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Aktienrückkäufe: Entgleist der Kapitalismus?

Über das „Financial Engineering“ der amerikanischen Finanzmafia, sorry: Finanzindustrie..

Aktienrückkäufe in Deutschland

Im Jahr 2018 haben deutsche Firmen aus dem Dax- und MDax-Segment für 8,6 Milliarden Euro eigene Aktien zurückgekauft – zum Vergleich: das ist das 20-fache des Jahres 2009. Eine Studie von Storch Research zeigt die Entwicklung der Rückkäufe:

  • 2009 – 400 Millionen Euro
  • 2016 – 2,9 Milliarden
  • 2017 – 5,5 Milliarden
  • 2018 8,6 Milliarden
  • und in diesem Jahr sieht es bereits nach einer Höhe von 13,1 Milliarden aus

Ganz besonders involviert sind die eigentlich konservativ agierenden Versicherungskonzerne wie Allianz und Münchener Rück mit Kaufprogramnen von 3 beziehungsweise 1,5 Milliarden Euro. Dazu der High-Techkonzern SAP, der erst vor Kurzem ein Rückkaufprogramm von  1,5 Milliarden Euro angekündigt hat.

Den Vogel schießt aber der fusionierte Industriegasehersteller Linde ab, der bereits zu Jahresbeginn den Rückkauf eigener Aktien in Höhe von mehr als 5 Milliarden Euro bis 2021 in Aussicht gestellt hat. Auch aus diesen Zusammenhängen speist sich meine schon seit Monaten immer wieder geäußerte Meinung, dass es derzeit (noch) gefährlich ist, stark auf Shortprodukte zu setzen.

Gibt es nicht noch ein positives Element der Buybacks?

Ja, aber wiederum aus Sicht der Bullen: In Phasen von Aktienkorrekturen, können diese Käufe sogar zu einer schnelleren Marktberuhigung beitragen. So geschehen während der jüngsten Eskalation im Zollstreit zwischen den USA und China Anfang August. Nach Einschätzung von JPMorgan sprang das Rückkaufprogramm nach dem Rückgang von sechs Prozent innerhalb weniger Tage von drei auf zehn Milliarden US-Dollar pro Tag an. Auch deshalb ist der folgende Wiederanstieg so dynamisch verlaufen.

Fazit

Es ist zweifelsohne eine der Hauptgründe für die Aktienhausse seit dem Jahrtausendwechsel, das „Financial Engineering“ der amerikanischen Finanzmafia, sorry Finanzindustrie, mit ihrer Idee Aktionäre und Mitarbeiter mittels Aktienrückkäufe zu beglücken. Und natürlich auch die Vorstandsebene, deren Verträge inklusive der Bonuszahlungen raffiniert an die Entwicklung des Aktienkurses (und des KGVs) gekoppelt sind.

Ich habe das Beispiel von Tim Cook, dem Vorstandschef von Apple genannt, der laut seinem aktuellen Vertrag mal locker einen dreistelligen Millionenbetrag als Bonus pro Jahr zusätzlich kassieren kann, wenn es der Firma gelingt, besser abzuschneiden, als zwei Drittel der im S&P 500 gelisteten Unternehmen.

Das stellt natürlich auch die Grundidee der Börsen und auch der Marktwirtschaft in Frage: nämlich über das Wagniskapital eine wirtschaftliche Fortentwicklung zu finanzieren. Einige der Großen, wie Ray Dalio oder auch George Soros haben das erkannt und üben heftig Kritik an der Einkommensentwicklung, die gerade in den USA eine brutale Schere generiert hat. Die oberen 10 Prozent halten die großen Aktienpakete und diese werden eben durch Buybacks weiter befeuert.

Dazu gesellt sich dann noch nach einigen Jahrzehnten der von mir in einem Artikel schon beschriebene Wundereffekt des „Zinseszinses“. Die Politik in den USA hat dieses Problem eigentlich erkannt, besonders in Kreisen der Opposition (Warren) – die Frage ist nur, ob dies gegen die Macht des Großkapitals durchsetzbar ist.

Ich habe bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass in den USA kein Präsident gegen die Interessen der Wall Street regiert, auch und gerade nicht ein Donald Trump. Unter diesem Aspekt ist auch der Handelsstreit mit China zu sehen. Es geht nicht um große geopolitischen Zusammenhänge, wie den Kampf um völkerrechtliche Prinzipien in dieser Auseinandersetzung – eher um das Gegenteil, nationales Recht bricht Völkerrecht – es geht in der Trumpschen Denkweise als Dealmaker schlicht und einfach um die Frage, wer zukünftig weiter das große Geld in der Welt verdient!  Apple oder Huawei, Amazon oder Alibaba – das ist der wenig philosophische Hintergrund, für beide Seiten. In dieser Extremform werden die Aktienrückkäufe die Innovationsfähigkeit der amerikanischen Firmen durch Entzug von Kapital auf Dauer jedenfalls massiv schwächen!

Aktienrückkäufe sind ein Programm zur Bereicherung der eigenen Klientel

Foto: Avarice (2012), by Jesus Solana / Wikipedia (CC BY 2.0) – Ausschnitt aus Originalfoto



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12 Kommentare

  1. Und es ist doch in Summe völlig absurd das daraus ein Index steigt?!?!? Natürlich wird die einzelne Aktie mehr Wert weil Unternehmen durch Anzahl Aktien besser ausfällt (werden diese Aktien eigentlich vernichtet oder was passiert Mit den Rückgekaiften Paketen? Bleiben diese als Vermögenswert in den Bilanzen der Unternehmen?) Aber das Unternehmen selbst bleibt ja gleich viel Wert….und das sollte doch Entscheidend für einen Index sein?!?!?

    Es zeigt einmal mehr wo wir stehen…jeder „Buchungstrick„ der möglich wird genutzt um Joe Sixpack & Michels zu täuschen und vorzugaukeln die Märkte steigen obwohl eigentlich gar nichts passiert….Neben dem das seit 2009 Notenbanken & Staatsfonds ingesamt auch ganz wesentliche Anteile der Weltaltien halten, und diese treten auch nicht mehr wirklich als Verkäufer am Markt auf, sondern nur als Käufer, siehe SNB oder BOJ und bald wohl auch EZB und dann FED…

  2. Wenn es noch nur eine frei handelbare Aktie von Apple gäbe und Apple einen Konzerngewinn von 100 Dollar bei 200 Mrd Dollar Umsatz!! meldet wäre eine Rally möglich.
    Und für die Boni der Vorstände wurde man einen Kredit aufnehmen müssen!

  3. „Sie waren seit der Finanzkrise im Jahr 2009 der große Treiber für die Aktienkursentwicklung in den USA: die Aktienrückkäufe der Unternehmen. – und die Orgie ist noch nicht vorbei. “

    Aktienrückkäufe usw, von mir aus, was ist dann mit Anleihenkäufen der Notenbanken, nicht existent ?

    Und Anleihekäufe haben mit dem Markt bzw. NULL zu tun, weil : das wird akzeptiert ! – Weil, so denkt man als „Bär“.

    die Notenbanken haben , gezwungenermaßen durch Lehman, Marktmanipulationen betreiben müssen, und dies in einer ganz, ganz anderen Liga, als irgendwelche 08/15 Aktienrückkäufe… – Und : das wisst Ihr doch !

    aber , ich weiß, das ist ne Bären-Seite… Ich mag Euch, liebe Bären … ;) :D

    1. Die Notenbanken haben nicht erst seit Lehmann gezwungenermaßen Marktmanipulation betreiben müssen.

      Aber was soll der Verweis auf die Anleihen? Im Artikel geht es lediglich um die Aktienrückkäufe.
      Der Kommentar suggeriert Sinneszweifel am Artikel. Dabei stellt der Artikel die Aktienrückkäufe in der Bedeutung weder über noch unter andere Themen.

  4. Ein Kenner hat es einmal geschrieben: AKTINRÜCKKÄUFE SIND NUR SINNVOLL WENN SIE UNTERBEWERTET SIND.Alles andere ist firmenschädigend.Es ist ein Aushöhlen der eigenen Firma.Welche US-Aktien sind denn noch unterbewertet? Warum hält Buffett soviel Bargeld? Wenn die Aktienorgie weiter läuft , wird auch diese wie jede andere Orgie mit einem Kater enden. Also nicht J.Powell ist der Feind Amerikas, es sind die kurzfristig denkenden Manager die Amerika demolieren. DT erreicht mit der Aktientreiberei genau das Gegenteil seines Wahlversprechens.
    Heute sollte gemäss Zeitung DT bei der Anhörung eines hohen Militärs stark belastet werden, natürlich wieder ein Grund für neue Idioten-Markt Hochs.

  5. @Marko. Was ziehen Sie da für Rückschlüsse. Natürlich haben die Notenbanken das Zinsniveau durch die Anleihekäufe verzerrt und manipuliert. Aber was haben diese jetzt direkt mit den Aktienrückkäufen zu tun. Diese laufen seit Ende der 90-er Jahre, als man die Regularien änderte. Klar konnte man sich mit niedrigen Zinsen verschulden, aber Apple hatte die opulenten Rückkäufe aus dem Cashflow über Jahre finanziert (durch ihre anfangs gigantische Gewinnmarge). Warum bezeichnen Sie mich als Bären? Habe ich nicht seit Monaten vor Short-Investments gewarnt. Ich beleuchte stets beide Seiten. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Sie meine Artikel nur überfliegen und auf Schlüsselworte reagieren. Haben Sie einen Lehman-Algorithmus intus. Nix für ungut.😀

  6. Pingback: Aktuelles vom 19.11.2019 – Teil 2! | das-bewegt-die-welt.de

  7. Wenn Alle davon reden ,könnte der Höhepunkt der Aktienrückkäufe bald erreicht sein. Ist es Zufall, dass gerade heute am CH- Fernsehen in der Tagesschau ein sehr negativer Bericht über das Gebahren der Manager gesendet wurde. Der Mainstream wird die Politik zwingen die Selbsbedienung der Manager zu verhindern.

    1. Gibt es einen Index, der die großen amerikanischen Titel abbildet und nicht alleinig auf den Kurs abzielt?

      Wenn ein Unternehmen Mrd. ausgibt um Aktien zurück zu kaufen, steigt dadurch ja nicht der Wert des Unternehmens. Dieser sinkt eher, da cash aus dem Unternehmen fließt.
      Ein aussagekräftiger Index dürfte deshalb eigentlich eher nicht steigen.
      Gibt es so einen Index?

      1. @Savestrax. Hallo, ist mir nicht bekannt. Es gibt bei den Indizes, egal ob Kurs- oder Performanceindex, meines Wissens nach nur die Berechnung nach der Marktkapitalisierung, also nach dem Aktienkurs und der Stückzahl. Die Indizes können entweder preisgewichtet oder kapitalisierungsgewichtet sein – wie zum Beispiel Dow Jones im Vergleich zum S&P 500. Der Kurs wird natürlich bei Reduzierung der Aktienstückzahl nach oben gehoben, unabhängig vom Cashflow.
        Grüße

  8. Breaking news!

    Apple ist 10% unterbewertet sagt Morgen Stanley!

    Kursziel 295 Dollar!

    Quelle: CNBC

    ? Welche Aktie ist eigentlich nicht unterbewertet am US Markt? :)

  9. Da müsste man annehmen ,dass die M.Stanley Hellseher auch wissen wie sich der Handelskrieg u.die Produkte der Firma in vielleicht rezessiver Wirtschaft entwickeln.Da diese Leute etwas wissen was sonst niemand weiss, sind auch die horrenden Saläre dieser Genies gerechtfertigt! Solche Prognosen sind sehr oft auch KONTRAINDIKATOREN, vor allem die goldigen Sachsmänner haben in dieser Beziehung einen guten Ruf.

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