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Anleihenmärkte plötzlich Problemkinder Aktienmärkte, Zinsen: MMT am Limit – Japan als Beleg

Wen retten: Anleihen oder Aktien?

Aktienmärkte MMT Japan
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Während die Indizes der Aktienmärkte das machen, was sie seit den letzten 15 Jahren machten – mehr oder weniger unbeeindruckt von externen Faktoren und den Entwicklungen in der Realwirtschaft kontinuierlich weiter zu steigen, zeigen sich die als „langweilig“ geltende Anleihemärkte zuletzt wesentlich empfänglicher für Reaktionen auf makroökonomisch relevante Geschehnisse bzw. die Aussicht darauf.

Aktienmärkte, Zinsen: MMT am Limit – Japan als Beleg

Besonders die Faktoren Inflation und Schuldenlast von Volkswirtschaften treten in Zusammenhang von signifikant ansteigenden Kapitalmarktzinsen wieder massiv in den Vordergrund. Das seinerzeitige Beispiel Griechenlands lässt aber diesmal in einem weltweiten Kontext und in ganz anderen Dimensionen grüßen. Das Misstrauen, dass diese Schulden so an den Gläubiger rückgezahlt werden, dass diese dabei keine Verluste machen, steigt zuletzt in historisch schnellem Maß – angezeigt durch die ansteigenden Risikoprämien in Form ebendieser Kapitalmarktzinsen.

Kapitalmarktzinsen (die auch absehbar nicht mehr wie noch vor ein bis zwei Jahren erwartet wieder verschwinden) sind nach eineinhalb Jahrzehnten von Null- bzw. sogar Negativzinsen eine Risikoausgleichsforderung von Anleihe-Gläubigern, die in dieser Konstellation die mit Nullzins-Anleihen vollgesogenen Systeme scheinbar schon auf diesem Niveau ins Schleudern bringen. Ins Schleudern deswegen, weil sich die unrealisierten Verluste aus den so immer weiter im Wert sinkenden Anleihen als Kellerleichen in den Bilanzen von hauptsächlich Banken und Versicherungen immer weiter aufblähen. Hinzu kommt, dass die politisch schamlos ausgeweiteten Budgetdefizite und die dadurch inzwischen exponentiell wachsende staatlichen Schuldenberge plötzlich richtig was kosten.

Vom Teufel und dem Beelzebub

Und das bei einem wirtschaftsgeschichtlich eigentlich moderaten Zinsniveau von 3-5% bei länger laufenden Anleihen (10Jahre+) – aber man kommt ja aus einer Phase, in der die Notenbanken verliehenem Geld eine faire Leihprämie entzogen hatten. Man hatte den Teufel (Deflation; Stagnation) mit dem Beelzebub (Nullzins; Schuldenorgie) ausgetrieben. Dieses Experiment war nach Vorbild des damals schon seit Ende der 1980er in einer solchen Situation steckenden Japan eingeleitet, und es mit einer für alle Entscheider und Politiker angenehme Wirtschaftstheorie zu rechtfertigen versucht – der Modern Monetary Theory (MMT).

Nicht nur die USA, sondern auch ihr u.a. größter Anleihegläubiger Japan haben nun zuletzt auch medial prominent begleitet, den Hauptfeind ihrer gern gelittenen Schuldenexzesse an den Anleihemärkten ins Visier genommen: den Preis des Geldes (auch Kapitalmarktzins genannt). Der Spielverderber muss aus oben genannten Gründen natürlich nach unten. Ausufernder Schuldendienst und sich immer weiter aufblähende Bilanzleichen stören irgendwie das schöne Bild der prosperierenden Wirtschaft, wie sie die Aktienmärkt gerne reflektieren. Und sind wir mal ehrlich, wo kommen wir da hin, wenn der normale Sparer mit einer selbstgewählten Kapitalmarktaversion auch noch risikolos was für sein Erspartes bekäme?

Aber wie macht man das, dass man Gläubigern wieder weniger – und am besten Nichts – für ihre Leihgabe zahlen muss?

Japan geht nun den Weg der USA unter Demez-Joe bzw Oma Yellen und versucht sich mit der Ausgabe kurzläufigen Anleihen über Wasser zu halten – die Frage ist nur, bis wann man sich über was retten will, und vor allem durch was sich die Situation verbessern soll? Das könnte eigentlich nur ein harter Sanierungskurs der Staatsbudgets sein. Aber wer kann sich in diesem wackeligen Kartenhaus schon eine Rezession leisten? Damit soll aber jetzt Mal kurzfristig der Druck auf die Emission der Langläufer und deren Renditen reduziert werden. Das kann aber keine nachhaltige Lösung sein und die Ankündigung notfalls „einzugreifen“ zeigt eine gewisse Form der Verzweiflung – andere (besonders die Aktienmärkte) interpretieren es offensichtlich aber als „alles unter Kontrolle“.

Es scheint aber vielmehr nach sehr eingeschränkten Optionen und nach „Vollgas-Fahren mit gezogener Handbremse“ auszusehen. Warum nicht gleich einfach den Markt wieder mit Liquidität durch den Kauf der eigenen Anleihen zuschütten – und damit den Zins drücken? Nennt sich quantitative easing (QE) – das Allheilmittel der Zentralbanken auf jede Krise in den letzten Jahren – die MMT gibt’s ja her!

MMT, QE, latent inflationäres Umfeld – und der andere Teufel

Es gibt da nur ein kleines Problem. MMT scheint sich nun zunehmend als das herauszustellen, was sie ist, nämlich als eine Theorie – und zwar bald eine Gescheiterte. Das latent deflationäre Umfeld ist leider ins Gegenteil umgeschlagen. Ein weiteres QE Programm, dass groß genug ist hier etwas insbesondere auch im internationalen Kontext zu bewegen, würde entgegen der Theorie die Inflation nun mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder explodieren lassen und in der Folge auch die Kapitalmarktzinsen. Jedenfalls zeigt sich das als Vorgeschmack seit den FED-Leitzinssenkungen im September 2024. Die Zinssenkungen sollten eigentlich die Kapitalmarktzinsen nach unten drücken – nur leider bewegen sich aber gegenteilig zur beabsichtigten Wirkung.

Der Teufel ist hier also ein ganz Anderer, und der Einsatz des altgedienten und bisher vermeintlich erfolgreichen Beelzebub, könnte diesen zu einem unkontrollierbaren Berserker mutieren lassen. Aber die Aktienmärkte spielen nach wie vor das Szenario der Nanny-Börse: Die Vollkaskoversicherung werde schon in Form der Notenbanken zu 100% greifen. Die nächste Stufe dieses Experiments könnte allerdings ganz andere Risiken beinhalten – und dann könnte sich die Wahl aufdrängen, welchen der Märkte man retten muss/will. Anleihen oder Aktien?



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