Allgemein

Aktienmarkt: LiDAR-Technologie als Durchbruch für autonomes Fahren?

Neben Kameras, Radar und Ultraschall entwickelt sich die Laser-Technologie LiDAR für das teil- und vollautonome Fahren zur Schlüsseltechnologie – immer mehr Hersteller der Sensoren drängen nun auch auf den Aktienmarkt.

LiDAR-Unternehmen drängen auf den Aktienmarkt

Für sichere Orientierung benötigen autonome Fahrzeuge (Autonomous Vehicles/AVs) zuverlässige Sensoren, um sich zu orientieren und Kollisionen zu vermeiden. Hochauflösende 3D-Daten der Umgebung sind dafür unverzichtbar. Diese Daten liefert LiDAR auch bei hohen Geschwindigkeiten. Die englische Abkürzung steht für Light imaging, Detection And Ranging.

Es handelt sich dabei um eine auf Lasern basierende Scantechnologie zur Erkennung von Objekten. Sie kommt bei vielen teilautonomen Fahrzeugen sowie bei der Entwicklung vollautonomer Automobile zum Einsatz.

Die durch LiDAR gewonnenen 3D-Daten ermöglichen Fahrzeugen eine räumliche Sicht auf die Straße und ihre Umgebung. So soll es den AVs ermöglicht werden, durch präzise Orientierung menschenähnlich auf ihre Umwelt zu reagieren, z. B. durch optimierte Ausweichmanöver. Dabei werden bis zu einer Million Laserimpulse pro Sekunde ausgesendet, von einem Fotodetektor wieder aufgefangen und anschließend mit den Daten eine hochauflösenden 3D-Karte der Umwelt erstellt.

Die Zuverlässigkeit und hohe Reichweite machen die LiDAR-Sensoren für AVs zu einer der Schlüsselkomponenten des autonomen Fahrens.

Volkswagen und Porsche vertrauen bereits auf LiDAR, ebenso wie die Waymo-Einheit der Google-Mutter Alphabet Inc., die Cruise-Division von General Motors Co. und Apple bei der Entwicklung der selbstfahrenden Taxis. Auch andere große europäische und asiatische Hersteller setzen auf die Laser-Technologie. Lediglich Tesla-Chef Elon Musk ist ein Gegner dieser noch sehr teuren Technik und setzt alternativ auf Kamerasysteme. Seine Kritik geht aber noch weiter, dazu später mehr.

Die Lasersensoren eignen sich aber auch für andere Branchen und werden bereits in der Luftfahrt, der Raumfahrt, der Robotik, im Rüstungssektor, in der Telekommunikation sowie zur Rohstoffgewinnung eingesetzt.

Es ist also kein Wunder, dass sich das Potenzial dieser Technologie auch am Aktienmarkt bereits herumgesprochen hat.

Noch gibt es unter den Herstellern von LiDARs, zu denen neben etablierten Zulieferern auch viele Start-up-Unternehmen gehören, keine Vormachtstellung. Erst in den kommenden Jahren wird mit einer zunehmenden Konsolidierung durch Übernahmen und Fusionen gerechnet. Das beflügelt die Fantasie am Aktienmarkt für LiDAR-Hersteller zusätzlich.

Die Nachfrage nach den Sensoren wächst aktuell mit ca. 23 Prozent pro Jahr. Wobei der Absatz im Jahr 2020 bei noch bescheidenen 1,6 Mrd. US-Dollar lag und bis 2024 auf 2,4 Mrd. US-Dollar wachsen soll.

Wie heiß die Story am Aktienmarkt bereits gehandelt wird, zeigt der Börsengang (IPO) des US-LiDAR-Start-Ups Ouster im Dezember 2020.
Für sein IPO hat sich Ouster mit der bereits am Aktienmarkt gelisteten Zweckgesellschaft (SPAC), Colonnade Acquisition Corp., zusammengeschlossen.

Auch das in Israel ansässige LiDAR-Startup Innoviz kündigte IPO-Pläne für das 1. Quartal 2021 via SPAC (Collective Growth Corp.) an.

SPACs wie Colonnade und Collective Growth sind zunehmend beliebte Anlagevehikel, die im Rahmen eines Börsengangs (IPO) jungen Unternehmen schnell und effizient frisches Eigenkapital am Aktienmarkt beschaffen.

Der Deal mit Colonnade aus dem Dezember 2020 bewertete Ouster mit 1,9 Milliarden US-Dollar. Der Umsatz des Unternehmens betrug im gleichen Jahr lediglich rund 19 Millionen US-Dollar.
Das IPO via SPAC brachte Ouster 200 Millionen US-Dollar und nochmals 100 Millionen durch eine Direktplatzierung von Aktien bei Cox Automotive, Fontinalis Partners und WWJ Enterprises ein.

Das kalifornische Start Up aus San Francisco war bereits der fünfte Aktienmarkt-IPO eines LiDAR-Herstellers im vergangenen Jahr. Zuvor gingen Velodyne Lidar Inc., VLDR, Luminar Technologies, LAZR, Innoviz Technologies und Aeva an die Börse.

Das ebenfalls in Kalifornien ansässige Unternehmen Aeva plant für das laufende Quartal die Fusion mit InterPrivate Acquisition Corp. Mit einer Bewertung in Höhe von 2,1 Milliarden US-Dollar. Damit preisen die Investoren am Aktienmarkt ein immenses Wachstum ein. Allerdings hat Aeva bereits mit Unterstützung der Porsche SE einen Liefervertrag für LiDARs mit der Volkswagen AG unterzeichnet und eine Partnerschaft mit dem deutschen Zulieferer ZF Friedrichshafen AG vorzuweisen.

Wie kleinteilig der Markt für LiDAR-Produzenten momentan noch ist, zeigt folgende weltweite Rangliste der 10 größten Hersteller, in die es von den jüngsten IPOs nur Velodyne schafft (Platz 9):

  • Beijing SureStar Technology Co.Ltd.
  • FARO Technologies, Inc.
  • HEXAGON
  • Leica Geosystems
  • RIEGL Laser Measurement Systems GmbH
  • SICK AG
  • Teledyne Technologies
  • Trimble Inc.
  • Velodyne Lidar, Inc.
  • YellowScan

Die LiDAR-Zukunftsvision – verschläft Elon Musk einen Technologiesprung?

Die LiDAR-Technologie bietet eine sehr genaue Tiefenwahrnehmung. Objekte können von einer Entfernung von 60 Metern bis zu wenigen Zentimetern präzise erfasst werden. Die mittels der Lasererkennung gewonnen Daten ermöglichen die Erstellung von 3-D-Karten und sind damit auch zur Navigation von Fahrzeugen geeignet.

Die Entwicklung geht schon jetzt in Richtung einer verbesserten Fernwahrnehmung von bis zu 200 Metern und 4D-LiDAR, die zusätzlich die Geschwindigkeit des Fahrzeugs in einem 3D-Raum erfassen.

Noch ist die Laser-Technik sehr preisintensiv. Die hohen Kosten werden sich aber durch den zunehmenden Wettbewerb und die steigende Massenherstellung sukzessive verringern.

So waren in Googles erstem Prototyp eines fahrerlosen Autos im Jahr 2012 noch LiDAR im Wert von 70.000 US-Dollar verbaut. Im Jahr 2017 waren die Kosten um 90 Prozent niedriger. Mittlerweile bieten einige der führenden LiDAR-Hersteller wie Luminar LiDARs mit Fahrqualität für unter 1.000 US-Dollar an.

Das bedeutet aus Sicht der Investoren am Aktienmarkt zwar sinkende Margen bei den Unternehmen, anderseits forcieren die deutlich rückläufigen Kosten die massenhafte Verbreitung der LiDARs. Die Technologie gibt es bereits seit über 60 Jahren. Massentauglich wird sie aber erst jetzt, auch dank des Hypes am Aktienmarkt als sprudelnde Finanzierungsquelle.

Trotz aller Vorteile bezeichnete Elon Musk LiDAR als „Narrenjagd“ und „unnötig“. Seine Hauptkritik gilt neben den hohen Kosten der Farbenblindheit der Laser. Anders als Kameras können sie keine Ampelfarben erkennen oder Straßenschilder lesen. Zudem sind Kameras im Moment noch kleiner als die „Laser-Klötze“.

Die Argumente contra LiDAR halten die chinesische, europäische und amerikanische Konkurrenz von Tesla gleichwohl nicht davon ab, Multisensor-Systeme einzusetzen, inkl. LiDAR. Die Kombination mehrerer Systeme schafft aus Sicht von Volkswagen mehr Sicherheit und ist anpassungsfähiger an sich ändernde Witterungs- und Lichtbedingungen.

LiDAR kann zudem Entfernungen weitaus besser beurteilen als Kameras. Auch ist die Farbe sich nähernder Objekte irrelevant, wohingegen die Kamerasysteme von Tesla bei bestimmten Lichtverhältnissen Schwierigkeiten beim Erkennen weißer Fahrzeuge haben können.

Zudem ist bei LiDAR ein geringerer Rechenaufwand für die datenverarbeitende Software notwendig als bei Kameras. Auch Fehlwarnehmungen durch Plakatwände sind für die Laser-Technologie kein Problem. Kameras zeigten sich in der Praxis bereits mehrfach anfällig für 2D-Bilder und ließen sich täuschen.

Das Thema Farbenblindheit würde sich in der Zukunftsvision einer komplett fahrerlosen Umgebung ohnehin erledigen. Der Verkehr wäre dann für AVs farb- und schilderlos. Alle autonomen Fahrzeuge wären vernetzt und würden untereinander Informationen austauschen. Visuelle Markierungen würden durch Digitale ersetzt werden.

Verkehrsexperten gehen davon aus, dass es nur ein vollautonomen Verkehr geben kann, wenn alle Fahrzeuge dazu in der Lage sind. Das kann noch einige Jahre dauern. Bis dahin bleiben teilautonom fahrende Autos und LKW der größte Wachstumsmarkt für die Laser-Sensoren.

Für den Aktienmarkt bedeuten LiDARs einen neuen Hype. Daher ist bei Investitionen Vorsicht geboten und man sollte bei aller Euphorie über die Wachstumsperspektiven die extremen Bewertungen vieler Hersteller am Aktienmarkt zur Kenntnis nehmen und nicht alles auf einen Wert aus diesem Nischensektor setzen.

LiDAR: neuer Trend für den Aktienmarkt



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage