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Aktuell: EU-Defizitverfahren gegen Italien – Märkte reagieren

Die EU-Kommission hat vor wenigen Minuten offiziell ihre Empfehlung ausgesprochen, dass ein Defizitverfahren gegen Italien eingeleitet werden soll. Bis zur Einleitung des Verfahrens dauert es zwar noch, und die anderen EU-Mitglieder müssen noch zustimmen. Aber der Empfehlung der Kommission wird wohl entsprochen werden, auf Sicht von Wochen oder Monaten. Grund hierfür ist die steigende Verschuldung des Landes. Sie könne einen Schneeballeffekt auslösen. Italien mache Rückschritte bei strukturellen Reformen.

Der hierfür in Brüssel zuständige Kommissions-Vize Valdis Dombrovskis sagt dazu aktuell, dass dieses Defizitverfahren die Koalition in Rom zwingen werde einen Korrekturplan vorzulegen. Auch werde Rom gezwungen sein eine Frist zu nennen, bis wann man korrigierende Maßnahmen (weniger Schulden machen) umsetzen werde. Falls nicht, werde es Strafzahlungen geben. Naive Frage unsererseits: Was, wenn der aufbrausende Herr Salvini einfach sagt, dass er drauf pfeift, und keine Strafen überweist? Was dann?

Gut, dann rauschen die italienischen Märkte in den Keller, und noch weniger werden ausländische Investoren bereit sein Geld nach Italien zu pumpen. Aktuell reagiert der Markt schon auf diese Ankündigung des Defizitverfahrens. Die Rendite für zehnjährige italienische Staatsanleihen ist von gestern 2,49% auf aktuell 2,59% gestiegen. Der wichtigste italienische Aktienindex in Mailand hat die letzten Minuten 145 Punkte auf 20.076 Punkte verloren. Der Euro verliert aktuell 23 Pips auf 1,1260, und scheint momentan weiter zu fallen.

Zitat EU-Kommission auszugsweise:

Außerdem hat die Kommission für Belgien, Frankreich, Italien und Zypern Berichte nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (AEUV) angenommen, in denen analysiert wird, inwieweit diese Länder die im Vertrag verankerten Kriterien für das Haushaltsdefizit und den Schuldenstand erfüllen. Für Italien gelangt die Kommission in ihrem Bericht zu dem Ergebnis, dass ein Defizitverfahren auf Grundlage des Schuldenstands angebracht ist.

Vielleicht als kleine, schlecht versteckte Ohrfeige erwähnt die EU-Kommission gleichzeitig, dass nun alle Defizitverfahren gegen andere EU-Staaten, die auf die Finanzkrise zurückzuführen sind, eingestellt wurden. Aktuell soll das letzte Verfahren gegen Spanien beendet werden. Zitat EU-Kommission:

So empfiehlt sie, das Defizitverfahren gegen Spanien einzustellen. Wenn der Rat den entsprechenden Beschluss fasst, sind damit alle auf die Krise zurückgehenden Defizitverfahren beendet. Im Jahr 2011 unterlagen 24 Mitgliedstaaten der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts.

Die Gesamtlage in Europa sieht die EU-Kommission nicht sonderlich optimistisch. Zitat auszugsweise:

Die Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte wird fortgesetzt, doch sind weitere politische Maßnahmen erforderlich. In einigen Mitgliedstaaten liegt die private und öffentliche Verschuldung weiterhin auf Rekordniveau, was den Handlungsspielraum im Falle negativer Schocks einschränkt. In einigen anderen Mitgliedstaaten gibt es aufgrund des dynamischen Wohnungspreisanstiegs und steigender Lohnstückkosten Anzeichen für eine mögliche Überhitzung. In allen Mitgliedstaaten sind weitere Maßnahmen zur Steigerung der Produktivität, zur Mobilisierung von Investitionen und zur Förderung des Potenzialwachstums erforderlich.

Italien EU Flaggen
© European Union, 2017 / Source: EC – Audiovisual Service / Photo: Mauro Bottaro



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2 Kommentare

  1. Die Rendite der zehnjährigen italienischen Staatsanleihen bei 2,6% ist nichts Besonderes. Da stehen sie schon seit Monaten. Auch der Spread(BTP/Bund), derzeit bei 280, war bei früheren Regierungen auch schon 500. Das EU-Defizitverfahren ist eine riesige Knalltüte, die niemand so richtig Ernst nimmt, am wenigsten die Märkte, für die zählt nur, was die EZB macht.
    Das Verfahren dauert ewig und am Ende will es niemand, um sich nicht ins eigene Fleisch zu schneiden.

  2. ….und schon gehen die Renditen wieder zurück. Den Märkten ist das Defizitverfahren wurscht.

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