Allgemein

Aktienmärkte und Omikron: Der Tag danach – Flucht in Tech

Aktienmärkte, Omikron und Tech

Gespannt hatten wohl Viele auf die Marktreaktionen der Aktienmärkte auf den Abverkauf des vergangenen Freitags gewartet. Zunächst auf erste Indikationen aus Fernost, dann auf die Reaktionen aus den so gebeutelten Märkten in Europa und schließlich auf die Wall Street, die schlussendlich immer den Takt vorgibt. Das Ausbleiben weiterer Hiobsbotschaften um die neue Mutante ließ die Anleger ein wenig aufatmen. Eine zögerliche Erholung setzte ein, der Schreck sitzt Vielen in den Gliedern.

Aktienmärkte: Omikron first

Es bleibt wohl die marktentscheidende Determinante, die Gewinnung neuer Erkenntnisse über B 1.1 529, der neuen Variante von COVID-19 bezüglich seiner Gefährlichkeit und der Wirksamkeit der vorhandenen Impfstoffe.

Daher waren die ersten Handelsstunden des gestrigen Tages geprägt von einem zögerlichen Anstieg, von der Hoffnung, dass sich die großen Befürchtungen um Omikron zerstreuen werden. Das Worst-Case-Szenario über das Wochenende war ausgeblieben und so bügelte man erste Übertreibungen des Freitags aus, man blieb aber vorsichtig. Wie hieß es im deutschen Börsenfernsehen gestern (ntv): Börsianer wägten ab, wie groß die Gefahr der Omikron-Variante tatsächlich werden wird, und bauen auch auf die Unterstützung der Notenbanken.

Das Comeback der Großen

Es scheint fast ein antrainiertes Verhalten zu sein: Wenn es für die Aktienmärkte unsicher wird, greift man zum Altbewährten. Zu den Highflyern der letzten Jahre, den Big Five, zu denen man auch noch Tesla zählen muss. Es ist schon mehr als erstaunlich: Da kommt die Meldung, dass der Chef von Microsoft, Satya Nadella, die Hälfte seiner Aktien verkauft hat und was macht der Titel? Er steigt. Da verkauft Elon Musk große Positionen seines Unternehmens, aus steuerlichen Gründen, und was macht die Aktie? You can make an educated guess! Was für eine Welt. Eine überaus hoch bewertete Aktie wie Tesla stellt sich während der größten Börsenunruhen als so etwas wie ein Stabilitätsanker dar. Selbst auf Wochensicht nur ein Minus von 0,01 Prozent.

Hier die tiefgrüne Tafel des S&P 500 mit den gestrigen Tagesveränderungen.

Aktienmärkte Gewinner Heat map

Zunächst ist einmal festzustellen: Man möchte noch nicht aus dem Markt aussteigen, zu schlecht sind die Alternativen. So versucht man es mit den großen Techwerten, die schon beim großen Lockdown im Vorjahr die große Stütze für die Aktienmärkte bildeten. Gemäß dem großen Muster, rein in Growth und raus aus den Werten, die von möglichen Beschränkungen bei Reise und Freizeit betroffen sind. Natürlich wird man dabei auf Omikron blicken, denn wenn die Letalitätsrate nicht ansteigen wird, sollte die Rückkehr in Value erfolgen, denn im Gegensatz zum Vorjahr sind in den Industriestaaten mindestens drei Viertel aller Erwachsenen vollständig geimpft. Man unterschätze nicht den Gewöhnungseffekt bei schlechten Nachrichten, destruktiv wirkt das Unbekannte.

Die Kurse an der Wall Street zu Handelsende

So erklären sich auch die Kursreaktionen der verschiedenen Aktienmärkte am gestrigen Handelstag in New York: Der Nasdaq mit den großen Techtiteln stieg um 1,88 Prozent auf 15.782 Punkte, der marktbreite S&P 500 um 1,32 Prozent auf 4655 Punkte, während sich der industrielastige Dow Jones mit plus 0,68 Prozent und 35.135 Punkten schwer tat. Aber am deutlichsten zeigt sich Skepsis und Vorsicht beim Nebenwerte-Index Russell 2000, der um 0,18 Prozent nachgab. Es lagen daher an der Wall Street trotz Erholung etwas mehr Aktien im Minus, als im Plus schlossen.

Das Volatiltätsbarometer VIX gab auf 22,40 Punkte nach (von 28,50), auch der Fear&Greed-Index entfernte sich etwas aus dem Angstmodus auf 42 Punkte. Was aber gleichzeitig bedeutet, dass viele Absicherungen auf den S&P 500 gehalten werden, für den Fall, dass die Viruslage um Omikron eskaliert.

Aber auch die Zinssorgen gaben einmal mehr nach – die 10-jährigen US-Staatsanleihen fielen auf 1,514 Prozent, während sich der Ölpreis nach seinem zweistelligen Prozentabsturz am Freitag zunächst erholte, aber schlussendlich den Tag wieder unter 70 Dollar beendete.

Fazit

Die Lage der Aktienmärkte ist weiterhin diffus. Sowohl ein „kleines“ Katastrophenszenario, wie auch ein Abgesang auf die Jahresendrally dürften unangebracht sein, obgleich beides möglich ist. Aber die sogenannten Headwinds und Tailwinds haben sich aktuell in ihrer Neutralisation sogar noch verstärkt. Inflationsangst versus Konjunktursorgen infolge Omikron. Zugleich abebbende Zinsängste durch Beeinträchtigung bestimmter Branchen und parallel fallenden Energiekosten bei nachlassender Mobilität.

Ängste vor Marktkorrekturen, insbesondere in der aktiven Fondsbranche – aber FOMO, wenn diese nicht kommt und die passiven Fonds mit einem grandiosen Jahresergebnis aufwarten. Ausstehende Aktienrückkäufe, Alternativlosigkeit der Aktienanlage bei rekordniedrigen negativen Realzinsen versus hoher Bewertung der Dividendentitel.

Die Sorgen und Hoffnungen bei der Geldanlage sind ubiquitär, der Kampf um Rendite ist extrem geworden. Für Hedgefonds und Publikumsfonds, für Pensionskassen und Versicherer, aber auch für die Kleinanleger, denen die Dauerberieselung in den Medien zum Thema Kapitalvernichtung durch Inflation und Strafzinsen kirre macht. Jetzt auch noch die Mutante B 1.1.529, oft bekommt man den Scherz vermittelt, wir wären plötzlich ein Volk von Virologen (Wirrologen) geworden. Omikron dürfte noch einmal einen weiteren Anschub dazu geben, auch im Hinblick auf einen versöhnlichen Ausgang des Jahres für die Aktienmärkte.



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage