Indizes

Aktienrückkäufe und die US-Berichtssaison

Im vergangenen Jahrzehnt gaben die Unternehmen im S&P 500 fünf Billionen Dollar (!) für Aktienrückkäufe aus..

Ist es das Fehlen des Kurstreibers schlechthin – die Aktienrückkäufe – dass die Umsätze an der Wall Street so dünn sind? In den letzten Tagen konnte man immer wieder lesen (auch hier bei FMW), dass die Umsätze an den US-Aktienbörsen mehr als bescheiden waren. Trotz Indizes, die sich in Richtung Allzeithochs orientierten und einigen Hoffnungskäufen, die auf zumindest einen Waffenstillstand im Handelsstreit und eine Verschiebung des Brexits spekulierten.

 

Aktienrückkäufe – das Financial Engineering der S&P 500-Unternehmen

Es wird zwar über das Phänomen Aktienrückkäufe immer wieder berichtet, aber die ganze Dimension der kurstreibenden Wirkung wird erst ersichtlich, wenn man sich die gesamte Periode seit dem Ende der Finanzkrise 2009 betrachtet.

Hierzu ein paar Zahlen und Fakten (Quelle Standard & Poors):

Im vergangenen Jahrzehnt gaben die Unternehmen im S&P 500 fünf Billionen Dollar (!) für Aktienrückkäufe aus. Daran beteiligt waren fast 90 Prozent der Konzerne im Leitindex S&P 500, die dabei über 50 Prozent ihrer Gewinne dafür aufgewendet haben.
Fast den gesamten Rest – 40 Prozent – schütteten sie in Form von Dividenden an die Aktionäre aus. Bleibt nicht mehr viel für Investitionen in das Unternehmen.

So dominant wie die FAANG-Aktien im S&P 500 gewichtet sind, so ähnlich spiegelt sich auch das Verhältnis bei den bei den Buybacks wider. 20 Unternehmen waren für circa 50 Prozent des Volumens der Aktienückkäufe verantwortlich.
Die große Sause erfuhr nochmal eine Steigerung mit Inkrafttreten der Steuerreform vor knapp zwei Jahren. Über 120 Unternehmen im Leitindex kauften mindestens vier Prozent ihrer Aktien zurück, dementsprechend stiegen die Gewinne ohne andere Mühen.

Wie lange wird sich die amerikanische Politik dieses Verhalten der Unternehmen noch ansehen? Auf keinen Fall eine Regierung der Demokraten, die für diese Unsitte schon gesetzliche Regularien angekündigt hat. 10 Prozent der Amerikaner halten 85 Prozent der Aktien und profitieren vom Profitstreben der Firmenlenker, ein Dorn im Auge vor allem für die derzeit in den Umfragen führende US-Demokratin Elisabeth Warren.

 

Wer waren die Könige der Aktienrückkäufe?

Betrachtet man die Zahlen der größten fünf Aktienrückkäufer 2018, so fällt nicht nur die unglaubliche Summe von 150 Milliarden Dollar ins Auge, sondern auch ein Name, der einige dieser Aktien im Portfolio hat – Warren Buffett. Es waren Apple, Alphabet, Cisco, Microsoft und Oracle. In der Periode von Q3 2018 bis Q2 2019 kam es zu folgenden Summen:

  • Apple 71 Milliarden Dollar
  • Oracle 36 Milliarden
  • Wells Fargo 24 Milliarden
  • Bank of America 23 Milliarden
  • Cisco 21 Milliarden
  • JP Morgan 20 Milliarden
  • Microsoft 19 Milliarden

 

Was ist noch zu erwarten?

Derzeit geben die Unternehmen fast ihren gesamten Cashflow für Aktienrückkäufe und Dividendenzahlungen aus. Auch im Jahr 2019 will man an das Vorjahr herankommen. Ständig werden neue Buybacks angekündigt, letzte Woche von den Banken (JP Morgan), gestern von Procter & Gamble. Diese Aktienückkäufe, aber auch manche Fusion,  machen 40 Prozent des Volumens an der Wall Street aus.

Das ist sicherlich ein Grund für die derzeitige Umsatzschwäche an der Börse: die Blackout Period. Die derzeitige Aktienstärke ist einfach phänomenal, insbesondere wenn man berücksichtigt, was ein Analyst einer Investment Research-Firma gegenüber dem US-Fernsehsender CNN behauptet hat: Seit fünf Monaten haben Unternehmensvorstände eigene Aktien in einer Summe von 10 Milliarden Dollar verkauft. Ein absolutes Warnzeichen, aber es wird noch übertönt von den opulenten Rückkäufen auf Firmenebene.

 

Fazit

Wir werden bald ein wenig Aufschluss über die Gründe für die Umsatzschwäche an der Wall Street erhalten. Schließlich liefern die ganz großen Brocken in New York ihre Q3-Berichte ab, und 48 Stunden später endet die Sperre für die anstehenden Rückkäufe. Insgesamt sollen noch um die 180 Milliarden Dollar im Restjahr 2019 getätigt werden, allein bei Microsoft, dem Billionen-Dollar-Konzern, der heute seine Zahlen präsentiert, steht ein dicker zweistelliger Milliardenbetrag aus. Das Börsenjahr hat nur noch gut 40 Tage bis zur Weihnachtspause – we will see it soon!

Der eine oder andere wird jetzt einwenden, dass es kaufmännisch wenig Sinn macht, Aktien teuer in der Nähe von Höchstständen zurückzukaufen. Aber gerade das geschieht regelmäßig. Auch eine Spielart des amerikanischen Financial Engineerings – privat Aktien verkaufen, während man den Kurs durch Rückkäufe im Unternehmen hochhält.

Aus meiner Sicht sollte man dennoch vorsichtig sein, trotz aller negativen Statistiken, mit einer kurzfristigen Shortstrategie. Ich habe schon mehrfach von der Möglichkeit eines kurzfristigen Aktienfeuers geschrieben („Aktienmärkte- geschieht das Unerwartete?“), auch wenn sich die großen Adressen (und Firmeninsider von Aktien trennen), ein kleiner „Sugar Rush“. Zu groß sind die Summen, die noch im Raume stehen, vielleicht für längere Zeit zum letzten Mal!

 

Atienrückkäufe waren der große Treiber der Wall Street

Foto: Avarice (2012), by Jesus Solana / Wikipedia (CC BY 2.0) – Ausschnitt aus Originalfoto



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1 Kommentar

  1. Ist das nicht sehr nahe der Legalität, wenn Manager privat verkaufen u.zu Lasten der Firma die Kurse hochhalten? Bewusstes Aushöhlen der Firma wirkt sich günstig aus für die NOCHGLÄUBIGEN LANGFRISTANLEGER , wie es Buffett auch immer propagiert!
    Auch Buffett ist in die Heuchlerklasse wie Jamie Dimon aufgestiegen, ist er doch ein Gegner von Rückkäufen, nimmt aber am wunderbaren Gewinnspiel teil.

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