Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt: Diese Binsenweisheit trifft auch auf die großen Aktienmärkte zu, die in der letzten Woche so richtig zulegen konnten. Die beste Handelswoche seit April, mit viereinhalb Prozent plus im Nasdaq und dem 31. Allzeithoch beim S&P 500 in diesem Jahr. Obwohl es doch so klare Signale bei den Indizes gegeben hat, wie der Fall unter den 50-Tage-Durchschnitt – und das in der statistisch so signifikanten Juni-Periode. Jetzt geht es mit Riesenschritten auf das Ende des ersten Halbjahres zu, mit einem Juliauftakt, der für gewöhnlich von Geldzuflüssen geprägt ist.
Aktienmärkte: Nochmal ein Schluck aus der Pulle vor der Sommerzeit?
Das neue Mandat der Federal Reserve?
Während Fedchef Jerome Powell normalerweise keine Minute in seinem Statement für die Begründung der Notenbankpolitik braucht, um seinen Standardsatz, den Gesetztesauftrag „Price Stability and Maximum Employment“ abzuspulen, so wurde angesichts der letzten Aktionen der Fed das Mandat von einigen Kommentatoren (scherzhaft?) auf vier Felder ausgeweitet: Stabilität der Aktienmärkte und niedrige Renditen (Zinssätze).
Anders sind die letzten Maßnahmen der US-Notenbank wohl nicht zu interpretieren. Es gab und gibt bisher nicht einmal den Ansatz von Tapering, sondern mit Anleihekäufen in Höhe von 200 Milliarden Dollar binnen vier Wochen die größten Käufe seit einem Jahr. Dazu noch die erneute Feststellung, dass man seitens der Fed den Inflationsanstieg für „vorübergehend“ hält und man an den Maßnahmen festhalte. Sehr zur Freude der Aktienmärkte!
Die US-Wirtschaft, kurz vor dem ersten Halbjahr
Die Bilanz der US-Notenbank wächst weiter in große Höhen auf bereits 8,1 Billionen Dollar, aber was immer ein wenig ausgeblendet wird, bei aller berechtigter Kritik, ist das Wachstum der US-Wirtschaft. Nach einer vergleichsweise moderaten Rezession von minus 3,5 Prozent im Jahr 2020 ist das US-BIP im ersten Quartal bereits wieder um 6,4 Prozent gewachsen, in Q2 könnte eine nochmalige Steigerung Peak Growth bringen, für das Gesamtjahr schätzt selbst die Federal Reserve das Wachstum über 6,5 Prozent. Bei einem BIP von 20,93 Billionen Dollar in 2020 sehen die 8,1 Billionen Dollar dann gar nicht mehr so furchterregend aus, wenn man dies auch in Relation zu anderen Regionen setzt.
Hier der regelmäßige Check von Holger Tschäpitz:
#Fed extends balance sheet expansion beyond the $8tn mark. Total assets rose by another $37.7bn past week to hit fresh ATH at $8.102tn as Powell keeps printing press rumbling. Fed balance sheet now equal to 37% of US’s GDP vs #ECB’s 78%, #BoJ’s 134% or #SNB’s 145%. pic.twitter.com/UGXYmgYU06
— Holger Zschaepitz (@Schuldensuehner) June 25, 2021
USA – Notenbankbilanz: 37 Prozent zum BIP, die Eurozone schon 78 Prozent – und von Japan und der Schweiz braucht man gar nicht erst zu reden.
Ich weiß, dass ich mit dieser Einschätzung viele, die für die USA den totalen Zusammenbruch prognostizieren, nicht gerade das Wort rede, aber so sind nun einmal die Daten. Warum hat selbst Warren Buffett, dessen Indikator auf Rekordständen steht, erst kürzlich wiederholt: „I still believe that America’s best times are still ahead“, der Mann, der alle 12 US-Rezessionen der Nachkriegszeit am eigenen Leib verspürt hat.
Wie müssten wir Europäer zittern, angesichts der EZB-Bilanz und einer Christine Lagarde, die erst recht keine Anstalten für ein Tapering macht?
Weitere Wirtschaftsdaten
Die US-Einkaufsmanagerindizes zeigen weiterhin große Aussichten für die US-Ökonomie. Im letzten Monat brachte der PMI für das Verarbeitende Gewerbe mit 61,2 Punkten weiterhin sehr große Wachstumsaussichten, für den Dienstleistungssektor liegt man mit 64,0 Punkten auf einem mehrjährigen Hochpunkt. Am 1. Juli kommen die neuesten Daten.
Inflation und Zinsen
Zu den Konsumentenpreisen (+5,0 Prozent ) und den Produzentenpreisen (+6,6 Prozent) die beide arge Überraschungen bereithielten, gesellten sich am Freitag noch die so genannten PCE-Verbraucherdaten. Also die für die Fed bedeutsamen Daten eines breiteren Konsumentenindex (Personal Consumption Expenditures), der mit plus 3,4 Prozent in seiner Kernrate etwa in seiner Erwartung geblieben ist.
Nach der Bekanntgabe der letzen Daten sprangen die 10-jährige US-Staatsanleihen kurz in die Höhe, aber um dann mit 1,531 Prozent ins Wochenende zu gehen. Die anlagetechnisch bedeutsame Realrendite verharrt damit weiter in der Nähe von minus 3,5 Prozent. In Deutschland bleibt die 10-jährige Bund (-0,156 Prozent) weiter im Minusbereich, während gleichzeitig die Inflationsraten nach oben gehen (+2,5 Prozent).
Was für ein Dilemma.
Noch ein Blick auf die langfristigen Inflationserwartungen. Ist es das, wo die Fed hinwill? Vergessen wir nicht, das Ziel der finanziellen Repression – also des „relativen“ Schuldenabbaus – ist Inflation, in einem erhöhten Bereich. Vielleicht auch ein Grund, warum die Fed so zögerlich ist. Man versucht seit Jahren die Preise nach oben zu bringen und jetzt würde man bereits nach wenigen Monaten auf die Bremse treten.
Long-term #inflation expectations in one chart!
What do you think? High, low, or stuck in no man’s land? pic.twitter.com/MmfShX357K— jeroen blokland (@jsblokland) June 26, 2021
Die Frage ist nur, ob nicht bereits zu viel Druck im Kessel ist, in einer Situation, mit Produktions- und Liegerengpässen und einem gewaltigen Nachholbedarf bei den Bürgern für ihre Konsum- und Freizeitlust? Das Thema der Dauerhaftigkeit der INflation ist aktuell kaum zu beantworten, schließlich gibt es auch Gegenkräfte, wie China. Das Reich der Mitte tritt auf die Bremse, gerade bei den Rohstoffen u- nd schließlich ist das Riesenreich mit seinem bisherigen 50 Prozent-Anteil bei den metallischen Rohstoffen der ganz große Wal auf dem Markt.
Kommentare lesen und schreiben, hier klicken
Wenn der Bär zum Bullen wird, sollte man vorsichtig werden ;-)
@Gerhard…Quark, er hat nur endlich erkannt, dass das absolut gesunde Märkte sind, die dank Notenbanken-Unterstützung ihre Gesundheit behalten und keine Baisse mehr erleben werden. Der einzige Warner im Wind wird langfristig nur Markus Fugmann bleiben, ist halt sein USP…