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Aktienmärkte: Warum die Märkte trotz des Coronavirus nicht fallen

Jeden Tag steigende Fallzahlen bei Infizierten und Toten, immer noch Abstufungen des Umsatzes vieler betroffenen Firmen und Verlängerungen des Stillstands der Produktion – dennoch fallen die Aktienmärkte bisher nicht. Bei einer rein fundamentalen Betrachtungsweise ein völlig absurdes Verhalten der Investoren. Aber von welchem Szenario gehen diese dann aus?

Aktienmärkte: Mögliche Kalkulationen

Immer noch geht man von Folgen wie beim SARS-Virus 2002/2003 aus.

Die Wirtschaftsleistung bricht im ersten Quartal ein, was zu verstärkten Bemühungen der Regierung führen wird, diese Delle so rasch wie möglich auszugleichen. Wie sagte ein in Peking lebender Journalist, der bereits die SARS-Epidemie miterlebt hat, in dem gestrigen Interview bei Mission Money? Er sei überrascht darüber gewesen, wie schnell China damals wieder zur Normalität zurückgefunden hatte. Punkt eins..

Punkt zwei sind die Erwartungen, die die Aktienmärkte mit dieser Situation in Verbindung mit dem US-Wahlkampf aufsummieren. Präsident Trump wird alles unternehmen, um die Wirtschaft im Wahljahr stark aussehen zu lassen. Diese Maßnahmen werden schlussendlich dazu führen, dass zumindest für einen letztmaligen(?) Zeitraum die große Alternative zu den Aktienmärkten noch unattraktiver wird.

Was passiert denn gerade an den Kapitalmärkten?

Die Renditen am Markt für Staatsanleihen mit seinem Volumen von circa 70 Billionen Dollar werden immer dürftiger, derzeit steigt die Summe der Anleihen, die sich im Minuszinsbereich befinden, schon wieder stark an – über 13 Billionen Dollar. Gleichzeitig laufen viele der internationalen Aktienmärkte in Richtung Höchststände. Von den derzeit 89 Billionen Dollar Marktkapitalisierung kommt, wie bereits schon öfters dargestellt, deutlich mehr als ein Drittel aus den USA. Allein der S&P 500 dürfte derzeit bereits 28 Billionen Dollar schwer sein. Ein kleiner Hinweis an diejenigen, die so oft von Manipulation des Index sprechen. Bei diesem Index, der 28.000 Milliarden Dollar schwer ist, mit einer weltweiten Aktionärsstruktur (allein die asiatischen Staatsfonds halten Billionen Dollar) dürfte es unmöglich sein, diesen Markt im eigenen Sinne für längere Zeit zu drehen. Wer verfügt denn über die notwendigen Summen? Manipulation geht nicht (bei Einzelwerten schon), dies kann nur einer bewerkstelligen: die US-Notenbank mit ihrer Zinspolitik am langen und am kurzen Ende sowie am Repo-Markt.

Ansonsten wäre schon lange das jahrzehntealte Rebalancing der Kapitalsammelstellen zum Tragen gekommen. Wenn die Aktienmärkte zu hoch bewertet sind, die Gewinne am Abbröckeln sind, wendet man sich den Anleihen zu.

Wie hoch standen die Zinsen vor den letzten beiden Rezessionen in den USA? Bei fünf beziehungsweise sechs Prozent. Und genau diesen Wechsel von einer in die andere Anlageklasse verhindern gerade die Notenbanken, nicht nur die Federal Reserve.

Deshalb gibt es in diesem ungewöhnlichen Zyklus für die großen Kapitalsammelstellen momentan kein Entrinnen. Wenn Investoren aus dem Dividendenmarkt aussteigen und in den Rentenmärkten investieren, können Sie mit einem vertretbaren Risiko kaum eine Rendite nach Inflation erzielen. Ob Versicherungen oder Pensionskassen, die Notenbanken zwingen die Kapitalsammelstellen in die Aktienmärkte. So wie es schon seit Jahren in der Anlagestrategie der billionenschweren Staatsfonds bereits geschehen ist.

Aber noch einmal: Diese Zwangslage verliert sofort ihre Wirkung, wenn die Wirtschaft in eine Rezession rutscht und vorher die Inflation ansteigt.

Und da liegt das große Risiko, welches mit der aktuellen Virus-Pandemie verbunden ist.

Aktienmärkte: Die Rede von Jerome Powell im Humphrey-Hawkins-Testimony

Die US-Konjunktur befindet sich im 11. Jahr des Aufschwungs – Rekord. Der Notenbankchef sieht die US-Wirtschaft in allen Bereichen auf einem gesunden Pfad. Nur die Folgen des Coronavirus könne man noch nicht einschätzen. In dieser Formulierung liegt die unausgesprochene Erklärung, dass man bei weltwirtschaftlichen Störungen an der Zinschraube drehen wird.

Ausgerechnet vor der Präsidentschaftswahl am 3. November 2020 sollte die Konjunktur kippen? Und genau das glauben die Märkte nicht. Regierung und Notenbank werden im Gleichklang Maßnahmen ergreifen, um das zu verhindern. Hat der Vater der Steuerreform von 2017, Steven Mnuchin, nicht schon von der Steuerreform 2.0 gesprochen – und hat nicht Donald Trump sofort auf die Rede von Powell von der Notwendigkeit von Zinssenkungen getwittert? Zyklischer Einbruch? Nicht bei „diesen“ Präsidenten (Trump und Powell).

Fazit

Es wird derzeit ein wahres Feuerwerk an Hoffnungen in die Märkte eingepreist. Eine passabel laufende Wirtschaft, niedrige Inflation und damit Notenbanken weltweit, die die Zinsen weiter senken. Coronavirus! Nicht nur China hat bisher reagiert, sondern auch Thailand mit einer Zinssenkung, da man als südostasiatischer Staat sehr unter dem Stillstand Chinas leidet.

Also, was erwarten die Aktienmärkte? Einen weltwirtschaftlichen Schaden, der in den Folgequartalen einigermaßen ausgeglichen wird und eine Notenbankpolitik, die mit einer Geldflut bereitsteht, um die entstandenen Schäden zu überkompensieren.

Klar sind die Aktienmärkte teuer, der S&P 500 hat ein KGV von 19,5. Aber wo liegt das Verhältnis am Anleihemarkt mit der 10-jährigen US-Treasury, die aktuell einer Rendite von 1,594 Prozent aufweist – bei 62. Die US-Leitzinsen befinden sich seit der letzten Senkung Ende Oktober im Korridor 1,50 – 1,75 Prozent. Auf einer Höhe, die noch unterhalb der aktuellen Inflationsrate liegt. Äußerst unattraktive Konditionen für den Kapitalmarkt und noch besteht etwas Luft nach unten. Noch ist das Zinspulver der US-Notenbank nicht verschossen.

„In Fed we trust“ oder „Never bet against the Fed“, sagen sich die Aktienmärkte, gerade in den unsicheren Zeiten mit dem Coronavirus. Jede weitere Zinssenkung macht die Rentenmärkte noch unattraktiver.

Hannes Zipfel sprach in einem Artikel vor zwei Monaten von folgender Möglichkeit: Kommt es schon im nächsten Jahr zu einer Katastrophen-Rally der Aktienmärkte, einem Crack-Up-Boom? Vielleicht ist gerade das Coronavirus der Anlass für so ein Endzyklus-Szenario?

Trump und die Fed tun alles, damit die Aktienmärkte nicht fallen



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8 Kommentare

  1. Vielleicht die letzt Etappe, möglich, aber die hat es in sich, mit jedem Tag steigender Kurse. Wie damals am neuen Markt, ohne Rücksetzer nach oben. Noch spricht der Mann auf der Straße nicht von Aktien, das heißt die Euphorie ist nicht da. Da kann man sich ausmalen wie weit die Märkte steigen. FED, Trump – Garanten für exorbitant steigende Märkte.

    1. @Sven

      „Vielleicht die letzte Etappe…wie damals am Neuen Markt…“

      Interessant, hört man da erste Zweifel, etwas Unsicherheit heraus?

      1. :-)…Korrekturen für die Schnäppchenjagd wird es immer mal geben, Crashs in dieser Gemengelage wohl eher nicht. Momentum und die pekuniären Geschenke der Notenbanken treiben die Börsen weiter. Viel weiter. Wenn es irgendwann soweit ist, dass sich Oma Erna ärgert, dass dieser Dachs nur 50 Punkte am Tag steigt, und nicht 100 wie jeden Tag zuvor, dann wird es wohl auch mal enger. Aber bis dahin…FED olé und Up‘n‘away

  2. Parts of secular fundamental Trends

    Ein sehr informatives und sachlich hochwertiges Video von Chris C.(ccmmarketmodel) um die Thematik der übergeordneten Betrachtung von säkularen fundamentalen Trends.

    Sehr sehenswert und gut geeignet um sich neben tiefgründigen Bewertungen auf mikro- und makroökonomischer Ebene einen Blick aus einer übergeordneten Sicht auf die Finanzmärkte zu verschaffen.

    https://www.youtube.com/watch?v=jiUMq5emXNI&feature=youtu.be

    hier ein lesenswerter Beitrag mit ebenfalls informativen Grafiken und aufschlussreichen Daten:

    https://www.ccmmarketmodel.com/short-takes/2020/2/10/these-charts-say-2018-2019-was-a-major-bottom

  3. So ist es! Dem Artikel ist nichts hinzuzufügen. Wer bis jetzt nicht kapiert hat, hat an der Boerse eigentlich nichts zu suchen. Das kippt erst, wenn’s auch die Masse geschnallt hat.

  4. Werte FMW-Redaktion.Ich schlage die Einführung des Gelbe-Karten-Prinzips in der Kommentarfunktion vor.Die Länge der Sperrzeit bei welchen Vergehen und Menge derer,soll Ihnen obliegen.Das sinnlose Geschwätz der Notenbankpförtner Sven,Zimmermann und Marko,regt nur noch auf und diskreditiert diese ansonsten mehrheitlich informative Seite.

    1. @Koch, ich denke diese Kommentare sind legitim – auch wenn viele diese Ansicht nicht teilen, bilden sie doch ein Meinungsspektrum ab. Man kann sich daran reiben – und das ist gut so!

      Viele Grüsse ins Fränkische!

    2. Lassen sie die doch reden, haben vermutlich nichts sinnvolleres zu tun. Die Profis können es langfristig sowieso besser als die Amateur-Anleger.

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