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Aktienmärkte: TINA oder Zinsleck – oder was trieb die Kurse im ersten Halbjahr in diese Höhen?

Drei Hauptfaktoren, die für die (noch) andauernde Börsenhausse maßgeblich verantwortlich waren bzw. für die Zukunft sind!

Eine permanente Eskalation im Handelsstreit in den letzten Monaten, eine sich abschwächende Weltwirtschaft und Gewinnwarnungen der Unternehmen „en masse“, dennoch sind die Aktienmärkte in vielen großen Volkswirtschaften im ersten Halbjahr um über 15 Prozent gestiegen. Hier ein paar Gedanken, um das Ganze zu einem großen Bild zu formen, abseits vom täglichen Auf und Ab der Kurse. Es gibt dafür nach meiner Ansicht drei Hauptfaktoren, die für die (noch) andauernde Börsenhausse maßgeblich verantwortlich waren bzw. für die Zukunft sind.

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1. Die Versorgung der Aktienmärkte mit billigem Geld, oder der monetäre Faktor.

Wie ich bereits in zahlreichen Kommentaren betont habe, ist das zu erwartende Zinsniveau eine entscheidende Größe, die Flut hebt bekanntlich alle Boote und den originären Abstoß gab „Jay“ Powell Ende Dezember 2018 mit seiner 180 Grad-Kehrtwende. Vorher war das Gegenteil passiert, vier Zinsanhebungen in 2018 und eine automatische Verknappung des Geldstromes durch eine Bilanzkorrektur von 50 Milliarden Dollar pro Monat. Seit einigen Wochen rechnen die Märkte fest mit drei Zinssenkungen in 2019, Ende Juli beginnend. Das alleine würde die Hausse aber nicht begründen.

2. Das Zweite ist das absolute Zinsniveau, das Aktienmärkte stützt

TINA (There is no alternative) oder das Zinsleck, beschreibt den einmaligen Umstand, dass die Zinsen so tief gefallen sind, dass man nach Inflation kaum noch Rendite (USA) bekommt oder sogar real Verluste schreibt (Europa, Japan). In meinem Artikel vom Donnerstag „Startet TINA jetzt so richtig durch …“ habe ich die Nöte der Kapitalsammelstellen beschrieben.

Vor den letzten beiden Krisen 2000 und 2007 konnte man bei Zinssätzen von 5 bzw. 6 Prozent noch leicht leichter an den Rentenmärkten „überwintern“. Aber heute? Keine Zinsen mehr an den Anleihemärkten, aber eine Dividendenrendite von zwei bis drei Prozent mit Dividendentiteln. Dazu noch die Aussicht, dass im zweiten Halbjahr in 19 Ländern die Zinsen weiter gesenkt werden, wie eine amerikanische Großbank vorhergesagt hat. Aber das ist auch noch keine Garantie für weiter steigende Kurse, es bedarf noch eines weiteren Faktors.

 

3. Das Wirtschaftswachstum und die Unternehmensgewinne

Für die Börsen ideal ist ein moderates oder sogar ein schwaches Wirtschaftswachstum – wenn die Unternehmen noch Gewinne schreiben und sich billig refinanzieren können. Bei brummender Wirtschaft fließt das Geld in die Wirtschaft und die Notenbanken werden in der Regel „hawkish“.

Hier liegt das große Problem der Gegenwart: Das Auftreten einer Rezession. Die Märkte, wie die großen Institutionen, erwarten weder in den USA noch in Europa (auch nicht in Deutschland mit seinem tief rezessiven Industriesektor) eine Schrumpfung der Wirtschaft. Sollte dies passieren verliert der monetäre Faktor oder TINA sofort an Bedeutung. Bei einem Einbruch der Unternehmensgewinne „in Summa“ werden die Aktienkurse massiv einbrechen, die Bewertungskennziffern schössen in die Höhe. Dies haben wir in Einzelfällen bereits in Q1 in den USA gesehen, wo es bei Gewinnenttäuschungen selbst bei Großfirmen heftigste Kurseinbrüche bis in den zweistelligen Bereich gab. Was helfen mir Dividenden von zwei Prozent, wenn die Aktienkurse um 30 Prozent korrigieren?

 

Fazit

Aus dieser Argumentation wird nach meiner Ansicht klar, dass es für eine Fortsetzung der Kursanstiege beziehungsweise auch nur nur für eine Stabilisierung der Aktienmärkte eines nicht geben darf: Eine weitere Eskalation im Handelsstreit und eine weitere Abschwächung der Weltwirtschaft. Dann kann auch TINA oder das Zinsleck nicht weiterhelfen, die Aktienkurse werden den Unternehmensgewinnen folgen – nach Süden. Deshalb dürfte die kommende Quartalsberichtssaison doch einiges an Potenzial in petto haben, vor allem durch die Ausblicke auf das zweite Halbjahr.

Es gibt natürlich jederzeit exogene Schocks, die einen Börsenrutsch auslösen können, man denke nur an den Irankonflikt und die Straße von Hormus. Aber das wäre ein anderes Thema, der Blick in die Glaskugel.

 

Die Aktienmärkte trotzen den schwachen Konjunkturdaten

Foto: Deutsche Börse AG



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2 Kommentare

  1. Hervorragend zusammengefasst und auf den Punkt gebracht! Ich bewerte alles ganz genauso.

    Die Gefahr für Spekulanten auf fallende Aktienkurse sehe ich nicht in den Notenbanken, es sei denn, die EZB und die FED kaufen künftig auch noch Aktien, was nicht auszuschließen ist. Dann kann das Spiel noch Jahre fortdauern. Nicht einzuschätzen ist allerdings TINA. Es gab sie noch nie und ihre Kraft für steigende Aktienkurse könnte größer sein als die Kraft einer Rezession für fallende Aktienmärkte. Shortseller leben gefährlicher denn je.

  2. Johann Steinhaus

    Hallo Herr Müller,
    Fundamental stimme ich Ihnen absolut zu. Allerdings würde ich sogar noch einen weiteren Punkt welcher für den Anstieg der Märkte verantwortlich ist hinzufügen.
    Ein Punkt 4 wäre die wissentliche Marktmanipulation seitens der USA.
    Wie oft….., wurde ein voranschreiten und schnelle Lösung der Handelsstreitigkeiten USA/China, in den Medien verbreitet obwohl die US Administration genau wusste, wie weit man von einem „Deal“ entfernt ist. Jedesmal schossen die Märkte nach oben und korrigierten kaum.

    Gruß, Johann Steinhaus

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