Nach einem rasanten Anstieg der US-Aktien in den letzten Monaten mehren sich die Anzeichen, dass die Rally am Aktienmarkt ins Wanken gerät. Besonders der VIX, der als Indikator für Angst und Unruhe an den Märkten gilt, sendet ein Warnsignal. Während sich Tech-Investoren noch über glänzende Gewinne im Nasdaq 100 und S&P 500 freuen, nimmt im Hintergrund der Gegenwind zu: Der Optionsmarkt deutet darauf hin, dass selbst die kleinste Enttäuschung von Big Tech in der Berichtssaison einen Rüschlag auslösen könnte.
Aktienmarkt: Indikator sendet Warnsignal
Aktienanleger müssen nicht lange suchen, um Warnsignale dafür zu finden, dass der Aktienmarkt nach einem Anstieg von 36 % seit dem Tiefpunkt im April überhitzt erscheint. Die Bewertungen vor allem von Tech-Aktien haben dabei ein Niveau aus früheren Phasen der Euphorie erreicht.
Laut einem Bericht von Bloomberg diente in den letzten zwei Monaten die relative Ruhe auf dem Derivatemarkt als praktische Antwort auf diese Sorgen, da der Volatilitätsindex der Cboe deutlich unter seinem langfristigen Durchschnitt lag. Selbst auf Einzelaktienebene waren die Bewegungen in einem Maße unkorreliert, wie es zuletzt im Februar zu beobachten war – für die meisten Marktbeobachter ein Zeichen für eine ruhige und gesunde Marktlage.
Dieses Argument wurde jedoch kürzlich widerlegt, als der VIX zu steigen begann, während die individuellen Korrelationen gleichzeitig gedämpft blieben. Der Sprung des VIX über 17 wurde von Derivatehändlern als Zeichen gewertet, dass institutionelle Anleger befürchten, jede Schwäche des KI-Trades, der das ganze Jahr über für kräftige Gewinne gesorgt hat, könnte zu einem Rückschlag am Aktienmarkt führen.
„Ich achte unter anderem darauf, wann sie auseinanderlaufen und der VIX aufhört zu fallen, auch wenn die Korrelationen zurückgehen“, sagte Steve Sosnick, Chefstratege der Interactive Brokers Group. Er fügte hinzu: „Die Nervosität nimmt zu. Die Leute kaufen Aktien, halten sich aber die Augen zu – nach dem Motto: Augen zu und durch. Man sollte sich aber auch nicht gegen den Markt stellen, sondern sich dagegen absichern.“

Starke Konzentration auf Tech-Aktien
Als sich der S&P 500 am Mittwoch von einem starken Rückgang erholte und der VIX ohne nennenswerte Nachrichten wieder unter 17 fiel, tauchten erneut Dip-Käufer auf. Wie schon das ganze Jahr über führten die Tech-Aktien die Entwicklung an. Und das ist auch der Hauptgrund für die geringe Korrelation zwischen einzelnen Aktien: der überproportionale Einfluss des KI-Trades.
Enorme Gewinne bei Unternehmen wie Oracle und Advanced Micro Devices treiben den Aktienmarkt nach oben, während Einbrüche bei Konsumaktien und vermeintlichen KI-Verlierern wie Salesforce die Marktbreite gering halten. Die Konzentration der Gewinne auf KI-Giganten hat dazu geführt, dass der gesamte Anstieg des S&P 500 in diesem Jahr praktisch auf etwa zehn Unternehmen zurückzuführen ist.
Einige Wochen bevor Apple, Alphabet, Microsoft und die übrigen Mitglieder der Magnficent Seven ihre Gewinne bekannt geben, sichern sich Derivatehändler für den Fall ab, dass eines dieser Unternehmen die Erwartungen verfehlt.
„Sollte es dort Enttäuschungen geben, verfügt der Aktienmarkt nicht über eine breitere fundamentale Basis, um diese Gewinne zu stützen“, schrieben Tom Essaye und Tyler Richey von Sevens Report am Dienstag in einer Kundenmitteilung, in der sie sich speziell auf KI-getriebene Aktien bezogen.
Ein Funke genügt für eine Korrektur
Ihrer Meinung nach braucht es nicht viel, um die Begeisterung für KI schwinden zu lassen und einen Rückgang des S&P 500 um 5 Prozent auszulösen.
Anleger müssen jedoch nicht gleich ihre Aktien verkaufen, es gibt mehrere Möglichkeiten, wie sie sich absichern können. Häufig nutzen Anleger Put-Optionen auf den Invesco QQQ Trust ETF, um sich gegen einen Rückgang des Nasdaq 100 abzusichern.
„Der Nasdaq 100 ist ein sichererer Ort für den Kauf von Absicherungen als der S&P 500, da beide recht gut korrelieren. Der Nasdaq 100 ist allerdings tendenziell der volatilere der beiden Indizes“, sagte Sosnick. Da sich der Nasdaq aggressiver bewegt als der S&P 500, sind Optionen auf den Technologieindex etwas teurer.

Absicherung gegen Kursverluste
Für Anleger, die sich nicht selbst mit Derivaten beschäftigen möchten, gibt es mittlerweile Hunderte börsengehandelter Fonds, die genau das tun. ETFs mit definiertem Ergebnis, wie der JPMorgan Nasdaq Equity Premium Income ETF, besitzen Megacap-Technologieaktien und bieten auch Schutz vor Kursverlusten bei einem Markteinbruch.
Risikofreudigere Anleger können sich VIX-ETFs wie den 2x Long VIX Futures ETF ansehen. Solche Fonds können sich im Falle eines Marktabschwungs innerhalb weniger Tage verdreifachen, bevor sie schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückfallen. Sie sind bei längerer Haltedauer allerdings sehr teuer.
Es könnte jedoch klug sein, Geld für die Absicherungskosten beiseitezulegen, sagte Sosnick.
„Je mehr Sie sich im April auf KI konzentriert haben, desto schlechter könnten Sie bei einem Einbruch abschneiden.”
FMW/Bloomberg
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