer Trend etabliert.

Trotz des größten Wirtschaftseinbruchs seit Jahrzehnten haben hierzulande immer mehr Menschen ein Depot bei einem Onlinebroker eröffnet. Im Monat März, dem Start des Lockdowns, haben bei der größten deutschen Onlinebank ING 70.000 Neukunden ein Depot eröffnet, siebenmal so viele wie ein Jahr zuvor. Comdirect berichtet von 177.000 Neukunden in den ersten fünf Monaten des Jahres, die DKP von einer Verfünffachung der Zahl der Depoteröffnungen.

Bereits vor Monaten habe ich darauf hingewiesen, bei Negativzinsen wird TINA erst richtig zuschlagen. Verluste auf einem Cashkonto? Aber der Zeitpunkt!

Noch haben die Kleinen die Nase vorne

Ausgerechnet diese Kleinanleger haben bei der Performance derzeit gegenüber den Indizes die Nase vorn. Man stürzt sich auf Papiere, die in der Krise und dem anfänglichen Abverkauf der Aktienmärkte zunächst besonders viel verloren haben, aber auch auf Titel, deren Kursanstiege schon ein wenig an Fahnenstangen erinnern.

In den USA sind dies natürlich die Elektrofahrzeugpioniere wie Tesla oder Newcomer Nikola, die Impstoffhoffnung Moderna oder auch so ausgebombte Werte wie Boeing, United Airlines oder Royal Caribbean Cruises.

In Deutschland findet man ganz vorne Werte wie Lufthansa, TUI oder Airbus -und an der Spitze den Zockerwert aller Titel:  Wirecard. Zumindest bis vor wenigen Tagen/Stunden.

Das US-Pendant in punkto Spekulation ist der insolvente Autovermieter Hertz, der in sage und schreibe 168.000 Depots des Onlinebrokers Robinhood schlummert. Diese Entwicklung der Aktienmärkte ist natürlich den Rechnern der Großbanken nicht verborgen geblieben. Goldman Sachs hat einen Index erstellt, um die Performance dieser Depots mit dem Index zu vergleichen.

Das überraschende Ergebnis bis vor wenigen Tagen lautete: Die hoch spekulativen Depots der Kleinen lagen seit Jahresanfang mit 23 Prozent im Plus, während der Dow Jones noch mit minus acht Prozent im Minus notierte.

Es gibt auch schon einen Namen für die temporäre Kursentwicklung: Robinhood-Hausse

Aber auch in Deutschland liegt das meistgehandelte Dutzend Titel 20 Prozent im Plus, während der DAX noch sechs Prozent unter seinem Jahresanfang stand. Dann kam Wirecard!

Fazit

Sollte die durch den Fed-Put gestützte Pandemie-Rally der Aktienmärkte anderen Gesetzmäßigkeiten folgen als bisherige Spekulationshaussen? Wohl eher nicht, denn Gier wird in Summa irgendwann bestraft und das Niveau korrigiert. Die Geschichte ist voll von Beispielen hierfür, beginnend zur Börsen-Urzeit 1637 mit dem Tulpenzwiebelskandal 1637 über 1929, 2001 oder 2009, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Oder Japan mit seinem Nikkei-Hoch von 38900 vom Dezember 1989, welches auch noch 30 Jahre später noch nicht wieder erreicht wurde. Die Übertreibungen waren mal zwar unterschiedlich, aber folgten stets einem Muster, mit den Zutaten Leichtsinn, Gier und dem irrationalen Überschwang.

Die Frage ist immer nur, wann ein (unbekannter) Tropfen das Fass zum Überlaufen bringt. Dieser ist nur vorher niemals zu identifizieren.

Ein Beispiel ist auch wiederum hier Warren Buffett, der schon öfters festgestellt hat, dass es ihm zumeist gelingt Übertreibungen zu erkennen, er aber meistens zu früh dran ist, mit seinen Maßnahmen. Wie lange sitzt er jetzt schon auf seiner mittlerweile 137 Milliarden Dollar Cash?

Die Rally der Aktienmärkte macht Kleinanleger euphorisch



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1 Kommentar

  1. Ist würde das nicht mehr Hausfrauenrally, sondern Finanzblogrally nennen.
    Hunderte von Finanzblogs empfehlen „heute noch“ mittels ETF‘s in den Markt einzusteigen und Augen und Ohren vor jeder Art von Nachricht (selbst Corona solle man nicht beachten) zu verschließen. Sie nennen das alles Finanzpornographie. Nur so könne man ins Nirvana der finanziellen Freiheit mit vierzig eintreten. Das sind die „Hausfrauen“ von heute.

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